Hamburg. Die kleine Passage am Mittelweg zieht seit 50 Jahren auch immer wieder Promis an. Jubiläumsprogramm noch bis zum Wochenende.
Das Pöseldorf Center ist eine der traditionsreichsten Einkaufspassagen in Hamburg. In dieser Woche wird am Mittelweg der 50. Geburtstag gefeiert. Hier finden Kunden 22 Läden sowie Gastronomie auf 4500 Quadratmeter Verkaufsfläche.
Einzelhandel Hamburg: Pöseldorf-Center punktet mit kurzen Wegen – und Promi-Faktor
Der Gebäudekomplex ist recht überschaubar: Es gibt drei Eingänge und eine etwa 50 Meter lange Ladenstraße mit Glasdach, außerdem Außenflächen hin zur Milchstraße und zum Mittelweg. „Unsere Kunden schätzen es, dass sie hier komprimiert all das finden, was man zum täglichen Leben braucht, aber auch Mode und eine Filiale der Deutschen Bank, die übrigens schon seit der Eröffnung unsere Mieterin ist“, sagt Kay Brahmst beim Ortstermin mit dem Abendblatt.
Der 54-Jährige ist Geschäftsführer der 1954 gegründeten Unternehmensgruppe Hermann Friedrich Bruhn, der das Pöseldorf Center samt der darüberliegenden 150 Mietwohnungen gehört. Dort hat übrigens auch mal der 2006 verstorbene Schlagerstar Drafi Deutscher gelebt. Prominente sind häufig in der Passage anzutreffen. Moderator Johannes B. Kerner, Ex-„Tagesschau“-Sprecherin Dagmar Berghoff und Schauspielerin Christina Plate kaufen zum Beispiel gerne hier ein.
Früher wurde im Pöseldorf-Center mit Begeisterung gezecht
Kultstatus besaß einst die Köpi-Quelle, die Mitte der 1980er-Jahre geschlossen hat. An der langen Theke sei zeitweise mehr Fassbier umgesetzt worden als in jeder anderen Hamburger Kneipe, weiß Brahmst zu berichten und legt gleich noch einmal nach. „Das Daitokai im Pöseldorf Center galt als das beste japanische Restaurant der Stadt.“ Das Lokal wurde Anfang der 1990er-Jahre geschlossen.
Heute gibt es eine Mama Trattoria – dort werden Pasta und Pizza angeboten – und ein Espresso House. Das Unternehmen aus Schweden hat 2017 die Balzac Coffee Shops, eine Hamburger Firma, übernommen und damit auch den Standort in der Pöseldorf Passage, der 2007 eröffnet wurde. Es ist eine der Premiumflächen mit großer Fensterfront hin zum Mittelweg über zwei Ebenen mit Platz für rund 90 Gäste. „Wir haben 2018 diese als eine der ersten Filialen in Hamburg neu gestaltet. Es war so etwas wie ein Versuchsballon, und es hat funktioniert“, sagt Nikolas Niebuhr.
Espresso House: Schlechter Service spricht sich sofort rum
Der Deutschland-Geschäftsführer von Espresso House (in der Hansestadt hat man inzwischen 16 Standorte) erklärt, das Pöseldorf Center sei „nicht mit unseren Innenstadtlagen zu vergleichen. Hier sind wir vor allem auch ein Treffpunkt für die Menschen aus der Nachbarschaft. Anders als beim Kunden, der sich spontan einen Coffee to go holt, stehen wir hier unter besonderer Beobachtung. Wenn der Service mal nicht 100-prozentig ist, dann spricht sich das schnell rum.“
Das Espresso House setzt auf Wohnzimmeratmosphäre mit Sofasitzecken, Teppichen und Lampen in Messingoptik. „Unser Interieur passt zum Pöseldorf Center. Die Kunden verbringen bei uns auch gerne mal ein bisschen mehr Zeit und sollen sich wohlfühlen.“
Pöseldorf: Edeka ist ein Mieter der ersten Stunde
Ein Mieter der ersten Stunde ist der Edeka-Markt Niemerszein, der hier zunächst noch unter dem Namen Spar firmierte. 20.000 Artikel werden auf 850 Quadratmeter Verkaufsfläche präsentiert. Es gibt auch eine Frischetheke mit Käse, Wurst und Fleisch. Seit acht Jahren ist Christian Hempel der Filialleiter und Chef von 36 Mitarbeitern. „Wir haben nicht nur viele Stammkunden, die uns schon seit Jahrzehnten die Treue halten, sondern auch viele Kollegen, die schon ewig hier arbeiten.“
Weiter geht es zu Carmen Maria Giering in ihre CMG Boutique. Dort werden Dessous, Nachtwäsche und Bademoden für Damen angeboten. Seit mehr als 30 Jahren ist die Geschäftsfrau hier Mieterin. Im Zuge des Umbaus der Passage, der von 2005 bis 2009 in mehreren Abschnitten stattfand, ist sie auf eine rund 50 Quadratmeter große Fläche umgezogen.
