Hamburg. Mit „#UHHhilft“ werden Flüchtlinge unterstützt, die studieren wollen. Neben Beratungen gehörenSprachkurse zum Programm.

Muhamed Albanna und seine Frau Walaa gehen mit großen Erwartungen in den Hörsaal B. „Wir hoffen auf ein besseres Leben“, sagt die junge Syrerin. Das, was ihnen an diesem Mittwoch in dem historischen Saal der Universität Hamburg erzählt wird, soll ihnen dazu verhelfen. „Es ist eine große Chance, an einer Universität wie der in Hamburg studieren zu dürfen“, sagt Walaa. Sie hat zwar in Syrien bereits einen Abschluss als Labormedizinerin gemacht, aber ob der im Ausland anerkannt wird, ist ungewiss. Sicher ist für sie hingegen: „Mit einem Abschluss an einer deutschen Uni hat man große Chancen auf eine gute Arbeitsstelle.“

Das Ehepaar Albanna gehört zu den mehr als 800 Flüchtlingen, die sich am Mittwochmittag an der Universität über die Möglichkeit informierten, in Hamburg ein Studium aufzunehmen. Mit Handzetteln hatte die Uni in Flüchtlingsunterkünften in den vergangenen Wochen für ihr Programm „#UHHhilft“ geworben.

Bildung ist kein Luxus - die Module des Programms

Rund 600 Flüchtlinge hatten sich daraufhin für die Info-Veranstaltung angemeldet, weitere 400 hatten per Mail oder Telefon Interesse bekundet – zum Teil noch in der Nacht zu Mittwoch. „Wir wurden förmlich überrannt“, stellte Uni-Präsident Professor Dieter Lenzen zufrieden fest. Denn der große Andrang, der dazu führte, dass die Veranstaltung parallel in zwei Hörsälen durchgeführt werden musste, bestätigte seinen Ansatz: „Bildung ist kein Luxus, sondern ein Grundbedürfnis und sollte deshalb für die Menschen, die zu uns kommen, nicht erst am Ende des Eingliederungsprozesses stehen.“

Uni-Präsident Dieter Lenzen und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank bei der Vorstellung des Programms für Flüchtlinge
Uni-Präsident Dieter Lenzen und Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank bei der Vorstellung des Programms für Flüchtlinge © Marcelo Hernandez | Marcelo Hernandez

Das Programm „#UHHhilft“ besteht aus acht Modulen: Im ersten Schritt („Welcome“) geht es um Willkommenskultur, es gibt Führungen über den Campus und zu den Uni-Einrichtungen – von der Mensa bis zur BAföG-Beratung. Im zweiten Schritt geht es um die Erfassung und Förderung der Sprachkenntnisse – eine der zentralen Fragen.

Gute Englischkenntnisse seien die Mindestvoraussetzung für ein Studium, betonte Lenzen. Doch in vielen Fällen werde auch das nicht reichen, da die Uni bei weitem nicht alle Veranstaltungen in englischer Sprache durchführen könne. Daher bietet die Uni einen eigenen Deutschkurs an, der aber auf maximal 100 Plätze begrenzt sei. Das allein koste schon 85.000 Euro, „keine Kleinigkeit“, so Lenzen.

Neben der Zugangsberechtigung zur Uni ist Sprache die größte Hürde

Weitere Module sind zum Beispiel Patenschaften von Studenten und Uni-Mitarbeitern für Flüchtlinge („Buddy“), Grundkurse in Mathematik, individuelle Beratung und Sportangebote. Größte Hürde neben der Sprache wird aber die Prüfung der Zugangsberechtigung, sagte Professor Silke Boenigk, die „Flüchtlingsbeauftragte“ der Universität. Dabei gehe es um Fragen wie: Liegt ein Abiturzeugnis vor? Oder gibt es ersatzweise Bescheinigungen von ausländischen Hochschulen? Sind deren Veranstaltungen überhaupt mit den deutschen vergleichbar?

Lenzen sagte, man wolle unbürokratisch und flexibel an das Thema herangehen: „Besondere Situationen erfordern auch besondere Maßnahmen.“ Notfalls werde man den Flüchtlings-Studenten einen „Sonderstatus“ einräumen. Da viele Flüchtlinge in ohnehin begehrte Fächer wie Medizin, BWL, Jura sowie Ingenieur- und Naturwissenschaften streben, könne das theoretisch dazu führen, dass deutsche Bewerber nicht zum Zuge kommen, räumte Lenzen ein. Wie er damit umgehen werde, wisse er noch nicht.

Aber vorerst müsse der konkrete Bedarf ermittelt werden. Dann werde man sich Gedanken über die Zahl der Studienplätze und die Finanzierung machen. Auch Wissenschaftssenatorin Katharina Fegebank (Grüne) betonte am Rande der Flüchtlings-Veranstaltung, dass noch „unabsehbar“ sei, ob der Senat die Mittel für die Uni erhöhe – zum Beispiel aus den 500 Millionen Euro, die für 2015 und 2016 zusätzlich zur Bewältigung des Flüchtlingsansturms zur Verfügung gestellt wurden. Sicher sei aber: „Wenn der Bedarf da ist, werden wir das organisieren müssen. Ich weiß aber noch nicht wie.“

Wissenschaftssenatorin Fegebank sieht die Uni Hamburg in einer Vorreiterrolle

Fegebank sagte, auch andere Hamburger Hochschulen machten Angebote für Flüchtlinge. Mit dem umfangreichen Programm „#UHHhilft“ nehme die Universität aber sogar bundesweit eine Vorreiterrolle ein, so die Senatorin: „Integration durch Bildung ist genau der richtige Ansatz.“ Daher unterstütze die Wissenschaftsbehörde auch das kürzlich vorgestellte Projekt W.I.R. (Work and Integration for Refugees) der Sozialbehörde. Unter anderem werden die Neuankömmlinge in Hamburg auch gezielt nach Studienerfahrungen und -wünschen gefragt.

Das wendet sich an Menschen wie Mahmoud Mohamed. Der 28-Jährige ist aus dem bettelarmen und von Unruhen gebeutelten Sudan nach Deutschland geflohen. „Ich habe dort einen Abschluss in Lebensmitteltechnologie gemacht, musste aber als Maurer arbeiten“, erzählt er, nachdem er einen Platz im proppenvollen Hörsaal B ergattert hat. „Hier möchte ich das Studium weiterführen und hoffe, einen besseren Job zu finden. Ich bin froh, dass ich hier an der Uni die Chance dazu bekomme.“ Zunächst hoffe er, erstmal einen der 100 Plätze in dem Sprachkursus zu bekommen.

Der Syrer Muhamed Albanna dagegen spricht, obwohl er erst vor drei Monaten mit seiner Frau Walaa nach Hamburg kam, schon ein wenig Deutsch: „Ich habe in Syrien im zweiten Jahr Wirtschaft studiert, mein Studium möchte ich hier zu Ende führen“, erzählt er. „Wir möchten uns hier einfach ein gutes Leben aufbauen – eines, das wir in Frieden führen können.“