Billwerder. Der ETSV Hamburg holt 18 Neuzugänge von hoher Qualität. Doch vor dem Start in die Fußball-Oberliga gibt es trotzdem viele Fragezeichen.
Wie soll daraus bloß eine Mannschaft werden? Lediglich fünf Spieler aus dem Aufstiegsteam des ETSV Hamburg, das vor zwei Monaten den Sprung in die Fußball-Oberliga schaffte, stehen noch im Kader für die neue Saison. Dazu kommen 18 Neuzugänge, die sich am Mittleren Landweg erst eingewöhnen müssen. „Ich bin daher froh, wenn wir möglichst schnell mit dem Abstieg nichts mehr zu tun haben“, blickt Sportchef Sascha „Jassi“ Huremovic voraus.
Angesichts der prominenten Verstärkungen ist das aber sicher ein recht bescheidenes Ziel. Eudel Silva Monteiro von Phönix Lübeck, zum Beispiel, bringt die Erfahrung von 74 Regionalliga-Spielen mit und soll der Abwehr Stabilität verleihen. Sogar weit über 200 Regionalliga-Partien hat Marcel Andrijanic absolviert. Vor fünf Jahren spielte er mit dem SV Drochtersen/Assel im DFB-Pokal gegen Bayern München und zeigte Thomas Müller die Grenzen auf. Erst durch ein spätes Tor von Robert Lewandowski kamen die Bayern damals glücklich weiter. An der Seite von Kusi Kwame soll Andrijanic künftig im defensiven Mittelfeld der „Eisenbahner“ eine Doppel-Sechs bilden, die in der Oberliga ihresgleichen sucht.
ETSV Hamburg holt 18 Neuzugänge: Das Beste ist gerade gut genug
Vorne soll Christian Stark wirbeln, der aus der HSV-Jugend stammt und schon beim HSV II, FC St. Pauli II sowie Kickers Offenbach und Rot-Weiß Koblenz ganz dicht dran war am bezahlten Fußball. Der 25-Jährige, an dem auch der FC Chemnitz interessiert gewesen sein soll, führte sich im Testspiel gegen den Bezirksligisten SV Küsten (9:1) gleich mit einem halben Dutzend Treffern ein.
Das gefällt dem neuen Coach Diamantis „Aki“ Cholevas natürlich. „Meine Spielphilosophie ist offensiv“, stellt er klar. „Ich gewinne lieber 5:3 als 2:0.“ Das lässt sich an den jüngsten Testspielen ablesen: Einem 4:3-Erfolg beim Regionalliga-Aufsteiger Eimsbütteler TV folgte ein 11:0 gegen den Landesligisten SSC Hagen Ahrensburg.
Schweißtreibende Tage in Hitzacker sollen die Gemeinschaft festigen
Trotzdem ist Cholevas mit der Vorbereitung alles andere als zufrieden. „Die ist nicht optimal gelaufen, vor allem weil ich selbst wegen der Hochzeit meines Sohnes 13 Tage gefehlt habe“, räumt er ein. So blieb ihm vor allem das viertägige Trainingslager Mitte Juli in Hitzacker, um den Kader zu einer Einheit zusammenzuschweißen. Eine ganz wichtige Zeit für das neu formierte Team sei das gewesen, ist auch Sportchef Huremovic überzeugt. „Das war eine fantastische Zeit. Wir waren jeden Tag von morgens um halb sieben bis abends um elf zusammen“, schwärmt er.
Da jedes Testspiel bei der Teamfindung weiterhilft, treten die „Eisenbahner“ am Dienstagabend noch beim Landesligisten Barmbek-Uhlenhorst (19.30 Uhr, Dieselstraße) und am Mittwochabend beim Lüneburger Landesligisten TuS Neetze (19 Uhr, Bleckeder Landstraße) an, bevor es dann am Sonntag zum Oberliga-Start gegen den USC Paloma geht (16.30 Uhr, Mittlerer Landweg). Die Begeisterung ist groß: Über 100 Dauerkarten zum Preis von 80 Euro hat der ETSV Hamburg bereits verkauft.
Am Sonntag ist die Oberliga-Premiere, doch die Anlage ist eine Baustelle
Das Problem: Der Sportplatz am Mittleren Landweg ist eine Baustelle, auf der es wegen gestiegener Preise seit Monaten nicht voran geht. „Das ist nicht schön, aber verständlich. Wir müssen noch ein bisschen durchhalten“, sagt Huremovic. Er habe sich über diese Problematik am Montag noch einmal intensiv mit der Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann und dem bezirklichen Sportstätten-Manager Fred Osterhage ausgetauscht. „Wir sind in einer sehr positiven und ständigen Kommunikation mit dem Bezirksamt“, betont Huremovic. „Ich bin mehr als zufrieden.“
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Auch wenn in neun Wochen mit den Heimspielen gegen die TuS Dassendorf (15. September) und Altona 93 (6. Oktober) die Partien anstehen, die voraussichtlich auf das größte Zuschauerinteresse stoßen werden, dürfte sich an den Verhältnissen noch nichts gebessert haben. Das gilt vor allem für die Parkplatzsituation. Rund um die Sportanlage stehen nur wenige Plätze zur Verfügung. Wer immer kann, sollte daher besser per S-Bahn anreisen.
Zum 100-jährigen Jubiläum will sich der ETSV in der Oberliga etabliert haben
Auch rund um den Fußballplatz ist es eng, da bislang aus Sicherheitsgründen nur eine Seite des Platzes uneingeschränkt für die Zuschauer zur Verfügung steht. Manches wird sich daher im Lauf der Saison finden müssen. Sportlich hat Trainer Cholevas die Saison in zwei Hälften geteilt. Bis zum Winter werde man sich erst einmal an die Konkurrenz in der Oberliga gewöhnen. „In der Winterpause setzen wir uns dann zusammen, schauen wo wir stehen und formulieren die nächsten Ziele“, erläutert der ETSV-Trainer.
Über allem steht das große Datum: 2024 wird der ETSV Hamburg 100 Jahre alt. Bis dahin wollen die „Eisenbahner“ die sportliche Hierarchie in Fußball-Hamburg weiter ordentlich durchschütteln. Sportchef Huremovic jedenfalls hat schon ganz konkrete Vorstellungen, wo die Reise hingegen soll. „In dieser Saison wollen wir uns erst einmal reinfinden. Es ist ja immerhin das erste Mal, dass der ETSV überhaupt in der Oberliga spielt“, betont er. „Aber in der Spielzeit danach werden wir nicht mehr nach Dassendorf fahren und froh sein, wenn wir dort unentschieden spielen.“