Hamburg. Nach dem tödlichen Unglück im Bondenwald sind viele Eltern verunsichert. Bäderland äußert sich erneut – und geht in die Offensive.
- Bäderland will Müttern und Vätern Angst vor Teilnahme an den Kursen nehmen
- Eltern können jetzt bei den Schwimmstunden zuschauen
- Alle Kurse werden noch einmal gründlich überprüft
Wenige Tage nach dem schrecklichen Unfall im Schwimmbad Bondenwald, bei dem ein fünfjähriges Mädchen verstarb, will Bäderland alle Eltern, deren Kinder derzeit an Seepferdchen-Kursen teilnehmen, kontaktieren. „Wir arbeiten unter anderem an einem Brief, in dem wir zu dem tragischen Unfall Stellung nehmen wollen“, sagt Bäderland-Sprecher Michael Dietel.
Die Geschäftsführung wolle versuchen, möglichst viele Fragen zu beantworten – und den Müttern und Vätern die Angst vor der Teilnahme an den Kursen nehmen. „Wir wissen, dass das im Moment extrem schwierig ist, aber es ist selbstverständlich, dass wir es versuchen.“
Bäderland Hamburg: Eltern dürfen bei Schwimmkursen dabei sein
Jeder Mutter und jedem Vater, die außerdem das Bedürfnis haben, noch einmal mit einem der Mitarbeiter zu sprechen, biete das Unternehmen die Möglichkeit dazu an. „Ob mit den Lehrern, Bademeistern oder mit uns, wir sind für jeden erreichbar“, so Dietel. Er habe selbst seit der vergangenen Woche unzählige Telefonate geführt. „Und das ist auch gut so.“
Außerdem sollen alle Eltern ab sofort die Möglichkeit bekommen, bei den Stunden zuzuschauen. „Bisher haben wir die Eltern nicht an die Becken gelassen, das werden wir aber angesichts der tragischen Situation nun tun“, so Dietel. Mütter und Väter sollen sich einen Eindruck davon machen können, wie das Lehrschwimmbecken aussieht, den Lehrer kennenlernen – „um möglichst Vertrauen in die Arbeit der Schwimmlehrer zurückzugewinnen“.
Gleichzeitig sollen im Unternehmen alle Kurse noch einmal genau überprüft werden. „Wir arbeiten bei der Konzeption der Kurse bereits seit Langem mit DLRG, Wasserwacht, dem Deutschen Schwimmverband und dem Bundesverband deutscher Schwimmmeister zusammen“, so Dietel. Nun sollen die Konzepte noch einmal auf den Prüfstand gestellt werden. „Wir werden uns die fachliche Unterstützung holen. Und sollte es Änderungsbedarf geben, dann werden wir es natürlich tun.“
Bäderland-Mitarbeiter stehen nach Vorfall unter Schock
Dietel ist es in diesem Zusammenhang außerdem wichtig, die Ausnahmesituation zu verdeutlichen, in der sich „alle Mitarbeiter von Bäderland“ derzeit befinden. „So einen schrecklichen Unfall hat es noch nie bei uns gegeben“, sagt der Sprecher. Sicherlich, hin und wieder müssten Menschen bei schweren Schwimmunfällen in den Bädern reanimiert werden, „aber das hier hat eine ganz besondere neue Tragik“.
Es sei etwas passiert, „was wir uns nie hätten vorstellen können, was nie hätte passieren dürfen“. Die Kollegen würden unter Schock stehen. „Viele sind selbst Eltern, das macht uns alle ganz besonders traurig und betroffen.“
Vorfall im Schwimmbad Bondenwald: Polizei und Staatsanwaltschaft ermitteln
Zu dem Vorfall selbst könne man bei Bäderland nichts sagen. „Das ist jetzt eine Sache der Polizei und Staatsanwaltschaft“, so Dietel. Nur so viel: Zu dem Zeitpunkt des Unfalls sei das Schwimmbad wegen Modernisierungsarbeiten geschlossen gewesen. Nur das Lehrschwimmbecken mit einer Wassertiefe von gut zehn Zentimetern bis 1,30 Metern war demnach geöffnet.
