Hamburg. Wo ist es in der Stadt am schönsten? Teil 31: Wo Reh und Osterhase in den Garten kommen – und Vereine zum Mitmachen animieren.

Hummelsbüttel – das klingt nach einem verschlafenem Dorf. Und tatsächlich war der Stadtteil, als ich dort 1974 hinzog, noch sehr ländlich geprägt. Mit reetgedeckten Bauernhöfen im Zentrum und vielen Pferdekoppeln. Und durch den Garten meines Elternhauses floss die Susebek. Aber ich kam aus einer Kleinstadt bei Heidelberg: Der Umzug in die Großstadt war für mich trotzdem fast ein Kulturschock.

Kaum hatte ich mich akklimatisiert, brannten zwei der Höfe ab und die ersten Koppeln wurden bebaut. Mit dem Hummelsbüttler Markt entstand – nach der Siedlung Lentersweg an der Grenze zu Fuhlsbüttel – im ehemaligen Dorfkern die zweite Hochhaussiedlung des Stadtteils. Einen richtigen Markt hatte es vorher nie gegeben, nun aber gab es zumindest ein Zentrum mit kleinen Läden und einem großen Supermarkt. Wenige Jahre später wuchs, zum Teil auf Poppenbütteler Gelände, eine dritte, weitaus größere Siedlung empor: der Tegelsbarg.

Pferdegeruch im Zentrum von Hummelsbüttel

Innerhalb von wenigen Jahren veränderte der Stadtteil deutlich sein Gesicht – blieb aber im Herzen trotzdem ländlich: Noch heute stehen am Hummelsbüttler Markt drei alte Bauernhäuser, von denen manchmal der Geruch nach Pferden weht. Und obwohl nach jahrzehntelangem Stillstand nun wieder einige größere Bauvorhaben den Stadtteil verändern (dazu später mehr), ist Hummelsbüttel weiterhin liebens- und lebenswert. Denn nach wie vor stehen hier überwiegend niedrige Häuser – darunter auch hübsche Villen und an der Josthöhe eine denkmalgeschützte Bungalow-Siedlung.

Hummelsbüttel: Das sind die Fakten

  • Einwohner: 18.464
  • Davon unter 18: 3316
  • Über 65: 4502
  • Durchschnittseinkommen: 38.135 € (2013)
  • Fläche: 9,1 km²
  • Anzahl Kitas: 10
  • Anzahl Schulen: 1 Grundschule, 1 Gymnasiun, 1 Stadtteilschule
  • Wohngebäude: 2805
  • Wohnungen: 8407
  • Niedergelassene Ärzte: 13
  • Straftaten im Jahr 2018: Erfasst: 1013, Aufgeklärt: 442

Der größte Pluspunkt ist aber: Der Stadtteil besteht noch immer fast zur Hälfte aus Natur. Im Norden liegt die Hummelsbütteler Feldmark mit den Naturdenkmälern Ohlenmoorweg und Hüsermoor, dem Hummelsee und dem „Müllberg“. Im Westen erstreckt sich das Raakmoor, zwischen Ring 3 und Alter Landstraße befindet sich das Naturdenkmal Sievert’sche Tongrube und südlich der Alten Landstraße das Alstertal.

Bei so viel Wald und Wiese drum­herum kann es schon mal vorkommen, dass Rehe im Garten die Blumen anknabbern. Sich ein Eichhörnchen an der Terrassentür Nüsse abholt. Oder ausgerechnet am Ostersonntagmorgen ein stattlicher Hase gemütlich über die Terrasse hoppelt – worüber meine Kinder und ich gleichermaßen verzückt waren.

Attraktiv für Familien und Naturverbundene

Nachdem es mich als junge Erwachsene in die Stadt gezogen hatte, kehrte ich nach Hummelsbüttel zurück, als mein zweites Kind geboren war. Denn der Freizeitwert und die Infrastruktur des Stadtteils sind für Familien wirklich attraktiv. Innerhalb kürzester Zeit erreicht man Wege zum Spazierengehen, Joggen, Radfahren oder Inlineskaten. Im Alstertal kann man darüber hinaus auf dem Alsterlauf Tretboot oder Kanu fahren, oder im Winter, wenn hier die Tümpel zugefroren sind, Schlittschuh fahren.

Der Müllberg, mit 79 Metern die höchste Erhebung im Bezirk Wandsbek, ist in jeder Jahreszeit ein beliebtes Ausflugsziel: Von oben hat man eine fantastische Aussicht, kann im Herbstwind Drachen steigen lassen und bei Schnee mit dem Schlitten hinuntersausen. Ihm zu Füßen liegt der Hummelsee, der aus einem Baggerloch entstanden ist. Als ich hier als Jugendliche gebadet habe, war ringsherum noch Sand. Heute gibt es nur noch ein paar sandige Stellen am Ufer.

Buntes Vereinsleben in Hummelsbüttel

Auch für alle, die sich im Verein betätigen möchten, ist Hummelsbüttel ein Eldorado. Es gibt den Hummelsbüttler Sportverein von 1929 mit einem umfangreichen Angebot, zwei Reitställe, den Fitnessclub Aspria und den berühmten UHC, dessen Hockey- und Tennisplätze idyllisch im Alstertal liegen, außerdem eine Freiwillige Feuerwehr, einen Heimatverein und Hamburgs wohl einzigen Open-Air-FKK-Club mit Badesee. In der Christopheruskirche werden die Hummelsbüttler seit Generationen getauft, konfirmiert und getraut, in der Tanzschule am Ring 3 lernen sie, sich sicher auf dem Parkett zu bewegen.

