Hamburg. Der Spross einer bekannten Familiendynastie bringt Schwung in das Klinkergebäude neben der Hoheluftbrücke – mit modernem Konzept.
Einfach nur Kaffee trinken, das war einmal. Moderne Cafés sind eher ein bisschen so wie Weinbars – statt ausgesuchte Reben sind es hier die qualitativ hochwertigen Bohnen, statt vom Cuvée spricht man in der Kaffeeszene vom Blend. Das neue Jour fixe an der Schlankreye in Hamburg-Harvestehude ist solch eine Kaffeebar.
Mit Alexander Siemers (richtig, aus der bekannten Hamburger Unternehmer- und Stifterfamilie) könnte man stundenlang über Kaffeebohnen plaudern, über Anbaugebiete, über Röstungen und Aromen, die sich von Parzelle zu Parzelle unterscheiden können. Längst ist Kaffeetrinken eine Wissenschaft für sich. Und Siemers kennt sich damit aus, hat sich sein Know-how selbst angeeignet und sorgt für frischen Wind an der Ecke zwischen Holi-Kino und der U-Bahn-Haltestelle Hoheluftbrücke.
Hamburg-Harvestehude: Gast hat im Jour fixe Wahl zwischen zwei Kaffeeröstungen
Mit seinem Café setzt Siemers ein Statement für Qualität. Denn: „Dinge, die ich mache, mache ich auch richtig“, sagt Siemers, der zwischen 2014 und 2017 das Kleine Café am Blankeneser Marktplatz betrieben und dann fünf Jahre lang die Filiale von Elbgold in der Innenstadt geleitet hat. Jetzt also wieder ein eigenes Geschäft.
Die Qualität fängt mit der Wahl der Kaffeebohne an, dem Herkunftsland und mit der Rösterei. Siemers lässt seine Bohnen bei Mr. Hoban‘s Coffee Roastery in Rissen rösten, bei dem Mann mit dem Gespür für besonderen Kaffee. „Der kennt seine Kaffeebauern persönlich, besucht sie vor Ort, es entfallen Zwischenhändler, sodass auch mehr für die Bauern übrig bleibt“, sagt Siemers.
Die Bohnen kommen aus Brasilien, Kolumbien und Guatemala. Momentan bietet Siemers im Jour fixe zwei Röstungen an. Die eine geht ins Schokoladige, die andere ins Fruchtige. „Das Fruchtige ist neu und ungewohnt, das Schokoladige klassischer. Damit kann ich jeden glücklich machen.“
Alexander Siemers: „Ich möchte immer das Besondere aus der Bohne herauskitzeln“
Die zwei Röstungen ändern sich immer mal wieder, damit es nicht langweilig wird – weder für den Gast noch für Alexander Siemers und seinen Kollegen Dennis Rassmann. Seine Devise: „Ich möchte immer das Besondere aus der Bohne herauskitzeln.“
Wie er das auch immer tut, der Kaffee schmeckt im Jour fixe anders als in den anderen Cafés. Sowohl die schokoladige Note als auch die fruchtige – ob als Flat White für 3,80 Euro (doppelter Ristretto mit flach geschäumter Milch), als Cappuccino (3,50 Euro) oder Espresso (2,50 Euro).
Und trotzdem geht es in Siemers Cafébar, die sich in den Räumlichkeiten der früheren Bäckerei Allaf befindet, einfach darum, in Ruhe einen guten Kaffee zu trinken und dabei mit Freunden zu plaudern. Er versteht sie als Gastwirtschaft. Als einen Ort, an dem Menschen willkommen sind, an dem sie sich austauschen können. „Es geht darum, nett und freundlich zu sein und die Leute abzuholen. Ich möchte, dass meine Gäste für ein paar Minuten aus ihrem Alltag kommen.“
Café Hamburg: Gäste sollen miteinander plaudern, deshalb gibt es kein WLAN
Da weniger manchmal mehr ist und sich Alexander Siemers auf seinen Kaffee konzentrieren möchte, bietet er derzeit nur Kuchen und Croissants an, später sollen Sandwiches dazukommen. Und irgendwann könnte das Angebot am Abend durch Wein und Aperitivo erweitert werden.
Damit die Menschen ins Gespräch kommen, gibt es kein WLAN in dem Café mit den riesigen Panoramascheiben. „Zum Arbeiten am Laptop gibt es Co-Working-Plätze“, findet Siemers.
Genau wie Alexander Siemers mit Bedacht Kaffeebohnen aussucht, sich Gedanken um eine faire und nachhaltige Kaffeeproduktion macht, hat er auch sein Café aus der familieneigenen Hausverwaltung ausgesucht und eingerichtet. Herzstück ist der große Tresen aus dem Naturstein Quazit, der an Marmor erinnert. Der Fußboden wurde neu gegossen, Terrazzo verlegt. Die Decke ist schwarz und im Industrial-Style gehalten.
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Harvestehude: Café Jour fixe an der Hoheluftbrücke soll kosmopolitisch sein
Kosmopolitisch soll das Jour fixe sein. „Dieser Laden könnte so auch in Mailand, London oder Berlin sein“, sagt Siemers. Tatsächlich hat das Café in Ecklage etwas ungemein Großstädtisches, ein besonderes Flair.
Es ist natürlich Geschmackssache, ob man lieber an der einen Seite des Cafés auf einer langen gepolsterten Bank sitzt oder an kleinen Tischen. Aber auf einem der Barhocker direkt am Fenster, mit Blick auf die Grindelhochhäuser und das Treiben der Straße, schmeckt der Flat White (mit der schokoladigen Note) sogar noch ein bisschen mehr nach London oder New York ...