Hamburg. An einigen Stationen wurde im ersten Quartal nur jeden zweiten oder dritten Tag ein Rad ausgeliehen. Bewohner üben Kritik.
Im Januar 2023 ist zuletzt eine StadtRad-Station in Niendorf eröffnet worden. Die Regionalpolitik feierte das als einen weiteren Schritt für mehr Mobilität. Doch die Ausleihzahlen für die Stationen in Niendorf sind bescheiden, wie die Zahlen aus dem ersten Quartal 2023 zeigen.
Vor wenigen Tagen hatten die Deutsche Bahn und die Hamburger Behörde für Verkehr und Mobilitätswende neue Tarifkonditionen für die StadtRad-Ausleihe beschlossen. Doch das Angebot ist offenbar nicht überall attraktiv genug, um auch genutzt zu werden – wie beispielsweise die Ausleihzahlen im Stadtteil Niendorf zeigen.
Verkehr Hamburg: StadtRad in Niendorf ist ein Ladenhüter
Laut Verkehrsbehörde wurden im ersten Quartal 2023, das 90 Tage umfasst, am U-Bahnhof Niendorf-Nord 110 Räder ausgeliehen, am U-Bahnhof Schippelsweg 63, an der U-Bahn-Station Joachim-Mähl-Straße 56, an der Max-Zelck-Straße 88 – und lediglich am U-Bahnhof Niendorf Markt auf dem Tibarg wurde mit 387 Ausleihen eine dreistellige Zahl erreicht. Rechnet man das auf die einzelnen Tage hoch, dann wurde an drei der Stationen nur jeden zweiten oder dritten Tag ein Rad ausgeliehen.
Möglicherweise haben die Verantwortlichen an den Bedürfnissen der Niendorfer vorbei geplant, indem die StadtRad-Stationen bis auf eine Ausnahme (Max-Zelck-Straße) unmittelbar an den U-Bahn-Stationen errichtet wurden?
Bewohner in Niendorf klagt: „Keine Stationen in Wohngebieten“
Der Niendorfer Daniel Alexander beispielsweise, der jeden Tag mit der U-Bahn in die Stadt zur Arbeit fährt, hat in seinem Stadtteil noch nie ein StadtRad ausgeliehen. „Wie auch“, sagt er, „wo sollte ich es denn wieder abgeben? Das geht ja nur direkt an der U-Bahn-Station, weil es in den Wohngebieten abseits der U-Bahn-Strecke keine Abstellmöglichkeiten für das StadtRad gibt.“ Doch sein Zuhause sei 20 Fußminuten von der nächsten U-Bahn-Station entfernt. Für diese „letzte Meile“, wie es die Verkehrsbehörde gern nennt, ist das StadtRad leider keine Option.
Wie ihm ergeht es vielen, denn der Stadtteil erstreckt sich auch weit östlich und westlich der U-Bahn-Strecke. Vor allem Niendorf-Ost – in der Nähe des Flughafens – ist durch den öffentlichen Personennahverkehr gar nicht erschlossen. Dorthin fährt lediglich der ehrenamtliche Bürgerbus an zwei Tagen pro Woche. Laut Statistikamt Nord kommen in Niendorf 420 Autos auf 1000 Menschen. Kein Wunder, dass bei den gängigen Car-Sharing-Anbietern der größte Teil von Niendorf außerhalb des Geschäftsgebiets liegt.
StadtRad in Niendorf – Verkehrsbehörde weist Kritik zurück
Die Verkehrsbehörde will die Kritik an den StadtRad-Standorten so nicht stehen lassen. „Die fünf Stationen sind ein erster Schritt, um in Niendorf das StadtRad im Mobilitätsmix zu platzieren“, sagt eine Sprecherin. „Auch in Niendorf liegen bereits StadtRad-Stationen in der Nähe zu Wohngebieten. So ist die Station Max-Zelck-Straße in unmittelbarer Nähe zum Haus der Kirche, zu Kitas, Schulen sowie zahlreichen Wohneinheiten gelegen. Darüber hinaus ist eine Verbindung zur P+R-Station mitbedacht worden.“
Auch die Station Niendorf Markt decke im Radius Wohngebiete ab und sei eine zentrale Anlaufstelle für Einkaufsmöglichkeiten. Am Tibarg werde insbesondere das Lastenpedelec häufiger genutzt, um auch innerhalb des Stadtteils Einkäufe zu erledigen.
