Hamburg. Der 23 Jahre alte Eisbär zieht von Hamburg zurück nach Karlsruhe. Dass er jetzt umziehen muss, liegt an seinen besonderen Genen.
Auftrag erfüllt! Eisbär Kap, Vater des noch namenlosen Eisbärenbabys bei Hagenbeck, verlässt den Tierpark in Hamburg-Stellingen. Das in Moskau geborene Eisbär-Männchen wurde vor drei Jahren vom Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe ausgeliehen, um mit Eisbärin Victoria Nachwuchs zu zeugen. Dorthin kehrt das 23-jährige Raubtier jetzt zurück.
Bleibt zu hoffen, dass Victoria durch ihre quirlige Tochter abgelenkt wird und ihm nicht allzu sehr nachtrauert. Denn die Beziehung zwischen ihr und Kap sei sehr harmonisch gewesen, teilte der Tierpark mit. Dass es also rund zwei Jahre dauerte, bis sie trächtig wurde, hatte andere Gründe.
Hagenbeck: Warum Eisbär Kap Frau und Baby in Hamburg zurücklässt
Da Kap im Mai 2020 bei Hagenbeck eintraf, wurde im ersten Jahr ihres Aufeinandertreffens Victorias Paarungszeit knapp verpasst – bei Eisbären ist diese im April. Ein Jahr später wurden zwar mehrere Paarungen beobachtet, diese blieben jedoch erfolglos.
Erst 2022 wurde die 21-jährige Eisbärendame trächtig und zog sich in den Wintermonaten in ihre Höhle zurück, wo sie am 19. Dezember 2022 ihre kleine Tochter zur Welt brachte. Da Kap das einzige Männchen aus der „Moskauer Linie“ ist, soll er seine seltenen Gene nun weitergeben und auch mit anderen Eisbärenweibchen Nachwuchs zeugen. Dass er phasenweise an Verhaltungsauffälligkeiten leidet (eine Lauf- und Kopfdreh-Stereotypie) spielt dabei keine Rolle – sie vererben sich nicht.
Tierpark Hamburg: Kaps Rückkehr nach Karlsruhe dient Arterhalt
„Wir wünschen Kap auf seinem weiteren Weg alles Gute und drücken dem Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe die Daumen, dass Kap auch bei Ihnen so erfolgreich die Eisbärenpopulation stärkt“, sagt Dr. Guido Westhoff, Zoologischer Direktor bei Hagenbeck.
Mit Kaps Rückkehr nach Karlsruhe folgt Hagenbeck erneut einer Empfehlung des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms (EEP). Im Rahmen dieses Projekts wird jede Tierart von einem Zoo betreut: Der lokale Koordinator führt das Zuchtbuch der Population und gibt Empfehlungen zur Zucht einzelner Tiere, um einen optimalen Genpool aufrechtzuerhalten.
Hagenbeck koordiniert Zucht Nordchinesischer Leoparden und Onager
Hagenbeck selbst verantwortet die EEP-Koordination für Nordchinesische Leoparden (und freute sich im vergangenen Oktober über die Geburt von drei Leopardenbabys) sowie für die Wildeselart Onager. Das EEP für Eisbären dagegen steuert der Zoo Amsterdam, das Zuchtbuch wird im Rostocker Zoo geführt.
Kaps temporärer „Ersatz“ in Karlsruhe, Eisbär Lloyd, war bereits vor rund zwei Monaten auf Empfehlung der Zuchtbuchkoordinatoren nach Ungarn gezogen. Sollte auch Karlsruhe mit Kap in die Eisbär-Zucht einsteigen wollen, müsste es nach Angaben des Karlsruher Nachrichtenportals MeinKa einen weiteren Tausch geben. Kaps künftige Partnerin Charlotte ist demnach nicht für die Zucht vorgesehen.
Eisbär Kap kam für zeugungsunfähigen Blizzard nach Hamburg
Kaps Vorgänger im Tierpark Hagenbeck war übrigens Blizzard, der 2012 von Rostock nach Hamburg gekommen war. Er hatte sich jedoch als zeugungsunfähig herausgestellt, war dann 2020 im Austausch mit Kap nach Karlsruhe gekommen, dort aber wenig später erkrankt und gestorben.
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Das ständige Austauschen von zur Zucht geeigneten Eisbären dient dem Erhalt der Vielfalt. Das ursprüngliche Ziel des EEP war, gewisse Tierarten auch ohne weiteren Erwerb von Wildfängen dauerhaft mit ausreichender genetischer Diversität in den Zoos zu erhalten. Seit den 1990er-Jahren geht es aber zunehmend darum, vom Aussterben bedrohte Arten zu erhalten.
Hagenbeck: Eisbär-Nachwuchs in zweiter Generation „enormer Zuchterfolg“
Tatsächlich gibt es nach Schätzungen der Internationalen Gesellschaft für die Bewahrung der Natur (IUCN) weltweit nur noch 25.000 Eisbären. Durch die Erderwärmung schwindet deren Lebensraum unaufhörlich: Schon in 20 bis 30 Jahren könnte der Nordpol eisfrei sein.
Eisbärin Victoria, die – ebenso wie Kap – im genetischen Ranking weit oben steht, kam vor 21 Jahren selbst bei Hagenbeck zur Welt und war bis zur Geburt ihrer Tochter das letzte Eisbärenbaby, das in Hamburg geboren wurde. Der Tierpark Hagenbeck nannte den Nachwuchs in zweiter Generation einen „enormen Zuchterfolg“ und den Beweis dafür, „dass sich unsere Zuchtbemühungen um diese bedrohte Tierart auszahlen“.