Kirchwerder. Der 52-Jährige hält die älteste Windmühle Hamburgs am Leben. Und wehrte einst sogar das Interesse eines Swingerclubs ab.

Zarte Sonnenstrahlen fallen durch die kleinen Fenster und lassen einzelne Staubkörner im diffusen Licht tanzen. Auch wenn seitdem schon einige Jahrzehnte vergangen sind, kann sich Axel Strunge an diesen Moment noch genau erinnern. Damals, Axel Strunge war vielleicht gerade mal fünf Jahre alt, da besuchte sein Vater mit ihm das erste Mal eine Windmühle. „Und das hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen“, sagt der heute 52-Jährige.

Schon als Kind sei er „mühlenverrückt“ gewesen, erinnert sich der gebürtige Bergedorfer. Er las Bücher, besuchte Mühlen und fragte den letzten verbliebenen Müllern der Region Löcher in den Bauch. Im Jahr 1999 wurde dann tatsächlich der Kindheitstraum wahr: Axel Strunge bekam eine eigene Mühle, beziehungsweise wurde die Riepenburger Mühle zunächst gepachtet.

Swingerclub wollte in Riepenburger Mühle einziehen

Zwei Jahre später sollte die Mühle dann zwangsversteigert werden, erste Kaufinteressen standen bereits vor der Tür. „Die wollten darin einen Swingerclub einrichten“, erinnert sich Axel Strunge, der daraufhin das Denkmalschutzamt einschaltete. Schließlich galt es für ihn, die 1828 erbaute Mühle als Kulturdenkmal zu bewahren. Mithilfe des Denkmalschutzamtes konnte der Verein die Mühle tatsächlich kaufen, für 235.000 Mark.

Seitdem setzt sich Axel Strunge als Vorsitzender des Vereins mit viel Zeit und Herzblut für den Erhalt von Hamburgs ältester Windmühle ein. Für sein ehrenamtliches Engagement ist er in diesem Jahr nominiert für den Bergedorfer Bürgerpreis, gestiftet von der Volksbank Bergedorf und unserer Zeitung.

Axel Strunge will den Galerie-Holländer erlebbar machen

Ob für Kinder oder Erwachsene: Axel Strunge möchte den Galerie-Holländer am Kirchwerder Mühlendamm 75 a erlebbar machen. „Sie soll so hier stehen, als hätte der letzte Müller gerade erst die Tür hinter sich zugemacht“, sagt Strunge. Eine Mühle zu besuchen, sei wie in einer offene Maschine zu stehen und zu erleben, wie jeder einzelne Schritt vom Korn bis zum Mehl funktioniert, erklärt Axel Strunge, der mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in seinem Elternhaus in Bergedorf lebt.

Um die Mühle so zu erhalten, wird auch viel selbst repariert. Doch einige Aufgaben sind dann doch so aufwendig, dass allein die Zeit der Ehrenamtlichen nicht ausreichen würde, um ihrer Herr zu werden. Also müssen Fachfirmen ran. Ab 2001 wurde die Mühle aufwendig für 1,5 Millionen Euro saniert. Nun, etwa 20 Jahre später, sind weitere Arbeiten an Fassade, Fenstern, Windrose, Flügeln und Galerie fällig. Auf etwa 100.000 Euro werden die anfallenden Kosten geschätzt. Auch durch Axel Strunges Werben um Unterstützer ist es gelungen, dass die Hälfte durch Bundeskulturmittel gedeckt wird.

Brandgranaten flogen von der anderen Elbseite auf die Mühle

Auch das Denkmalschutzamt Hamburg beteiligt sich. Der Verein gibt Eigenmittel dazu und bietet zudem handwerkliche Eigenleistungen an, um die Restaurierungskosten so günstig wie möglich zu halten. Zuletzt war ein Crowdfunding der Vierländer Volksbank erfolgreich, bei dem die Spendensumme derzeit bei knapp 19.400 Euro liegt.

Es gibt keinen Stein, Balken und keine Schraube in der Mühle, die Axel Strunge nicht kennt. Selbst Splitter von britischen Brandgranaten hat er im Gebälk gefunden. Die Geschosse wurden kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs von der anderen Elbseite aus abgefeuert. „Zum Glück haben sie die Mühle nicht richtig getroffen“, sagt der Mann mit dem Rauschebart.

Vorläufer der heutigen Mühle wurde bereits 1318 erwähnt

Mit sonorer Stimme kann er den Besuchern jedes Detail erzählen: Von der ersten Erwähnung der Vorläufer der heutigen Mühle im Jahr 1318. Damals noch als Teil eines Raubrittergutes. Bis heute, wo die Mühle Hamburgs ältester noch existierender Handwerksbetrieb ist. Seit 703 Jahren wird an dem Standort Mehl gemahlen. Auch Öl wird an einem kleinen Tresen verkauft.

„Hier muss man ein wenig Müller, Getreidekundler, Mühlbauer und Geschichtler sein“, sagt der 52-Jährige, der seit Jahrzehnten im Hamburger Hafen beschäftigt ist – und das seit 23 Jahren in der Nachtschicht. „Dann sind die Autobahnen leer, und im Sommer ist es schön kühl“, sagt Axel Strunge, der als Schiffsmeister das Be- und Entladen großer Containerschiffe bewacht. Natürlich gebe es auch Tage, an denen er nach einer Runde Schlaf mittags nicht freudestrahlend aus dem Bett springe: „Aber wenn ich dann hier in der Mühle bin, ist wieder alles gut.“