Hamburg. Jörg Ehrnsberger (46) aus Neuengamme hilft Schreibbegeisterten, ihre eigenen Geschichten selbst schön aufzuschreiben.

Das Schreiben von Kurzgeschichten und Romanen sei in Deutschland lange Zeit „Genies, die vom Himmel gefallen sind“ überlassen worden, weiß Jörg Ehrnsberger. Anfänger, die nicht gleich einen Bestseller landeten, seien belächelt worden. Erst in den vergangenen 20, 30 Jahren habe sich die Grundhaltung hierzulande verändert. Inzwischen würde an diversen Universitäten Kreatives Schreiben als Studiengang für angehende Schriftsteller angeboten, gebe es viele Angebote für Menschen, die das Handwerk eines Autors erlernen wollen.

Jörg Ehrnsberger ist selbst Schriftsteller und hat hat in den vergangenen 20 Jahren mehr als ein Dutzend Sachbücher veröffentlicht. Der in Neuengamme lebende 46-Jährige leitet als Trainer für Storytelling aber auch Workshops. Mehr als 200 seien es seit der Premiere 1999 bisher gewesen. Die nächste Schreibwerkstatt bietet er am Sonnabend, 11. September, in der Zentralbibliothek am Hühnerposten 1 an.

Neuengammer bietet Schreibwerkstatt in Hamburg an

„Die Ratgeber für das Storytelling standen damals in der allgemeinen Selbsthilfe-Ecke, neben Büchern zu Übergewicht und Töpfern. Heute gibt es dafür eine eigene Abteilung“, sagt Ehrnsberger. „Damals wurde belächelt, wer ein Buch schreiben wollte und kein ausgewiesenes Genie war.“ Im englischsprachigen Raum sei der Umgang mit neuen Autoren schon immer entspannter gewesen, berichtet der 46-Jährige. „Dort sind Workshops kein Makel, im Gegenteil.“

Es geht nicht darum, Bestseller-Autor zu werden, sondern Spaß zu haben

Dabei sei es wichtig, die Basics, quasi das Handwerk zu erlernen. „Es gibt Tipps und Tricks und durch Schreib-Erfahrung wird man meist auch besser.“ Ehrnsberger vermittle in seinen Workshops das Verständnis grundlegender Textstrukturen, den Aufbau von Storys. „Besonders wichtig beim Schreiben ist, immer an den Leser zu denken.“ Durch den aufgeschlosseneren Umgang mit dem Erlernen der Basics hierzulande und aufgrund der nun zur Verfügung stehenden technischen Mittel sei auch Self-Publishing, das Veröffentlichen von Büchern im Selbstverlag, immer populärer.

Blick in eine Abteilung der Zentralbibliothek der Bücherhallen Hamburg am Hühnerposten.
Blick in eine Abteilung der Zentralbibliothek der Bücherhallen Hamburg am Hühnerposten. © dpa

Es gehe den Teilnehmern der Workshops „nicht darum Bestsellerautor zu werden, sondern darum, eine gute Zeit zu haben, zu lernen und Spaß zu haben“, betont der Profi. „Ein Kind lernt das Flötespielen ja auch nicht, um ein Weltklasseflötist zu werden. Es hat Spaß an der künstlerischen Betätigung.“ Einige Teilnehmer sagen nach der Schreibwerkstatt, dass sie nun wüssten, dass Schreiben nicht ihr Ding sei und es sie zu sehr anstrengen würde, berichtet Ehrnsberger. „Aber sie sind froh, es zumindest ausprobiert zu haben.“

Die meisten würden auch weitermachen. Sie hätten genug Lust und auch Durchhaltevermögen, um sich mit Texten „und dadurch auch mit sich selbst“ ausein­anderzusetzen. Denn die persönliche Weltsicht schlage sich in jedem Text nieder, meint Ehrnsberger. „Schließlich sieht jeder die Welt anders, auch wenn es in vielen Bereichen große Schnittmengen gibt.“ Was in unserem Kopf schon drin sei, betont der Storytelling-Experte, „fließt auch auf das Papier.“