Mit Grundschule, Stadtteilschule, Gymnasium und mehreren Kitas gibt es vor Ort genügend Bildungsstätten. Über zwei Buslinien ist man mit der U­ 1 (Fuhlsbüttel) oder der S 1 (Ohlsdorf) gut an die Innenstadt angebunden. Einkaufen kann man vor Ort, im benachbarten Fuhlsbüttel oder im Poppenbüttler Einkaufszentrum AEZ. Und in netter Atmosphäre essen kann man im L’Aurora, im La Differenza oder – wenn’s Gyros und Tzatziki sein sollen – im Aretea.

Mittlerweile sind die Kinder groß und ich wohne schon lange wieder „in der Stadt“. Weil meine Eltern aber noch in Hummelsbüttel leben, komme ich oft zu Besuch. Und zwar richtig gern. Ich genieße die Ruhe, die hier herrscht, das viele Grün, und dass man hier abends in den Gärten noch Amseln singen hört.

Flüchtlingsprojekt am Butterbauernstieg

Dank der vielen Natur ringsherum wird das bestimmt so bleiben. Auch, wenn hier derzeit viel neu gebaut und nachverdichtet wird. In den letzten beiden Jahren entstand mit dem Butterbauernstieg nicht nur eine neue Straße, sondern an dieser auch eine Siedlung mit 360 Plätzen für Flüchtlinge. Gegen das Projekt, für das Teile des Landschaftsschutzes aufgehoben wurden, hatten viele Hummelsbüttler überwiegend aus Naturschutzgründen protestiert. Gleichzeitig bildete sich die Initiative „Hummelsbüttel hilft“, die die Geflüchteten betreut. Neben der Unterkunft baut die Saga derzeit 180 günstige Mietwohnungen.

Stadtteilserie: Butterbauernstieg

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    Am Hummelsbüttler Weg wurden wieder Pferdekoppeln bebaut, dort sind neue Mehrfamilienhäuser entstanden. Selbst auf einem Parkplatz am Hummelsbüttler Markt entstehen Neubauten – dabei haben gerade hier die Bewohner schon immer unter der Enge gelitten. Bei all den Bauvorhaben kommt es mir vor, als hätten die Stadtplaner jedes Augenmaß verloren. Ein Blick ins Internet zeigt den Grund: Die Immobilienpreise sind auch hier am Stadtrand kräftig gestiegen.

    Das älteste Gebäude: die ehemalige Schusterkate

    Die ehemalige Schusterkate ist das älteste Gebäude in Hummelsbüttel.
    Die ehemalige Schusterkate ist das älteste Gebäude in Hummelsbüttel. © Friederike Ulrich

    Bleibt zu hoffen, dass die verbliebenen historischen Höfe auch diesem Bauboom standhalten – und natürlich auch das älteste Gebäude Hummelsbüttels: die ehemalige Schusterkate am Grützmühlenweg. Als Jugendliche bin ich in dem Reetdachhäuschen ein- und ausgegangen, weil Freunde dort in einer WG lebten. Im Garten hielten sie Schafe – und als die Stadt die Kate abreißen wollte, setzten sie sich für ihren Erhalt ein.

    Stadtteilserie: Ältestes Gebäude von Hummelsbüttel

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      Nur einen Katzensprung entfernt, neben dem Sportplatz, liegt die Festwiese. Hier haben wir uns damals auf kleinen Jahrmärkten oder beim Osterfeuer vergnügt – eine Tradition, die ich mit meinen Kindern fortgesetzt habe. Wenn ich heute mal am Festplatz vorbeifahre, während dort gefeiert wird, muss ich mir eingestehen: Das – und vieles andere, das Hummelsbüttel bietet – gibt es in der Stadt nicht. Schade eigentlich.

      Hummelsbüttel: Das sind die Highlights

      Hummelsbuettel_Stadtteil_Grafik.jpg
      © HA

      1. Müllberg und Hummelsee

      Das Naherholungsgebiet im Norden der Hummelsbütteler Feldmark lohnt einen Ausflug. Im Sommer kann man hier picknicken, angeln und baden – oder oben vom Berg die Aussicht genießen.

      Stadtteilserie: Hummelsee

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        2. Der Italiener L'Aurora

        Das L’Aurora an der Hummelsbüttler Landstraße hat sich zu einem wirklich netten Ristorante mit hübschem Innenhof und modernem Anbau gemausert. Das leckere Essen wird von gut gelauntem Personal serviert.

        Punktet mit Innenhof und leckerem Essen: das l'Aurora.
        Punktet mit Innenhof und leckerem Essen: das l'Aurora. © Andreas Laible / FUNKE Foto Services

        3. Das Raakmoor

        Das kleinste Hamburger Naturschutzgebiet bietet idyllische Spazierwege unter Nadel- und Laubbäumen – eine für ein Moor untypische, aber sehr schöne Vegetation.