Bergedorf. Parteien sichern sich „die besten Bäume“. Am 9. Juni sind mehr als 99.000 Bergedorfer ab 16 zur Wahl aufgerufen. Was sie wissen müssen.
Die Plakatflut zur bevorstehenden Doppelwahl von Bezirksversammlung und Europaparlament hat längst begonnen – allerdings nur mit Platzhaltern: Um sich die besten Bäume, Laternenmasten oder Gitter an Bergedorfs Straßen zu sichern, bewerben die Parteien bisher bloß Infostände oder Diskussionsabende. Der Hintergrund: Wahlwerbung ist in Hamburg erst ab 10. Mai zugelassen. Bis dahin müssen die Platzhalter stetig aktualisiert werden, denn sie müssen spätestens eine Woche nach der angekündigten Veranstaltung verschwinden – oder mit einer neuen überklebt werden.
Im Schatten der Invasion bereiten Bezirksamt und Parteien längst die Wahl am 9. Juni vor. Schließlich dauert es nicht mal mehr acht Wochen, bis rund 99.000 Bergedorfer zur Stimmabgabe aufgerufen sind. Auch für die Europawahl ist das Mindestalter der Wähler nun von 18 auf 16 Jahre herabgesetzt worden – so, wie es bei den Bezirkswahlen schon zuvor war.
Nur ein Kreuz für das Europaparlament – dafür zehn für Bergedorfs neue Bezirksversammlung
Sehr unterschiedlich sind die Stimmzettel: Die für das Europaparlament haben mit 34 Parteien und gut einem halben Meter zwar eine eindrucksvolle Länge, erfordern vom Wähler aber nur ein einziges Kreuz. Hier geht es allein um die Partei, nicht den jeweiligen Kandidaten. Ganz anders ist die Bezirkswahl aufgebaut: Bei der politischen Vertretung im Bergedorfer Rathaus darf jeder Wahlberechtigte seine Stimme nicht nur bis zu fünf Lieblingskandidaten geben, sondern auch noch Einfluss auf die von den Parteien aufgestellten Bezirkslisten nehmen.
Was kompliziert klingt, ist nach Überzeugung der Wahlexperten echte Demokratie. Und die basiert auf insgesamt zehn Stimmen, die jeder Bergedorfer verteilen kann – fünf unter den Direktkandidaten seines Wahlkreises, die anderen fünf unter den Listenkandidaten für den gesamten Bezirk, wobei hier auch die vorgefertigte Liste der jeweiligen Partei eines oder mehrere Kreuze bekommen kann.
Rosa Stimmzettel listen Bergedorfs Direktkandidaten auf, gelbe zeigen die Bezirksliste der Parteien
Beide Bereiche sind farblich in zwei Hefte aufgeteilt: Rosa steht für den Wahlkreis, gelb für die Bezirksliste. Am Ende ziehen von den Listen die beliebtesten 26 Kandidaten in die 45 Mitglieder starke Bezirksversammlung ein, die restlichen 19 kommen aus Bergedorfs sieben Wahlkreisen. Das sind dann jeweils vier aus den bevölkerungsreichen Kreisen Lohbrügge I und II, Lohbrügge III/Bergedorf I, Bergdorf II und Neuallermöhe. Die beiden Wahlkreise Vierlande und Marschlande stellen dagegen nur drei Direktkandidaten.
Wer am 9. Juni wählen geht, hat dazu von 8 bis 18 Uhr Gelegenheit. So lange sind die 93 über den Bezirk Bergedorf verteilten Wahllokale geöffnet. Jeder Bürger ist jeweils einem ganz bestimmten zugeteilt. Welcher das ist, verraten die Wahlbenachrichtigungen, die ab 3. Mai per Post zugesandt werden.
Briefwahl ist schon ab Montag möglich: in der neuen Wahldienststelle des Bezirks neben Saturn
Mit diesen Karten kann – ebenfalls per Post – auch die Briefwahl beantragt werden. Wer es noch eiliger hat, kommt mit seinem Personalausweis in die Wahldienststelle des Bezirksamts, die ab Montag, 29. April, neben Saturn im CCB-Fachmarktzentrum täglich von 8 bis 16 Uhr und freitags bis 14 Uhr geöffnet ist. Hier ist die Stimmabgabe vom ersten Tag an möglich. Und weil diese Form der vorgezogenen Stimmabgabe immer beliebter wird, hat das Bezirksamt diesmal gleich 45 Briefwahlkreise eingerichtet.
Insgesamt sind in den kommenden Wochen rund 50 Mitarbeiter des Bezirksamtes mit den Wahlen befasst, 16 davon in der Wahldienststelle. Zudem braucht es für die Wahl am 9. Juli und zur Auszählung am Montag danach insgesamt 1100 Wahlhelfer. Noch gibt es dort freie Plätze. Interessierte melden sich online unter www.hamburg.de/wahlhelfende/ an.
Für den Sonntag gibt es je nach Funktion eine Ehrenamtspauschale von 35 bis 65 Euro, am Montag reicht die Skala sogar von 100 bis 120 Euro. Für die Wahlhelfer gilt, dass sie mindestens 16 Jahre alt sein und ihren Wohnsitz seit mindestens drei Monate in Hamburg haben müssen.
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Zur Wahl stellen sich im Bezirk Bergedorf sieben Parteien. Neben den bereits in der Bezirksversammlung vertretenen SPD, CDU, FDP, den Grünen, den Linken und der AfD sind das die Freien Wähler. Alle stellen neben den Listen auch in jedem der sieben Bergedorfer Wahlkreise die Direktkandidaten. Einzige Ausnahme: In den Vierlanden sind die Freien Wähler nicht vertreten. Und in den Marschlanden gibt es auch eine Besonderheit: Dort tritt Sascha Gudat als parteiloser Direktkandidat an.
Insgesamt stellen sich für die Bergedorfer Bezirksversammlung 163 Kandidaten zur Wahl. Die längste List hat die SPD mit 58 Personen eingereicht, die kürzeste stammt von der AfD mit neun Aspiranten. Will eine Partei Listenkandidaten in die Bezirksversammlung bringen, muss sie mindestens drei Prozent der abgegebenen Stimmen erreichen. Daran waren vor fünf Jahren die Freien Wähler gescheitert. Sie erreichten damals nur 2,9 Prozent. Für die Europawahl gilt – möglicherweise zum letzten Mal – keine Sperrklausel. Beide Legislaturperioden betragen fünf Jahre, die nächste Doppelwahl ist 2029.