Kirchwerder: Verein investiert Tausende Stunden und Euro in die Sanierung von Hamburgs ältester Mühle.

Die Flügel von Hamburgs ältester und größter erhaltener Kornwindmühle sollen sich bald wieder drehen: Läuft alles nach Plan, wird in der Riepenburger Mühle (Kirchwerder) im kommenden Jahr wieder auf die Art gemahlen wie zuletzt vor 60 Jahren. Damals wurde die Windkraft endgültig durch Maschinen ersetzt. "Wir wollen aus der Mühle ein produzierendes technisches Denkmal machen", sagt Axel Strunge (36), Vorsitzender des Vereins Riepenburger Mühle.

Was so bürokratisch klingt, hat vor allem mit einem zu tun - mit Leidenschaft. So entschied sich Strunge schon 1999, quasi lebenslang, für die 177 Jahre alte Holländermühle. Als eines von drei Gründungsmitgliedern des Vereins Riepenburger Mühle unterschrieb er einen Pachtvertrag auf Lebenszeit. "Das ist die einzige Chance, um sich abzusichern. Sonst kann es passieren, daß viel Geld und Tausende Arbeitsstunden investiert werden, der Besitzer den Pachtvertrag kündigt und dann eine sanierte Mühle bekommt", sagt Strunge.

Daß der Verein die Mühle zwei Jahre nach Vertragsunterzeichnung trotz der Vorsichtsmaßnahmen fast verloren hätte, war vielleicht ein Wink des Schicksals. Denn mit der Sicherheit war es 2001 schlagartig vorbei, als die Mühle zwangsversteigert werden sollte. Da hätte auch der Pachtvertrag nicht mehr geholfen. Es gab nur eine Lösung: Der Verein, der bis dahin monatlich 1000 Mark (etwa 512 Euro) Pacht gezahlt hatte, kaufte die Mühle, Nebengebäude und etwa 8000 Quadratmeter Land für 230 000 Mark (rund 118 000 Euro).

Daß die Konkurrenz bei dem vermeintlichen Schnäppchen nicht allzu groß war, lag daran, daß die Galerie-Windmühle schon seit 1939 unter Denkmalschutz steht. Die Auflagen sind hoch, die Nutzungsmöglichkeiten dagegen begrenzt und die Kosten für den Erhalt immens. Etwa 650 000 Euro dürfte die Sanierung der Mühle kosten, auch wenn das niemand bestätigen mag. Allein die drehbare Kappe einschließlich Flügelwelle und Flügeln kostet soviel wie ein kleines Einfamilienhaus. Geld, das der Verein mit seinen 13 Mitgliedern nie allein aufbringen könnte. Doch sowohl das Denkmalschutzamt als auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz übernehmen einen großen Teil der Kosten. Hinzu kommen Spenden.

Aber noch fehlen rund 100 000 Euro, um die Mühle zu starten. Und ohne Menschen wie Axel Strunge könnten Baudenkmäler wie die alte Mühle am Kirchwerder Mühlendamm 75 a nie erhalten werden. "Die Mühle ist wie eine große Modelleisenbahn, die nie fertig wird", sagt der Vereinschef, der fast seine gesamte Freizeit opfert, um in ganz Deutschland nach historischen Maschinen und Teilen zu suchen. Wenn keine Originalteile mehr zu bekommen sind, werden sie aufwendig nachgebaut. So wie die Formsteine für das äußere Mauerwerk, die in Dänemark angefertigt wurden. "Die Mühle steckt voller Überraschungen", sagt Strunge. So wurden in dem Bauwerk von 1828 bei der Restaurierung große Granatsplitter in den Außenbalken gefunden. Ein später Beweis dafür, daß die Mühle zumindest einmal von den Engländern beschossen worden ist, wie der letzte Müller Karl-Heinz Busch immer behauptet hatte. Bei ihm wußte man nie, was Müllerlatein und was Wahrheit war.

Aber auch unangenehmere Überraschungen warteten auf die Mühlenfreunde: So stapelten sich auf dem Dach der ehemaligen Feinmühle 14 Lagen Dachpappe. Heute befindet sich im sanierten Innern ein Mühlenladen, in dem ausgefallene Spezialitäten wie Doppelkorn-Senf oder Erdbeermarmelade mit grünem Pfeffer angeboten werden.

In einem liebevoll eingerichteten Cafe im ersten Stock gibt es zu Kaffee und Kuchen oder edlen Weinen anspruchsvolle Kleinkunst. Aber auch wer nur rasten möchte, ist hier richtig. Noch sind der Laden und das Cafe, die dienstags bis sonntags von 10 bis 19 Uhr geöffnet haben, ein Geheimtip. Doch das dürfte sich spätestens dann ändern, wenn sich die Windmühlenflügel in Kirchwerder wieder drehen.