Hamburg. In Rheinland-Pfalz wachsen bereits Äpfel unter Agri-PV-Anlagen. Jetzt planen Landwirte in Hamburg ein ähnliches Projekt.
Auf einer etwa 1,5 Hektar großen Fläche am Brennerhof sollen künftig Blumen und Gemüse unter einem Photovoltaik-Dach angebaut werden. Die Landwirtschaftskammer Hamburg möchte dort den Einsatz einer sogenannten Agri-PV-Anlage testen, wie Landwirtschaftskammer-Präsident Andreas Kröger und Geschäftsführerin Nadine Eckhoff nun vorstellten.
Agri-Photovoltaik bezeichnet ein System, bei dem dieselbe Fläche kombiniert genutzt wird: primär für die landwirtschaftliche und gartenbauliche Produktion und sekundär für die Stromerzeugung. So eine Anlage habe man sich bereits im Herbst 2021, also noch vor Beginn des Ukrainekrieges und Energiekrise, bei einem Hersteller in Brandenburg angesehen und als interessant für Hamburg befunden, berichtet Andreas Kröger.
Photovoltaik: Test mit Agri-PV-Anlage in Moorfleet geplant
Denn um die Klimaschutzziele zu erreichen und unabhängig von fossilen Energieimporten zu werden, soll der Anteil Erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 auf mindestens 80 Prozent steigen. Im Jahr 2022 lag er bei 46,2 Prozent, sodass sich ihr Anteil also innerhalb von weniger als zehn Jahren fast verdoppeln muss. Wind- und Solarenergie müssen laut Bundesregierung dreimal schneller als bisher ausgebaut werden – zu Wasser, zu Land und auf dem Dach.
Um die Menge der Fläche, die für Solarenergie gebraucht wird, bereitstellen zu können, würden Dächer bei weitem nicht ausreichen, weiß Andreas Kröger. „Das geht nur mit landwirtschaftlicher Fläche“, erklärt der Präsident der Landwirtschaftskammer. Dabei könne es aber „kein-Entweder-oder“ geben: „Der Flächenkonkurrenz zwischen Photovoltaikanlagen und der des Gartenbaus soll entgegengewirkt werden“, betont Kröger.
Anbau von Blumen und Gemüse soll getestet werden
In Rheinland-Pfalz oder auch in der Schweiz werden Agri-PV-Anlagen bereits in der Praxis getestet. Während es dort um den Anbau von Obst wie Beeren, Apfel oder Birnen geht, soll in Moorfleet der Einsatz an Kulturen getestet werden, die in den Vier- und Marschlanden angebaut werden, wie Zierpflanzen und Gemüse, erklärt Andreas Kröger. An Stauden, Freilandrosen, Dahlien sowie Schnittgehölzen oder auch Salaten, Schnittkräutern oder Dauerkulturen wie Rhabarber soll geprüft werden, ob und wie sich die Blätter und Pflanzen unter dem Solardach entwickeln.
Zudem soll untersucht werden, wie die Anlage bei Extremwetterereignissen wie Hagel, Frost oder Starkregen Schutz bieten kann, sich auf den Wasserbrauch oder Verdunstung auswirkt. Auch mit dem Pflanzenschutzdienst, der ebenso im Grünen Kompetenzzentrum in Moorfleet ansässig ist, wolle man zusammenarbeiten und überprüfen, ob der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln unter einer Agri-PV-Anlage verringert werden könnte.
Lokalpolitik sagt interfraktionelle Unterstützung zu
Die Agri-PV-Anlagen könnten nicht nur eine zusätzliche Einnahmequelle für Landwirte darstellen, sondern die gewonnene elektrische Energie würde neben der Produktion auch in anderen Bereichen genutzt werden, etwa im Einsatz von Elektrofahrzeugen oder im Gewächshaus.
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Gern würde die Landwirtschaftskammer den Test schnellstmöglich in die Tat umsetzen. Bis dahin habe man allerdings noch ein bisschen was vor sich, erklärt Andreas Kröger. Schließlich müssten nicht nur Genehmigungen eingeholt, sondern auch die Finanzierung geklärt werden. Denn solch ein Test müsse wissenschaftlich begleitet und ausgewertet werden, um den hiesigen Landwirten im Anschluss auch verlässliche Daten liefern zu können. Die Umweltbehörde (Bukea) habe eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben.
Das sei allerdings mit dem vorhandenen Personal keineswegs zu stemmen, betont Geschäftsführerin Nadine Eckhoff. Die Lokalpolitik kündigte an, das Vorhaben interfraktionell unterstützen zu wollen. Voraussichtlich nach den Sommerferien wolle man sich noch einmal zusammensetzen, um zu klären, wie die Politik tätig werden kann.