Hamburg. Zum „Brustkrebsmonat Oktober“ informieren Experten über Vorsorge und Therapie, denn „Früherkennung ist der Schlüssel“.

Die eigene Mutter, die jüngere Schwester, die beste Freundin – fast jede Frau kennt wohl eine andere Frau, die an Brustkrebs erkrankt ist. Denn seit Jahren ist Brustkrebs mit einem Anteil von etwa 30 Prozent die häufigste Krebserkrankung unter Frauen. Jede Achte sieht sich im Laufe ihres Lebens, meist im Alter zwischen 55 und 65 Jahren, mit dieser Schockdiagnose konfrontiert. Experten gehen davon aus, dass diese Zahlen wegen der höheren Lebenserwartung weiter ansteigen werden.

Anlässlich des internationalen „Brustkrebsmonats Oktober“ sprechen deshalb drei Spezialisten darüber, welche Angebote der Vorsorge und Therapie es in Hamburg gibt und wie diese angenommen werden. Ein zentraler Baustein der Vorsorge ist das Mammografie-Screening, eine Röntgenuntersuchung, zu der Frauen zwischen dem 50. und 70. Lebensjahr alle zwei Jahre eingeladen werden. Ende des Jahres wird die Entscheidung erwartet, dieses bildgebende Verfahren, mit dem schon kleinste Veränderungen in der Brust festgestellt werden können, bereits Frauen ab 45 Jahren (und möglicherweise bis zum Alter von 75 Jahren) kostenfrei anzubieten.

Brustkrebs: Nur jede Zweite geht zum Screening

„Ich hielte das für sehr sinnvoll“, sagt Dr. Jutta Lübbering-Schmidt, Programmverantwortliche Ärztin für das Mammographie Screening Hamburg. „Denn von den knapp 70.000 Neudiagnosen, die bundesweit jedes Jahr gestellt werden, betreffen immerhin rund 15.000 Befunde Frauen, die jünger sind als 50“, sagt die erfahrene Ärztin. Und je früher Krebs erkannt werde, desto erfolgreicher lasse er sich in der Regel behandeln.

Das Problem: Schon jetzt nimmt in Hamburg nur knapp jede zweite Frau die Einladung zum Screening an. „Das ist erschreckend wenig, wenn man sich anschaut, dass im nicht weit entfernten Landkreis Lüneburg 70 Prozent der Frauen selbstverständlich zum Screening gehen“, sagt die Fachärztin für Radiologische Diagnostik. Doch woran liegt diese Zurückhaltung der Hamburgerinnen? „Die Gründe sind vielfältig“, sagt Dr. Lübbering-Schmidt, „unter anderem beobachten meine Kolleginnen und Kollegen eine weit verbreitete Röntgenskepsis.“ Bei den neuesten Geräten sei die Dosierung jedoch „verschwindend gering“.

Nur 40 Prozent der Frauen gehen zur Vorsorge

Ganz grundsätzlich sei eine Metropole nicht mit einem Flächenland zu vergleichen, sagt Dr. Ursula Glashoff, die als niedergelassene Gynäkologin gemeinsam mit Kollegen die Gynäkologische Praxisklinik Hamburg-Harburg führt, in der von der Teenagerin bis zur Rentnerin pro Jahr rund 25.000 Patientinnen behandelt werden. „In einer Großstadt ist einfach mehr Bewegung als auf dem Land. Nur 40 Prozent der Frauen gehen hier in Hamburg überhaupt regelmäßig zur Vorsorge, jede zweite Frau gibt an, gar keinen Gynäkologen zu haben“, sagt die zertifizierte Brustchirurgin.

Dabei sei ein Vertrauensverhältnis immer von Vorteil, insbesondere bei einer erschreckenden Diagnose wie Brustkrebs. „Da gilt es, Ruhe zu bewahren und eine nachvollziehbare Panik zu vermeiden“, sagt Professor Dr. Christian Schem vom Mammazentrum am Krankenhaus Jerusalem. „Bei Brustkrebs hat man in der Regel immer mindestens vier Wochen Zeit, um alle Optionen zu überlegen, ohne dass sich die Prognose verschlechtert“, sagt der wissenschaftlich ausgezeichnete Spezialist auf dem Gebiet der operativen Gynäkologie mit minimal-invasiver Chirurgie und Brustchirurgie.

Brustkrebs: „Früherkennung ist der Schlüssel“

Es sei für viele Frauen enorm wichtig und auch beruhigend, dass mittlerweile in deutlich mehr als 70 Prozent der Fälle brusterhaltend therapiert wird. Von der Vorstellung mancher Patientin, sich prophylaktisch die gesamte erkrankte Brust entfernen zu lassen, hält der Gynäkologe wenig. „Das ist eine Überbehandlung. In den meisten Fällen reicht es, brusterhaltend zu operieren, also nur den Tumor zu entfernen und anschließend eine Bestrahlung durchzuführen. Die unnötige Entfernung einer ansonsten gesunden Brust sollte man möglichst vermeiden.“

Das Screening auszuweiten hält auch der Mediziner, der lange am Universitätsklinikum Kiel tätig war, für eine „sehr gute Idee“. „Früherkennung ist der Schlüssel“, sagt der habilitierte Arzt, der sich jede Woche in einer Tumor-Konferenz mit den niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen, die die Patientinnen betreuen, über eine jeweils individuell angepasste Therapie austauscht. „Mehr als 80 Prozent der Frauen, die der Einladung zum Screening folgen, kommen auch in zwei Jahren wieder“, sagt Dr. Jutta Lübbering-Schmidt. „Das ist die positive Entwicklung.“

Hinweis: Am Freitag, 21. Oktober, stellt sich Prof. Dr. Felix Hilpert, Arzt am Mammazentrum Hamburg, exklusiv im Krankenhaus Jerusalem den Fragen von 20 Abendblatt-Leserinnen und -Lesern. Kostenlose Anmeldung unter moorkamp@mammazentrum.eu Ein tages­aktueller Covid-Schnelltest ist erforderlich.