Hamburg. Annika Elsner arbeitet ehrenamtlich als Grüne Dame im Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg-Eimsbüttel. Wie sie den Kranken Mut macht.

Sie tragen Grün – „wie die Hoffnung“, sagt Annika Elsner. „Manche sagen auch ,da sind ja die grünen Engel‘, wenn wir ins Zimmer kommen.“ Auf den Krankenhausfluren werden die Menschen in den grünen Kitteln auf jeden Fall sofort erkannt, auch wenn sie außerhalb von Kliniken nicht allen bekannt sind. Elsner und ihre Kollegen sind „Grüne Damen und Herren“ – Ehrenamtliche, die sich abseits vom medizischen Personal um die Patienten kümmern, ein offenes Ohr für sie haben und auch mal kleine Besorgungen machen.

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Die „Grünen Damen und Herren“ gibt es in Deutschland seit mehr als 50 Jahren. Inspiriert vom ehrenamtlichen Dienst des Volunteer Service in den USA wurde 1969 die erste Gruppe in Düsseldorf gegründet. An vielen Kliniken wird der ehrenamt­liche Besuchsdienst durch die Evangelische Kranken- und Alten-Hilfe e.V. (eKH) getragen, doch es gibt auch Häuser, die diesen eigenständig organisieren. So wie das Agaplesion Diakonieklinikum Hamburg in Eimsbüttel, an dem Annika Elsner seit einem Jahr aktiv ist.

Krankenhaus Hamburg: Die Grünen Damen und Herren sprechen Patienten an

„Wenn wir mit dem grünen Kittel in der Klinik unterwegs sind, dann kann man uns ansprechen. Aber wir gehen auch auf die Patienten und Patientinnen zu, sprechen die Menschen an und fragen, ob es ihnen gut geht, ob ihnen etwas fehlt, was ihnen auf dem Herzen liegt“, sagt Annika Elsner. „Wir sind so ein bisschen Verbindungsmenschen zwischen Patienten und Klinikpersonal und dazu da, um Zeit zu spenden.“ Denn gerade das könnten Ärzte und Pflegeteams im Krankenhausalltag nicht ständig leisten, lange zuzuhören und sich abseits der medizinischen Themen Zeit zu nehmen. Dafür seien die „Grünen“ da.

„Menschen, die im Krankenhaus liegen, sind ja in dieser Zeit sehr stark auf sich selbst zurückgeworfen. Viele fangen an nachzudenken, viele bekommen auch wenig Besuch“, sagt Annika Elsner. Da sei es schön, wenn es jemandem gebe, der einfach mal zuhöre So könne man die Welt während der Krankheit für die Betroffenen ein Stückchen erträglicher machen.

Viele Patienten wollen erst nicht reden – und brauchen es dann doch

Auch wenn nicht alle Patienten direkt merkten, dass sie überhaupt Redebedarf hätten. Wenn Annika Elsner oder einer ihrer Kollegen in ein Zimmer kommt, den Patienten begrüßt und fragt, wie es denn so geht, würden viele antworten: „Es ist alles gut, wie brauchen nichts – gehen Sie mal zu den Leuten, denen es schlechter geht.“ Oft bleiben die „Grünen Damen und Herren“ doch noch ein paar Minuten, kommen über ein Detail – ein Foto auf dem Nachttisch, ein Kleidungsstück oder doch die Erkrankung oder Verletzung selbst – ins Gespräch, und plötzlich ist eine halbe Stunde vergangen. „Man merkt dann, dass derjenige doch etwas loswerden wollte“, sagt Elsner.

Die 50-Jährige, die mit Mann und Sohn in der Nachbarschaft der Klinik in Eimsbüttel lebt, hat sich das Ehrenamt ganz bewusst ausgewählt – gerade auch als Gegenstück zu ihrer beruflichen Tätigkeit als Professorin für Nachhaltigkeits­management an der FOM Hochschule für Berufstätige in Hamburg. „Als Professorin ist natürlich der Anteil des Redens deutlich stärker ausgeprägt als der des Zuhörens“, sagt Annika Elsner. In der Klinik sei dagegen das Zuhören gefragt, und ihr sei es sehr wichtig, sich diese Bereitschaft ganz bewusst zu erhalten: zuzuhören und anderen Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Gerade auch, wenn diese Hilfe oder Unterstützung benötigten.

Die Gespräche unterstützen auch den Heilungsprozess

Von dem Sinn dieses Prinzips ist Elsner überzeugt. Schließlich zeige die Forschung, dass sich das Wohlgefühl eines Patienten verbessere, wenn er das Gefühl habe, dass er in dieser Situation nicht alleine ist und sich jemand – auch abseits vom Medizinischen – um ihn kümmert. „Das kann den Heilungsprozess unterstützen.“

Allerdings sind „Grüne Damen und Herren“ keine Seelsorger, sie haben keine psychologische Ausbildung. „Wenn wir merken, dass eine Situation wirklich sehr herausfordernd wird, dann schlagen wir dem Menschen auch vor, einen Kontakt zur Seelsorge zu vermitteln“, sagt Elsner. „Davon sind wir deutlich abgegrenzt.“

Manchmal helfen auch kleine Dinge: Ein Buch oder eine Zahnbürste

Die Ehrenamtlichen würden schnell darauf aufmerksam, wenn ein Patient ein echtes Problem habe und weitere Hilfe benötige. Manchmal reiche es aber auch, diesen „im Auge zu behalten“ und im Laufe des Klinikaufenthalts mehrmals zu besuchen. Hierfür tauschen sich die einzelnen Teams der rund 30 „Grünen Damen und Herren“ (fünf von ihnen sind Männer) am Agaplesion auch mithilfe eines Mitteilungsbuchs untereinander aus. Auch die Pflegeteams der einzelnen Stationen melden sich, wenn sie das Gefühl haben, dass bei ihnen jemand liegt, der sich über Besuch freuen würde.

Manchmal reichen aber auch die kleinen Dinge: ein Buch oder eine Zahnbürste. Oder, wie im Fall von zwei Patientinnen, die sich auf dem Zimmer kennengelernt hatten, zwei Eisbecher aus der Cafeteria. Für die beiden Damen sei das eine Art gemeinsamer Abschluss einer herausfordernden Zeit gewesen, sagt Elsner. „Das ist dann für uns natürlich auch schön, man freut sich in so einer Situation mit.“

Krankenhaus Hamburg: Grüne Dame zu sein findet Elsner sehr erfüllend

Doch generell habe Elsner, wenn sie die Klinik nach ihrem dreistündigen Einsatz jeden Freitag verlasse, ein gutes Gefühl. „Ich denke, dass man in diesen drei Stunden relativ viel bewegen kann“, sagt die Grüne Dame. „Das ist eine sehr erfüllende Arbeit.“

Wer sich für ein Ehrenamt am Agaplesion Diakonieklinikum interessiert, kann sich an Pflegedirektor Thorsten Witt wenden: (040) 790 20 15 00 oder thorsten.witt@agaplesion.de