Von Schreibwerkstätten profitieren Teilnehmende ebenso wie der Leiter

Viele Autoren böten Schreibwerkstätten an, sagt Ehrnsberger, weil nur wenige von den Veröffentlichungen ihrer Bücher leben können. Er grenzt sich von ihnen ab: „Ich habe mir im Laufe vieler Jahre eine starke Vermittlungskompetenz aufgebaut.“ Schreiben sei ein einsames Geschäft und in den Schreibwerkstätten lerne auch er als Leiter viel. „Ich entwickle Texte gemeinsam mit anderen. Das ist ein gemeinsamer Prozess, ein kreativer Austausch, der mir gut gefällt.“

Zu seiner ersten Schreibwerkstatt habe ihn eine Germanistikdozentin an der Uni Osnabrück motiviert. Ehrnsberger studierte dort Germanistik und Biologie. So habe er seinen ersten Workshop noch vor seinem Examen geleitet. „Das war gar nicht erlaubt, deshalb war offiziell die Professorin als Leiterin im Vorlesungsverzeichnis aufgeführt.“ Ehrnsbergers Abschlussarbeit an der Uni widmete sich Texten von der Antike an, etwa der Poetik von Aristoteles. In seinem Buch „Literarisches Schreiben“ (2005) analysiert er die alten Texte, arbeitet praktische Tipps heraus und macht sie für den Leser nutzbar. „Aristoteles hat alles, was man über das Schreiben wissen muss, damals schon gesagt.“

Schreibwerkstatt zu Bäumen in den Vier- und Marschlanden

Ehrnsberger leitet vor allem größere Workshops, die über mehrere Monate gehen. Die Teilnehmer widmen sich mit ihren Kurzgeschichten in der Regel realen Orten, deren Geschichte sie – oft mit Hilfe einheimischer Kenner – recherchieren. An mehreren Wochenenden werden die Plots gemeinsam entwickelt und die Storys bearbeitet, zwischendurch arbeiten die Autoren allein an ihren Kurzgeschichten. „In Kooperation mit einem Grafiker und/oder Verlag wird dann ein Buch daraus, das in einer Auflage von 1000 bis 2000 Exemplaren erscheint.“ Vor Ort seien diese Bücher nämlich sehr gefragt.

Gemeinsam mit dem Journalisten Dr. Thorsten Stegemann plant Ehrnsberger nun gleich mehrere Workshops an verschiedenen Orten zum Thema Bäume „und damit auch zu Natur und Klimaschutz“. Auch in den Vier- und Marschlanden sollen sich Teilnehmer einer Schreibwerkstatt tatsächlich existierenden Bäumen widmen. „Wir suchen nun einen Träger, etwa eine Stiftung oder einen Verein, den das Thema interessiert.“

2022 sollen die Workshops starten. Auch die Teilnahme an den großen Schreibwerkstätten sei kostenlos oder gegen eine geringe Schutzgebühr. Die Finanzierung wird von Stiftungen oder anderen Sponsoren übernommen. Wer sich für das Projekt interessiert, erreicht Ehrnsberger per E-Mail an joerg@storytelling.coach. „Interessierte können sich jetzt schon anmelden. Ich halte sie dann auf dem Laufenden.“

Teilnahme an den Schreibwerkstätten ist kostenlos

Für die Schreibwerkstatt am Sonnabend, 11. September, 14 bis 18 Uhr, sind nur noch wenige Plätze frei (maximal zwölf Teilnehmer). Während es am 11. September allgemein um das Schreiben einer Kurzgeschichte geht, schreibt jeder Teilnehmer des Workshops in der Zentralbibliothek am Sonnabend, 13. November, 14 bis 18 Uhr, eine Weihnachtsgeschichte. „Dann muss man keine Socken verschenken“, sagt Ehrnsberger. Die Bücherhalle sei auch „ein toller Ort, an dem man inmitten zigtausender Bücher lernen kann“.

Die Teilnahme an den Schreibwerkstätten ist kostenlos. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich. Anmeldung per E-Mail an kundenservice@buecherhallen.de.