Hier fand der Kursus mit den zehn Kindern statt. Im ganzen Schwimmbad seien fünf bis sechs Mitarbeiter gewesen, „an der Kasse oder auch im Saunabereich“, so der Sprecher. Auch intern bei Bäderland würde der Unfall derzeit genau untersucht werden.
Bäderland will Kinder und Eltern des betroffenen Kurses erneut kontaktieren
Die Kinder und Eltern des betroffenen Kurses wolle Bäderland noch einmal gesondert kontaktieren. „Am heutigen Montag wäre der nächste Kursus gewesen, den haben wir Ende vergangener Woche abgesagt.“ Nun will das Unternehmen alle anschreiben, um Hilfe und Unterstützung anzubieten. „Leider gibt es für einen solch tragischen Fall kein abgestimmtes Vorgehen.“
Man wolle den Eltern entsprechende Kontakte für psychologische Hilfe zur Verfügung stellen und ihnen außerdem anbieten, gemeinsam zu erarbeiten, ob und wie es nun mit einem Schwimmunterricht weitergehen könne. „Das kann der Kontakt zu einer anderen Schwimmschule sein, zu einem Personal Training oder etwas ganz anderes. Wir wollen alle Möglichkeiten zur Verfügung stellen“, so Dietel. Das Ziel sei es, langfristig in Kontakt zu bleiben, um jede Unterstützung ermöglichen zu können.
Schwimmkurs Bäderland: Kinder sind durch Anwesenheit der Eltern oft abgelenkt
Darüber hinaus versucht Dietel im Gespräch mit dem Abendblatt zu erklären, warum Eltern grundsätzlich nicht mit an das Becken durften. „Das hat verschiedene Gründe, und das machen eigentlich die meisten Schwimmschulen so“, sagt er. Zum einen würde die Anwesenheit von Müttern und Vätern Kinder massiv ablenken, weil sie die Eltern beispielsweise beeindrucken wollen.
„Außerdem sind die Kinder es gewöhnt, mit ihren Eltern im Bad zu planschen“, so Dietel. „Wenn diese nun dabei zusehen, wie sie schwimmen, dann sorgt das oft für Verwirrung bei den Kleinen.“ Deshalb bremse die Anwesenheit der Eltern die Jungen und Mädchen oft eher, als dass sie unterstütze.
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Auch zum Betreuungsschlüssel bei Schwimmkursen nimmt der Bäderland-Sprecher noch einmal Stellung. „Wir halten uns bei der Konzeption an alle Richtlinien und Regeln“, sagt Dietel. Meist hätten die Kurse eine Stärke von acht bis zwölf Kindern. „Das hängt von der Erfahrung des Lehrers ab, der Größe des Beckens und dem Alter der Kinder.“ Oftmals seien aber nicht alle Kinder gleichzeitig da. „Selten finden Kurse in voller Stärke statt.“
Anders als bei privaten Schwimmkursanbietern gehe es für ein städtisches Unternehmen wie Bäderland bei der Planung der Kurse nicht um den wirtschaftlichen Erfolg, betonte der Sprecher. Jährlich besuchten etwa 30.000 bis 35.000 Kinder die Schwimmkurse des Anbieters.
Bäderland will Vertrauen der Eltern in Hamburg zurückgewinnen
Dietel und seine Kollegen wollen in den kommenden Tagen und Wochen das Vertrauen der Eltern zurückgewinnen: „Uns ist es extrem wichtig, dass Kinder weiterhin bei uns sicher schwimmen lernen können.“ Dafür werde das Unternehmen alles tun. Dem Sprecher ist es außerdem wichtig zu betonen: „Unser aller Interesse sollte es sein, dass möglichst viele Jungen und Mädchen schwimmen lernen. Und das Ziel sollten wir jetzt noch stärker verfolgen als bisher.“