Hamburg. Zwei Bildschirme für Übertragung aus dem Innengehege installiert. Doch nicht alle teilen Freude des Tierparks über Zuchterfolg.
Um draußen herumzutollen, ist sie noch zu klein. Aber Besucher sollen im Tierpark Hagenbeck jetzt trotzdem einen Blick auf das niedliche Eisbärenbaby, das dort kurz vor Weihnachten zur Welt kam, erhaschen können. Zwei große Bildschirme im Eismeer sollen übertragen, was das kleine Mädchen und seine Mutter Victoria im Innengehege der Eisbärenanlage treiben.
Dass das durchaus sehenswert ist, zeigten erste Aufnahmen – bevor die Monitore aus technischen Gründen erst einmal wieder abgestellt werden mussten: Mal schmusen die beiden, mal trinkt die Kleine und manchmal schaut die Mama ihr auch nur dabei zu, wie sie durch den Innenbereich tobt, mit ihren kleinen Tatzen ins Wasserbecken patscht und das Spielzeug traktiert, das sie von den Tierpflegern bekommt.
Tierpark Hagenbeck: Kameras sollen süßes Eisbärenbaby zeigen
Erst Freitagmorgen hatte der Tierpark die Inbetriebnahme der Monitore angekündigt. Wenige Stunden später wurde dann zurückgerudert. Wann der Blick hinter die Kulissen möglich sein wird, stehe noch nicht fest, hieß es. „Hagenbeck arbeitet unter Hochdruck daran, dass die Monitore fehlerfrei laufen.“
Einer der Monitore zeigt die Wurfhöhle, in der das Eisbärenmädchen geboren wurde, der zweite Screen überträgt Livebilder aus dem Gehegebereich unmittelbar vor der Höhle. Die Bildschirme haben jeweils eine Größe von 50 Zoll und hängen neben der zweiten Beobachtungsscheibe im Eismeer. Nur während der Fütterung und der Reinigung wird die Übertragung unterbrochen.
Wie alle Eisbärenjunge kam auch das Hagenbeck-Baby fast nackt, blind und taub zur Welt. Nachdem das Eisbärenmädchen bei seiner Geburt nur rund 900 Gramm gewogen hatte, bringt es jetzt schon mehr als 20 Kilogramm auf die Waage und frisst auch bereits Fleisch und Fisch.
Tierpark Hagenbeck: Bald darf der Eisbärennachwuchs ins Freie
Die Muttermilch darf nach Tierparkangaben aber nach wie vor nicht fehlen. Bis zu sieben Monate werden Eisbärenjungtiere gesäugt, um das Immunsystem und die Mutter-Kind-Bindung weiter zu stärken. In wenigen Wochen ist es dann so weit. Dann können Mutter Victoria und ihr kleines Mädchen die große Außenanlage erkunden. Und sind dann für alle Besucher auch ohne Bildschirm live im Eismeer zu sehen.
Dr. Guido Westhoff, Zoologischer Direktor im Tierpark Hagenbeck, ist zufrieden über die positive Entwicklung seines kleinen Schützlings: „Das Eisbärenbaby hat großes Interesse an unterschiedlicher Nahrung und ist sehr neugierig und interessiert an allem, was in seiner Umgebung passiert.“
„Hagenbecks Zuchtbemühungen um bedrohte Tierart zahlen sich aus“
Doch auch aus anderen Gründen ist er erleichtert über den gesunden Nachwuchs. „Für Hagenbeck ist dieser Nachwuchs in zweiter Generation ein enormer Zuchterfolg und der Beweis dafür, dass sich unsere Zuchtbemühungen um diese bedrohte Tierart auszahlen.“
Das letzte Eisbärenbaby, das im Tierpark Hagenbeck zur Welt kam, war übrigens Mutter Victoria selbst – das war 2002. Im Rampenlicht stand die 21-jährige Eisbärendame ein weiteres Mal am 20. Juni 2020. An dem Tag sollte sie zum ersten Mal öffentlich auf Eisbärenmännchen Kap treffen – gab sich aber zunächst recht kühl.
Das in Moskau geborene Tier wurde vom Zoologischen Stadtgarten Karlsruhe ausgeliehen. Beide sollen gute Gene besitzen. Das zuvor im Tierpark Hagenbeck lebende Eisbärenmännchen Blizzard hatte sich als zeugungsunfähig herausgestellt.
Eisbärenmännchen Blizzard wurde wegen Zeugungsunfähigkeit abgegeben
Infolgedessen wurde Blizzard, der seit 2012 im Tierpark Hagenbeck lebte, im Mai 2020 an den Zoo Hannover abgegeben, als Gesellschaft für die dort lebende Eisbärendame Charlotte. Doch er wurde zwei Jahre später krank, was aber erst kurz vor seinem Tod im Juni 2022 aufgrund schlechter Nierenwerte aufgefallen war.
Im Gegensatz zu Blizzard besitzt Kap sehr gute Gene. Und so sollten er und Victoria im Rahmen des Europäischen Erhaltungszuchtprogramms, an dem sich der Tierpark Hagenbeck beteiligt, für Nachwuchs sorgen. Und das ist nach anfänglichen Startschwierigkeiten jetzt gelungen.
Nach Schätzungen der Internationalen Gesellschaft für die Bewahrung der Natur (IUCN) gibt es weltweit nur noch 25.000 Eisbären. Durch die Erderwärmung schwindet deren Lebensraum unaufhörlich: Schon in 20 bis 30 Jahren könnte der Nordpol eisfrei sein.
Tierrechtsorganisation Peta kritisiert Eisbärenzucht bei Hagenbeck
Kritik an der Zucht im Tierpark kommt hingegen von der Tierrechtsorganisation Peta. „Zoogeburten retten Eisbären nicht vor dem Aussterben“, teilen sie in einer Pressemitteilung mit. Denn die nachgezüchteten Eisbären würden niemals ausgewildert. Ihr Leben habe nur ein Ziel: Die Kassen der Zoos zu füllen.
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Zumal zeige Kap laut Peta eine ausgeprägte Verhaltensstörung, eine sogenannte Laufstereotypie. Als intelligente Tiere würden Eisbären generell unter der Gefangenschaft in den viel zu kleinen Gehegen leiden. In freier Natur wanderten Eisbären jedes Jahr Hunderte bis Tausende Kilometer.
Tierpark Hagenbeck wird für Eisbärenzucht kritisiert
Die „zeitweisen Verhaltensauffälligkeiten“ von Kap bestätigte der Sprecher des zuständigen Bezirksamts Eimsbüttel gegenüber T-Online. Das Nachrichtenportal hatte zuerst darüber berichtet. So habe Kap schon vor mehreren Jahren Verhaltensauffälligkeiten gezeigt.
Bei seinem Transport von Karlsruhe nach Neumünster im Jahr 2004 sei eine Kopfdreh-Stereotypie festgestellt worden und dass Kap ein „stressanfälliges Individuum“ mit nervösem Verhalten und einem hohen Level an Stresshormonen sei. Der Tierpark wollte sich auf Nachfrage nicht dazu äußern.
Nun kann man nur hoffen, dass das Eisbärenmännchen von seiner kleiner Tochter auf andere Gedanken gebracht wird – sobald sie zum ihm ins Freie darf.