StadtRad –Behörde offen für Rückmeldungen, um Bedarfe zu prüfen
Die Sprecherin betont aber auch, dass die Behörde offen sei für Rückmeldungen von Bürgerinnen und Bürgern aus den Bezirken, um Hinweise und Bedarfe zu prüfen und zu verfolgen. „Derzeit prüfen wir den Standort ,Wendlohstraße’ als weitere StadtRad-Station, um Niendorf flächendeckender an das StadtRad-Netz anzuschließen. Im Zuge weiterer Bedarfs- und Standortprüfungen können also noch weitere Stationen in Niendorf dazukommen.“
Die StadtRad-Stationen werden demnach zur Stärkung des Umweltverbunds an U- oder S-Bahn-Stationen errichtet, damit die Menschen die Möglichkeit haben, das StadtRad beispielsweise für den täglichen Arbeitsweg, den Einkauf oder für die „letzte Meile“ zu nutzen.
In Niendorf hapert es bei der Mobilität an der „letzten Meile“
Doch genau an der „letzten Meile“ hapert es in Niendorf. Da bleibt vielen Bewohnern nichts anderes übrig, als ihr eigenes Rad zu nutzen, um sich im Stadtteil zu bewegen oder zu einer der U-Bahn-Stationen zu gelangen.
- Mit 169 km/h bei Tempo 80 – Raser geht Polizei ins Netz
- Bauarbeiten in Hoheluft-Ost starten – Parkplätze fallen weg
- Günstiger Parken mit Handy-Apps- So geht’s in Hamburg
Laut Verkehrsbehörde werden beim weiteren Ausbau des StadtRad-Netzes unterschiedliche Faktoren beachtet: „Neben der Anbindung der äußeren Stadtteile ist es besonders wichtig, das StadtRad ganzheitlich in den Umweltverbund einzubetten und mit anderen Mobilitätsangeboten der Stadt Hamburg zu verbinden. Wir möchten positive Synergieeffekte schaffen – durch die Anbindung an U- und S-Bahn-Stationen, HVV Switch Punkte oder Park+Ride-Angebote“, so die Behördensprecherin.
StadtRad: 2018 wurden die Hamburger zu Standortwünschen befragt
Darüber hinaus werde bei der Suche nach möglichen Stationsstandorten auch geschaut, wo gute Potenziale in der Stadt gebündelt werden können. Städtebauliche Entwicklungen – wie etwas Grasbrook, Oberbillwerder oder Pergolenviertel – und verdichtete Quartiere sowie Arbeitsplatzschwerpunkte – zum Beispiel Science-City Bahrenfeld, City Nord und Airbus – beeinflussten die Auswahl möglicher Standorte.
Die Behördensprecherin verweist zudem auf die Onlineumfrage von 2018, in der die Hamburgerinnen und Hamburger zu ihren Standortwünschen befragt wurden. Die Ergebnisse der Studie fließen demnach ebenfalls in die Standortsuche mit ein.
Verkehr Hamburg: 50 weitere StadtRad-Stationen geplant
Neben dem quantitativen Ausbau wolle man auch die qualitativen Angebote erweitern, beispielsweise durch den Ausbau der Lastenpedelec-Flotte. „Mit einer aktuellen Flotte von 3600 Fahrrädern und 40 Lastenpedelecs ist das StadtRad an 300 Stationen verfügbar“, so die Sprecherin. „Zielwert sind mehr als 350 Stationen in den kommenden zwei Jahren.“ Als nächste Standorte sind geplant: Strandweg/Fähre Blankenese und Behrmannplatz/Grelckstraße, wo die Kreuzung umgebaut wird.
Nutzer von Lastenpedelecs müssen eines wissen: Die Fahrzeuge haben einen „Heimathafen“, zu dem sie zurückgebracht werden müssen. Ein Lastenpedelec kann man bis zu 60 Minuten vor der Fahrt über die App kostenlos reservieren.