Ochsenwerder/Busan. Ochsenwerder/Busan. Walter Storbeck besitzt eine riesige Sammlung, die nun nach Südkorea umzieht. Dort ist der Experte gern gesehen.

U-Boote faszinieren Walter Storbeck schon sein halbes Leben lang. Speziell die deutschen Untersee-Boote, die im Zweiten Weltkrieg unterwegs waren, haben es dem 68-Jährigen aus Ochsenwerder angetan. Über sie hat er im Laufe der vergangenen 34 Jahre eine riesige Sammlung zusammengetragen. Doch Storbeck will Ballast abwerfen und die Sammlung auflösen. Einen Abnehmer hat er bereits: Il Choi (55), Ex-U-Boot-Kommandant aus Busan im Süden Südkoreas.

Der ehemalige Lkw-Fahrer Storbeck und Choi sind seit fast 20 Jahren befreundet. Der Koreaner arbeitet inzwischen als After Sales Manager in seiner Heimat für den deutschen U-Boot-Hersteller thyssenkrupp Marine Systems (tkMS, ehemals HDW) mit Sitz in Kiel, ist für das Unternehmen oft in Deutschland. „Ich betreue die von Südkorea erworbenen U-Boote, biete auch technischen Support“, sagt er. Die südkoreanische Marine kauft die Innenausstattung samt Torpedos in Deutschland und baut die Hüllen der Boote selbst.

Einer der ersten U-Boot-Fahrer

Choi war als Soldat in den beiden Bootstypen im Einsatz, über die die Marine verfügt – 209 und 214. „Il war einer der ersten U-Boot-Fahrer in Südkorea. In Bootstyp 214 war er sogar der erste Kommandant weltweit“, sagt Storbeck.

Sein Interesse an U-Booten wurde geweckt, als er 1984 in einem Café zufällig mit einem älteren Herrn, Wilhelm Grap (†), ins Gespräch kam. Der gelernte Maschinenschlosser Storbeck, der in jungen Jahren als Ingenieurs-Assistent drei Jahre lang bei der Handelsmarine Karibik und Mittelmeer durchquerte, hörte den Erzählungen des U-Boot-Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg gespannt zu. „Ich habe Herrn Grap sogar besucht, um mehr zu erfahren, mir Bücher über U-Boot-Technik besorgt.“

Hamburger U-Boot-Kameradschaft

Über den Senior lernte Storbeck die Hamburger U-Boot-Kameradschaft kennen, (ehemalige) Soldaten, die sich regelmäßig zum Frühschoppen im Hotel Stadt Altona trafen. „Unter den 30 bis 40 Mitgliedern war ich der einzige Nicht-U-Boot-Fahrer“, sagt er. Storbeck traf dort vor 18 Jahren auch Choi. Der war seit 1990 häufig in Deutschland für seine Aus- und Weiterbildung zum U-Boot-Fahrer.

Inzwischen war Storbeck dreimal zu Besuch bei Choi in Korea, bei großen Feiern, etwa als der Soldat befördert wurde. „Walter ist sehr bekannt unter den U-Boot-Soldaten in meiner Heimat“, sagt Choi. „Dort hat er den Ruf eines hervorragend informierten Beraters. Wenn Walter in Korea ist, kommen alle U-Boot-Leute und wollen mit ihm ein Bier trinken.“ Storbeck hat dort auch in Schulen Vorträge über U-Boote gehalten. Chois älteste Tochter fungierte als Übersetzerin. Wenn der Koreaner für tkMS in Kiel oder Hamburg tätig ist, besucht er auch seinen alten Freund in Ochsenwerder. „Wenn möglich, nehme ich mir auch Urlaub.“

Modell fürs Museum

Bis vor drei Jahren hatte Storbeck auch zahlreiche U-Boot-Modelle, Wappen, Flaggen, Postkarten mit Bordstempeln, Hefte, Zeitschriften und historische Fotografien. Er spendete seine Sammlerstücke seinem koreanischen Kumpel, der damit eine Art Museum in dem Marinestützpunkt nahe Busan (vier Millionen Einwohner), der zweitgrößten Stadt Südkoreas bestückt. Im Marine-Museum in Stralsund lagern inzwischen die Dokumente, die der 68-Jährige über Jahre zu Kriegsschiffen im Ersten Weltkrieg zusammengetragen hat.

Doch Fachbücher und Unterlagen zu jedem deutschen U-Boot im Zweiten Weltkrieg füllen nach wie vor Storbecks Regalwände am Ochsenwerder Norderdeich. „Ich habe viel recherchiert und notiert“, sagt er. Anhand kompletter Besatzungslisten lassen sich die Schicksale der Soldaten nachlesen, die in den Untersee-Booten die Weltmeere durchkreuzten.

Dokumenten-Sammlungen vererbt

Viel Mühe machten sich auch Sammler wie Klaus Kika aus Horbach in Hessen. Sie vererbten Storbeck ihre Dokumenten-Sammlungen – „mit der Auflage, die Sammlung beisammenzuhalten und zu ergänzen“. Diese Aufgabe übernimmt nun Il Choi.

Der Koreaner möchte in einigen Jahren, „wenn ich in Rente gehe“, ein U-Boot-Institut gründen. „Dort soll Forschung betrieben werden können“, sagt er. Derzeit suche er nach einem geeigneten Raum.

Mehr als 36.000 Negative

Storbeck, der auch Material von früheren U-Boot-Fahrern aus Hamburg anvertraut bekam, hat im Laufe der Jahrzehnte etliche Bilder, die er in die Finger bekam, abfotografiert und die Reproduktionen archiviert. Er verfügt über mehr als 36.000 Negative dieser reproduzierten Fotografien.

Seine Sammlung erhält Choi „zum Freundschaftspreis im unteren fünfstelligen Bereich“. Schließlich sei Storbeck froh, wenn er in seiner Wohnung wieder mehr Platz habe, betont er. „Meine Frau und ich werden umziehen. Dann kann ich nicht alles mitnehmen.“ Er wisse die Sammlung bei Choi in guten Händen. Außerdem kann er seine umfangreichen Schätze jederzeit wiedersehen: „Walter ist bei uns stets willkommen“, sagt der Koreaner.