„In der Innenstadt würde ich mit meinem Laden heute nicht mehr existieren, aber zum Glück habe ich hier eine treue Kundschaft. Die meisten kommen gezielt in mein Geschäft und wissen eine individuelle Beratung noch zu schätzen“, sagt Giering. Pöseldorf sei eine gute Wohngegend, und dementsprechend habe sie auch hochwertige Marken in ihrem Portfolio für ihre anspruchsvolle Klientel.
"Wir haben hier alles, was das Herz begehrt"
Im Pöseldorf Center gibt es außerdem eine Apotheke, einen Telefonshop, zwei Friseure, einen Blumenladen und weitere Modegeschäfte. Dazu kommt ein Zeitungsladen mit Lotto-Annahmestelle, ein Bäcker, ein Drogeriemarkt und ein Weinladen. Auch eine Parfümerie gibt es schon seit 50 Jahren, lediglich der Eigentümer hat gewechselt. „Wir haben hier alles, was das Herz begehrt“, sagt Centermanagerin Kerstin Huttanus: „Man braucht nicht in die Innenstadt zu fahren, und das wissen die Kunden zu schätzen.“
Auch die Gewerbetreibenden sind untereinander in einem engen Austausch. Es gehe im Pöseldorf Center familiär zu, weiß Evelyn Fischer zu berichten. Gemeinsam mit ihrem Mann Johannes führt sie den hear Cube Shop. In dem Geschäft bieten sie Hörtests an und wählen gegebenenfalls mit den Kunden ein passendes Hörgerät aus. „Wir sind seit April 2021 hier und sehr zufrieden mit der Resonanz“, sagt Evelyn Fischer.
Pöseldorf-Center sieht keine Konkurrenz durch die Innenstadt
Dabei ist die Konkurrenz groß. Shoppingcenter gibt es in Hamburg in fast allen Stadtteilen, vor allem die City wird von Passagen dominiert. Dazu kommen von 2023 an im Überseequartier in der HafenCity in einem neuen Einkaufsviertel weitere 200 Geschäfte und Gastronomiebetriebe. Wie wird sich dies auswirken?
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„Die Innenstadt und auch das neue Projekt in der HafenCity sind keine Konkurrenz für uns“ sagt Bruhn-Geschäftsführer Brahmst selbstbewusst. „Wir setzen auf Individualität und vor allem auch auf inhabergeführte Geschäfte. Das unterscheidet uns von XXL-Passagen. Wir haben keinen Druck bei der Vermietung der Flächen. Wir suchen uns die Mieter aus, die zu uns passen.“
Einzelhandel Hamburg: Bäcker Gaues ist ausgezogen
Aktuell steht einer der 22 Läden leer, hier ist Bäcker Gaues ausgezogen. „Wir sind in Gesprächen mit Interessenten“, sagt Brahmst. Man munkelt, darunter sei auch ein Feinkostgeschäft. Das gibt es bislang noch nicht im Center.
Noch bis zum Sonnabend wird ein kleines Jubiläumsprogramm geboten. Dabei geht es musikalisch zu. Es gibt ein „Rolling Piano“ und ein „Walking Piano“. Außerdem können die Kunden auf der klingenden Treppe selber für ein kleines Jubiläumsständchen sorgen.