Hamburg. Detlef Garbe hat sich für die Erinnerungskultur engagiert. Jetzt geht der langjährige Leiter der KZ-Gedenkstätte in den Ruhestand.

In den vergangenen Jahrzehnten hat er sich unermüdlich für die Erinnerungskultur in Hamburg verdient gemacht. Er hat zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten publiziert und die KZ-Gedenkstätte Neuengamme zu dem gemacht, was sie heute ist. Nun wird es Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen: Prof. Dr. Detlef Garbe geht in den Ruhestand. Am Donnerstag, 30. Juni, ist sein letzter Tag an dem Ort, der 33 Jahre lang seine Wirkungsstätte war.

Damit war Detlef Garbe, der im August seinen 66. Geburtstag feiert, fast genau die Hälfte seines Lebens in Neuengamme beschäftigt. Seit 1989 leitete er die KZ-Gedenkstätte und begleitete in den vergangenen Jahren die Umwandlung in eine selbstständige Stiftung, der er seit 2020 vorsteht. 2019 verlieh ihm der Hamburgische Senat den Ehren­titel Professor für seine großen Verdienste um die Erinnerungskultur in Hamburg.

1989 hat er in Neuengamme angefangen

Detlef Garbe wurde in Göttingen geboren, studierte Geschichte, Religion und Erziehungswissenschaften an der Universität Hamburg. 1982 gehörte er zu den Gründern der Projektgruppe für die vergessenen Opfer des NS-Regimes. Seine Promotion zur Geschichte der Zeugen Jehovas im Dritten Reich gilt als Standardwerk zur Verfolgungsgeschichte religiöser Minderheiten.

Als er 1989 in Neuengamme anfing, erinnerten nur die Hohe Stele und das Dokumentenhaus an die grausame Vergangenheit des Geländes, wo zu dem Zeitpunkt noch zwei Gefängnisse untergebracht waren. Nur mit viel Geduld und dem unermüdlichen Einsatz der Überlebendenverbände gelang es, dass das Gelände zur Gedenkstätte wurde. „Es ist mir in all den Jahren keinen Tag langweilig gewesen“, sagt Detlef Garbe. Das sei ein großes Privileg, auch wenn die Arbeit natürlich nicht immer nur von Freude geprägt war.

Freundschaft mit Überlebenden war das wertvollste Geschenk

Besonders wertvoll war für Detlef Garbe die Bekanntschaft zu vielen Hunderten Überlebenden, aus denen nicht selten Freundschaften entstanden sind. Diese Menschen, die über Monate und auch Jahre an der Grenze zwischen Leben und Tod gelebt hätten, hätten ein anderes Verhältnis zum Leben, würden es anders zu schätzen wissen. Das habe ihn sehr berührt. „Diese Freundschaften waren ein großes Geschenk, das alles überstrahlte“, sagt Detlef Garbe. Fast alle von ihnen leben nicht mehr, „doch mein Dank gilt mein Leben lang“.

Ort und auch Organisationsstruktur der Gedenkstätte änderten sich in den vergangenen 33 Jahren stark: Bis 1999 gehörte die Gedenkstätte zum Museum für Hamburgische Geschichte, danach zur Kulturbehörde und ist nun Stiftung. Bis vor der Pandemie gab es jedes Jahr einen leichten Zuwachs der Besucherzahl, lag sie bei 100.000 Besuchern in Neuengamme, weitere 30.000 besuchten die Außenstellen, davon etwa 50 Prozent Einzelbesucher. „Das wurde von der Pandemie heftigst unterbrochen“, berichtet Detlef Garbe. Bislang seien etwa 75 Prozent wieder erreicht.

In Neuengamme wird er nicht mehr als „aktiver Spieler“ auftreten

Doch er ist überzeugt, dass das Team – 54 Beschäftigte, davon einige zeitlich befristet oder in Teilzeit – hochmotiviert ist und die Gedenkstätte gut in die Zukunft führen wird. Daher fiele es ihm auch relativ leicht, seine Stelle zufrieden zu verlassen. Trotzdem wird er einen harten Strich ziehen: „Auch wenn ich mich weiterhin in Gremien und wissenschaftlichen Projekten für die Erinnerungskultur engagieren werde, werde ich in Neuengamme nicht mehr als aktiver Spieler auftreten. Ich denke, dass ist wichtig, damit die Menschen, die auf mich folgen, auch Luft holen können“, sagt der 65-Jährige.

Er freue sich nun auf mehr Zeit mit Frau und Tochter – und vor allem auf Reisen und Kontaktpflege: „Ich habe viele Menschen, die mir wichtig sind, in all den Jahren vernachlässigt. Für sie will ich mir nun viel Zeit nehmen“, sagt Detlef Garbe.