Hamburg. Online-Ausstellung zeigt 21 Menschen und ihre Familiengeschichte. Es sind Nachkommen von Opfern und Tätern des Nationalsozialismus.
Vor 77 Jahren ist in Europa der Zweite Weltkrieg zu Ende gegangen. Die Zeit des Nationalsozialismus hinterließ weltweit Spuren, die bis in die Gegenwart reichen. In der deutschen Öffentlichkeit ist das Gedenken an die nationalsozialistischen Verbrechen inzwischen fest etabliert.
In den meisten Familien sind dagegen die Erfahrungen und Taten der Großeltern- und Urgroßeltern kein Thema. Zugleich finden die Nachkommen von NS-Verfolgten und Menschen mit einer eigenen oder familiären Zuwanderungserfahrung oft kaum Gehör.
KZ-Gedenkstätte Neuengamme: Projekt „Jugend erinnert“
Eine neue Online-Ausstellung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme will das nun ändern: Sie stellt Menschen aus unterschiedlichen Ländern vor, deren Verwandte aus antisemitischen, rassistischen, politischen oder anderen Gründen verfolgt wurden. Aber auch Menschen, deren Verwandte Zuschauer, Profiteure oder Täterinnen und Täter waren, erzählen von ihrer Geschichte und dem Einfluss auf ihr heutiges Handeln.
Das Projekt wurde im Rahmen des dreijährigen Programms „Jugend erinnert“ der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien gefördert. „Die Frage ‘Was hat das mit mir zu tun?’ stellen viele junge Menschen, wenn sie sich mit dem Nationalsozialismus und dem Zweiten Weltkrieg befassen sollen“, erklärt Projektmitarbeiterin Natascha Höhn und fügt hinzu: „Durch die Berichte der in der Ausstellung porträtierten Personen erkennen sie, dass die Familiengeschichten vielfältige biografische Brücken zwischen Vergangenheit und Gegenwart schlagen, die sich lohnen erforscht und reflektiert zu werden. Die Geschichten motivieren auch dazu, sich gesellschaftlich zu engagieren.“
Sich mit seiner Familiengeschichte zu beschäftigen, sollte nichts Besonderes sein
Sich mit seiner Familiengeschichte zu beschäftigen, sollte nichts Besonderes sein, findet Julia Gilfert, Enkelin eines Opfers der NS-„Euthanasie“-Morde: „Denn wir alle haben Familiengeschichten, wir alle können diese erforschen. Die Menschen vor uns haben Spuren hinterlassen – mal mehr, mal weniger, was auch den unterschiedlichen Umständen geschuldet ist – und das wirft doch die Frage auf: Was haben sie an mich weitergegeben? Und welche Spuren werde oder will ich hinterlassen?“
- KZ-Gedenkstätte Neuengamme: Statue zerstört – der Schock sitzt tief
- KZ Gedenkstätte: Wie es ist, im Workcamp zu leben und zu arbeiten
- Von Wrochem leitet die Hamburger Gedenkstätten-Stiftung
Zu der Online-Ausstellung wurden auch Bildungsmaterialien für die pädagogische Arbeit an Schulen und außerschulischen Lernorten entwickelt. Sie enthalten inklusive, niedrigschwellige und spielerische Übungen zu den Themen der Online-Ausstellung. Ab Mitte Dezember wird das Material auf der Webseite zum Download bereitstehen. Hier geht es zur Online-Ausstellung.