Bergedorf. Der “Elstern“-Verteidiger prägte die Glanzzeit des ASV Bergedorf 85 mit. Einer seiner Höhepunkte war genau vor 61 Jahren.
Das Foto seines Tacklings gegen die HSV-Legende Uwe Seeler hängt seit Jahren vergrößert an der Wand seines Hauses in der Billwerder Straße unweit der Sander Tannen. Ein Geschenk zum 80. Geburtstag. Heinz Weißleder, den alle nur „Johnny“ riefen, war einer der ganz Großen des Bergedorfer Fußballs. Am 5. August ist er im Marienkrankenhaus im Beisein seiner Familie im Alter von 87 Jahren an einer Hirnblutung gestorben.
Der Fußball führte Heinz Weißleder und seine Frau zusammen
„In unserer Familie hat sich immer alles um Fußball gedreht“, sagt der frühere Torhüter des VfL Lohbrügge, Dirk Weißleder, der jüngere der beiden Söhne von Heinz und Helgard Weißleder. Der Fußball war es auch, der seine Eltern zusammenbrachte.
„Mein Vater spielte in den 50er-Jahren für Holstein Kiel, meine Mutter ging immer zu den Spielen und fand ihn toll“, beschreibt Dirk Weißleder. Sie lernten sich kennen und lieben. Als Heinz Weißleder dann beruflich nach Hamburg ging, wo er im Rechenzentrum von Esso arbeitete, ging sie mit.
1961 kam Heinz Weißleder zum ASV Bergedorf 85
Anfang 1961 schloss sich Weißleder dem ASV Bergedorf 85 an. Einen kopfballstarken Verteidiger wie ihn konnten die „Elstern“, die in der Saison 1960/61 nur knapp dem Abstieg entgangen waren, gut gebrauchen.
„Er war ein hervorragender Techniker, der ruhende Pol in unserer Abwehr und stets fair in seinem Urteil“, beschrieb sein damaliger Teamkollege Karl-Heinz Pörschke einmal die Qualitäten Weißleders, den in Bergedorf alle „Johnny“ riefen – in Anlehnung an Schwimm-Olympiasieger und Tarzan-Darsteller Johnny Weißmüller. „Er hat den Spitznamen aber nicht sehr gemocht“, erinnert sich Dirk Weißleder. „Bei uns zu Hause hat ihn niemand so genannt.“
Am 13. August 1961 legendäres Spiel gegen den HSV
Es war der 13. August 1961 – der Tag des Mauerbaus – als 14.000 Zuschauer an die Sander Tannen strömten, um den ASV Bergedorf 85 im Oberliga-Spiel gegen den HSV zu erleben. Die Oberliga, das war damals vor der Einführung der Bundesliga die höchste Spielklasse. Seit 1958 mischten die „Elstern“ dort mit, maßen sich mit Clubs wie Werder Bremen, Holstein Kiel oder dem HSV.
der war an diesem Tag eine Nummer zu groß. Seeler und sein kongenialer Angriffspartner, der gebürtige Glinder Klaus Stürmer, wirbelten die ASV-Abwehr beim 7:1-Sieg der Gäste durcheinander. Es war die höchste Niederlage, die Bergedorf jemals in der Oberliga kassierte – im erfolgreichsten Jahr der Vereinsgeschichte.
Der Zweikampf mit Seeler: War es Elfmeter oder nicht?
Dass die Szene mit dem kürzlich verstorbenen Seeler damals zu einem Elfmeter für den HSV geführt haben soll, konnte Heinz Weißleder nie wirklich nachvollziehen. „Er hat immer gesagt, dass er vor ,Uns Uwe’ am Ball war“, schmunzelt Dirk Weißleder. „Ich habe stets geantwortet: ,Ich glaube, da gibt’s gleich Elfmeter.’“ So oder so: Heinz Weißleders Liebe zum HSV hat die Episode jedenfalls nicht geschadet. Zeitlebens fieberte er mit den Rothosen mit.
Seine Beisetzung findet Ende August im engsten Familienkreis statt.
Info: ASV Bergedorf 85
1885: Der Allgemeine Turnverein (ATV) Bergedorf wird gegründet. Dieser fusioniert 1911 mit dem Arbeiter Turnverein Phönix Sande zur Freien Turnerschaft (FT) Bergedorf-Sande, später FT Bergedorf-Lohbrügge.
20. Januar 1946: Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg als ASV Bergedorf 85.
25. Mai 1958: Durch ein 5:2 gegen den Itzehoer SV steigt der ASV Bergedorf 85 in die Oberliga Nord auf, die höchste Liga.
Saison 1961/62: Der ASV erreicht seine beste Platzierung: Rang neun. Bergedorfs bester Spieler aller Zeiten, Dieter Meyer, erzielt 24 Tore. Mit der Einführung der Bundesliga 1963 wird der ASV zweitklassig.
28. August 1982: Der ASV Bergedorf 85 führt durch Holger Brügmann im DFB-Pokal mit 1:0 gegen Bayern München, verliert 1:5 nach Verlängerung. Weitere Pokalauftritte folgen 1992 (1:3 gegen Bayer Leverkusen), 2003 (1:6/VfL Wolfsburg) und 2008 (1:5/MSV Duisburg), bevor die Finanzierung des Teams 2009 zusammenbricht.