Ochsenwerder. Der 62-Jährige wirkt jetzt in der Gemeinde St. Pankratius. Warum er sich auch mit Verschwörungstheorien gut auskennt.
Mit Glauben und Co. hatte sie bisher eigentlich nie viel am Hut gehabt. Doch das ist nun plötzlich ganz anders. Ständig sitzt sie vor dem Computer, tauscht sich dort über ihre neuen Interessen aus, während sie sich von ihren Freunden und ihrer Familie immer mehr distanziert. Ist das nun eine Entwicklung, die im Laufe des Lebens passieren kann? Oder ist sie etwa in Gefahr? Um in so einem Fall Antworten und Hilfe bei der Einordnung zu bekommen, wäre ein Anruf bei Jörg Pegelow genau die richtige Wahl.
Denn der 62-Jährige beschäftigt sich seit mehr als 30 Jahren mit religiösen und weltanschaulichen Gruppen und Gemeinschaften: Ob christlicher Fundamentalismus oder christliche Sondergemeinschaften (sogenannte „Sekten“), buddhistische und hinduistische Gruppen, Esoterik, Psycho-Organisationen (wie Scientology), Atheismus, Neuheidentum bis hin zum Rechtsextremismus und Verschwörungsvorstellungen. „Es gibt ein unendlich breites Spektrum. Es vergeht kaum eine Woche, in der mir nicht eine Gruppe genannt wird, von der ich noch nie zuvor etwas gehört habe“, sagt Jörg Pegelow, seit 2011 Weltanschauungsbeauftragter der Nordkirche. Den Anstoß dazu habe vor mehr als 30 Jahren Scientology gegeben, die Anfang der 1990er-Jahre in der Innenstadt sehr offensiv für ihre Persönlichkeitstests warben. Heute spiele die religiöse Bewegung in Hamburg und Umgebung mit etwa 300 Mitgliedern keine große Rolle mehr. „Es gibt andere Themen die viel wichtiger sind“, sagt Jörg Pegelow.
Pastor bleibt solang, bis Pfarrstelle wieder besetzt ist
Meist ließen sich die neuen Gruppen schnell einordnen und seien oftmals auch nicht so problematisch. Eine Gemeinschaft zu befrieden sei ihm in jedem Fall lieber, als wenn er mitteilen muss, dass es Konflikte geben könnte, erklärt Jörg Pegelow, der nun einen weiteren Dienstauftrag erfüllt: Seit Mitte Januar ist der 62-Jährige Vertretungspastor in Ochsenwerder. Er wird die Gemeinde erstmal auf unbestimmte Zeit durch die Vakanz führen, bis die Pfarrstelle wieder besetzt ist. Pastor Andreas Meyer-Träger hatte die Gemeinde zum 1. Januar auf eigenen Wunsch verlassen. Neben Amtshandlungen wie Taufen, Trauungen und Trauerfeiern wird Jörg Pegelow auch im Kirchengemeinderat mitarbeiten, gemeinsam mit Uta Leber die Konfirmanden betreuen und natürlich Gottesdienste gestalten. Dabei legt er Wert darauf, die biblische Überlieferung im Blick auf die heutige Zeit so zu vermitteln, dass sich etwas daraus ableiten lässt für das Leben, den Glauben und die anstehenden Aufgaben, die Menschen sich dabei nicht allein, sondern gehalten und geborgen fühlen.
Sein erster Gottesdienst in St. Pankratius liegt nun knapp eine Woche zurück. „Es ist eine wunderschöne Kirche mit einer großartigen Orgel“, schwärmt der Pastor über das 1674 erbaute Gotteshaus mit seiner mehr als 300 Jahre alten Orgel von Arp Schnitger am Alten Kirchdeich. Und auch die Bewohnerinnen und Bewohner des Dorfes, denen er bisher in der kurzen Zeit in Ochsenwerder begegnet sei, hätten ihn überzeugt: „Ich habe sehr freundliche und offene Menschen kennengelernt, die sich freuen, dass es in der Gemeinde weitergeht und bereit sind, mich beim Eingewöhnen zu unterstützen“, sagt Jörg Pegelow. Vorneweg Werner Sannmann, der als engagierter Vorsitzender des Kirchengemeinderats wohl jeden Weg und Steg des Dorfes kenne. „Das ist ausgesprochen hilfreich“, sagt der Pastor, der am Sonntag, 29. Januar, 10 Uhr, seinen zweiten Gottesdienst in Ochsenwerder gestalten wird.
Die Cyclassics führten ihn schon mal an den Rand des Landgebiets
Das bedeutet aber nicht, dass Jörg Pegelow nun jeden Sonntag auf der Kanzel stehen wird, sondern er werde auch von weiteren Kolleginnen und Kollegen unterstützt. Dazu zählt auch Annette Sandig, die nicht nur in den Vier- und Marschlanden bereits bestens bekannt ist, sondern die auch Jörg Pegelow bereits vom Vertretungsdienst des Kirchenkreises kennt und sich sehr gefreut habe, sie in Ochsenwerder wiederzutreffen. „Wir werden dafür sorgen, dass die Gemeinde gut versorgt bleibt“, sagt der 62-Jährige. Er war in den vergangenen sechs Jahren in zwölf verschiedenen Gemeinden im Vertretungsdienst tätig, darunter Alsterdorf, Ohlsdorf-Fuhlsbüttel, Dulsberg, Fahrendorf und Bagteheide.
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Bis in den Südosten der Stadt war der gebürtige Hamburger, der seit 1990 in Pinneberg wohnt und dort auch mehr als 20 Jahre Gemeindepastor war, bisher nur vor einigen Jahren als Teilnehmer der Cyclassics vorgedrungen. Dabei streifte er auch die Vier- und Marschlande am Rande, erinnert sich der 62-Jährige, der noch immer begeistert Rennrad fährt – „aber nicht bei so eisigen Temperaturen. Im März oder April steige ich bestimmt wieder auf den Sattel“, sagt der Vater einer Tochter und eines Sohns.