Kapstadt/Hamburg. Ebru Yaral segelt beim Retrorennen Ocean Globe Race um die Welt. Wie die erste Etappe lief und wann sie in Auckland ankommen will.
Die Pause war nur kurz. Erst am Montag vor einer Woche (30. Oktober) ist die Hamburgerin Ebru Yaral mit ihrer Crew nach 50 Tagen auf See in Kapstadt eingelaufen. Gerade einmal acht Tage später hat die Extremseglerin mit ihrer Yacht „Sterna“ Südafrika wieder verlassen. Das Ziel der zweiten Etappe beim Ocean Globe Race: Neuseeland. Ebru Yaral und ihre Mitsegler hoffen, dass sie Auckland noch knapp vor Weihnachten erreichen werden. „Aber zur Not haben wir auch ein paar Schoko-Weihnachtsmänner und einen englischen Christmas Pudding dabei“, sagt die 43-Jährige.
Ebru Yaral nimmt an dem Ocean Globe Race teil, einem Segelrennen einmal um die Welt. Doch das Ocean Globe Race ist kein normales Segelrennen, in dem es um Hightech und maximale Geschwindigkeiten geht wie beim Ocean Race, an dem zuletzt der Hamburger Boris Herrmann teilnahm. Das Ocean Globe Race ist ein Retrorennen, das an die Anfänge des heutigen Ocean Race vor genau 50 Jahren erinnern soll.
Ocean Globe Race: Nach Mastschaden – Hamburgerin ins Südpolarmeer gestartet
Besondere Vorgaben machen das Rennen so außergewöhnlich. So können nur Schiffe teilnehmen, die vor 1988 entworfen wurden. An Bord dürfen keine technischen Hilfsmittel verbaut sein, wie Anlagen zum Einrollen der Segel. Auch moderne Materialien wie Kohlefaser sollten nicht zu finden sein. Dazu sind keine technischen Geräte an Bord gestattet – wie GPS, Plotter, Handys oder Satellitentelefone.
Nachdem die Crews Auckland erreicht haben, geht es weiter durch das Südpolarmeer nach Punta del Este in Uruguay. Im April sollen dann alle teilnehmenden Schiffe wieder in Southampton in England ankommen.
Mit dem Ablegen am Dienstagnachmittag segelt die „Sterna“ der Flotte nun allerdings hinterher, der Start zur zweiten Etappe war bereits am Sonntag. „Wir sind unglaublich frustriert und sitzen auf heißen Kohlen“, sagt Ebru Yaral wenige Minuten vor dem Ablegen. Der Grund für die Verzögerung und den Frust ist ein Schaden am Mast der alten Segelyacht. „Wir hatten auf dem Weg nach Kapstadt ein Problem, weil zwei Bolzen gebrochen sind“, so Yaral. „Daher konnten wir in der letzten Woche der ersten Etappe das Großsegel schon nicht wirklich benutzen.“
Ocean Globe Race: Mast der Yacht „Sterna“ hat auf der ersten Etappe einen Riss bekommen
In Kapstadt sei deutlich geworden, dass sogar der Mast einen Riss habe. „Für uns ist Sicherheit oberste Priorität, und wir wollen unterwegs nach Auckland auf keinen Fall den Mast verlieren“, so die Seglerin weiter. Deshalb sei in Südafrika sofort eine etwas aufwendigere Lösung für den defekten Mast erarbeitet worden – die eben auch ein wenig Zeit gebraucht habe. „Wir können es kaum erwarten, endlich wieder loszusegeln.“
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Trotz des Rückschlags berichtet Ebru Yaral begeistert von der ersten Etappe. „Sie war deutlich entspannter, als ich dachte – und vor allem wärmer.“ Gerechnet habe sie mit Nässe und Kälte – stattdessen seien ihr die leichten Klamotten am Äquator ausgegangen. Nur einmal habe sie einen sogenannten Lagerkoller gehabt, „nach etwa zwei bis drei Wochen“. Zum Glück habe der aber nicht lange angehalten. Und die Stimmung an Bord sei harmonisch. „Natürlich nicht jeden Tag“, sagt Yaral. Aber die Crew habe „sehr gut“ zusammengearbeitet.
Ocean Globe Race: Highlight des Tages auf der „Sterna“? Das gemeinsame Abendessen
Das Besondere an Bord der „Sterna“: Es fallen viele Arbeiten an, die Profis wie Boris Herrmann draußen auf dem Ozean entsprechende Maschinen erledigen lassen. Wie etwa das Steuern. Auf der „Malizia – Seaexplorer“ erledigt das zumeist der Autopilot. Auf der „Sterna“ müssen es die Crewmitglieder tun. Ebru Yaral berichtet, dass jedes Crewmitglied in seiner vierstündigen Wache eine Stunde steuern musste.
„In den Stunden muss man außerdem alle Manöver fahren, dazu putzen, kochen und abwaschen“, sagt Yaral. Sie selbst sei zudem zuständig für das Funken gewesen. „Da ich ganz gut Französisch spreche, konnte ich mich immer mit den französischen Booten per Funk austauschen. Und wir haben regelmäßig Wetterinformationen erhalten.“
Wenn dann noch freie Zeit sei, würde sie lesen, Sudokus lösen oder Schach spielen. In der Freiwache, also den vier freien Stunden, die den vier diensthabenden Stunden folgen, schlafen alle Segler, um fit für den nächsten Einsatz zu sein. „Wachwechsel waren schön, da man dann kurz auch die anderen Crewmitglieder gesehen hat.“ Und um 18 Uhr Bordzeit habe es immer ein gemeinsames warmes gekochtes Abendessen gegeben, „das war ein Highlight des Tages“.
Ocean Globe Race: Besonderer Moment war die Überquerung des Äquators
Ein besonderer Moment auf der ersten Etappe sei für sie die Überquerung des Äquators gewesen. Für alle Crewmitglieder, die das noch nicht gemacht hatten, habe sich Skipper Rufus Brand eine Zeremonie ausgedacht. Yaral: „Er hat uns mit Äquatorwasser getauft und dazu eine tolle Rede gehalten.“ Zudem habe die Crew einen Fisch gefangen. „Justin, der gelernter Koch ist, hat uns daraus ein fantastisches Drei-Gänge-Menü gezaubert.“
Doch auch schwierige Momente habe es in den ersten 50 Tagen gegeben, berichtet die Hamburgerin, die in Eimsbüttel wohnt. „Unter anderem zwei Stürme.“ Den zweiten Sturm erlebte die Crew kurz vor Kapstadt. „Da wollten wir eigentlich schon im sicheren Hafen sein – wegen des defekten Baums waren wir aber langsamer als gedacht.“ So mussten sie alle noch einmal durch extreme Winde und Wellen. Aber glücklicherweise habe es keine wirklich gefährlichen Situationen gegeben.
Kurz vor Weihnachten will die Crew der „Sterna“ in Auckland einlaufen
Ebru Yaral betont, dass sie sich gut an das Bordleben gewöhnt habe. „Stück für Stück fange ich an, alles ganz intuitiv wahrzunehmen, fühle selbst unter Deck, wenn das Boot plötzlich nicht mehr ganz auf Kurs ist.“
Nun liegen weitere lange Tage und Wochen vor der Hamburgerin und ihrer Crew. Über eine Platzierung mache sie sich erst einmal keine Gedanken, sagt Yaral. Im kommenden Frühling heil im Ziel in England ankommen – das sei nach wie vor das größte Ziel. „Und danach werden wir auch weiterhin alles ausrichten.“
Ocean Globe Race: Hamburger Seglerin freut sich auf zweite Etappe
Und dann muss Ebru Yaral los, in Kürze sollen die Leinen losgemacht werden. Der zweite Teil des größten Abenteuers ihres Lebens steht an. „Ich freue mich“, sagt sie und verabschiedet sich fröhlich mit einem „bis bald“.
Und wieder einmal werden Freunde, Verwandte und auch das Abendblatt wochenlang nichts von ihr hören. Alle Handys sind ausgeschaltet und verschlossen in einem Schrank. Bis sie erneut Land betritt – auf dem nächsten Kontinent am anderen Ende der Welt. Wer Ebru Yaral bei ihrer Weltumsegelung unterstützen will, kann das über GoFundMe tun.