Hamburg. Ernst Mohnike (77) ist sauer: Am Richard-Linde-Weg tut sich seit Monaten nichts. Was Stromnetz Hamburg dazu sagt.
Diese Baustelle am Richard-Linde-Weg/Marnitzstraße in Lohbrügge sieht wirklich schwer nach Arbeit aus. Viele Bauzäune sind aufgestellt, der Boden ist aufgebuddelt, dicke Kabel liegen in der Erde. Doch Anwohner Ernst Mohnike muss schon ziemlich in seinem Gedächtnis kramen, um sagen zu können, wann er hier zuletzt einen Bauarbeiter gesehen hat. „Das ist wohl ein Jahr her“, tippt er. Mindestens.
Der Lohbrügger ärgert sich, dass Stromnetz Hamburg hier und an weiteren Orten in den umliegenden Straßen meterweise Gehwege aufgerissen hat, Leitungen verlegte – und nun teilweise seit Monaten nicht zu sehen ist. Schon im vergangenen Jahr hat er sich deshalb zweimal an Stromnetz Hamburg gewandt – und unter anderem die Info bekommen, dass noch auf einzelne Genehmigungen gewartet werde. „Aber wer fängt denn ohne Genehmigung an zu bauen?“, wundert er sich. Nun lägen hier ungeschützt dicke Leitungen in der offenen Erde.
Baustelle in Lohbrügge ist seit einem Jahr verwaist
Der ehemalige FDP-Bezirksabgeordnete ärgert sich, dass die Baustellen ganze Gehwege blockieren. Wer hier mit Rollator oder Kinderwagen vorbei müsse, habe ein Problem. Und am Übergang zur Lohbrügger Landstraße verhindere die Baustelle eine gute Einsicht beim Abbiegen. Der 77-Jährige zeigt auf ein Einfamilienhaus, dessen Zugang nur über eine wackelige Metallplatte möglich ist, die über der Baugrube liegt. „Und das kann auch nicht so toll sein, ein Jahr mit dieser Behelfsbrücke zu leben“, vermutet er.
Ernst Mohnike kann sich nicht vorstellen, dass Stromnetz Hamburg tatsächlich noch, wie ihm geschrieben wurde, auf irgendwelche Genehmigungen wartet – „so lange dauert das nicht“. Und tatsächlich geht es allenfalls mal im Einzelfall noch um zusätzliche Genehmigungen an einer Baustelle, etwa wenn Baumbestand betroffen ist, sagt Anette Polkehn-Appel, Sprecherin von Stromnetz Hamburg. Sie verspricht: „Auch wenn es so aussieht, als würden wir nicht bauen: Weit gefehlt.“
Die vielen Baustellen sind Teil eines großen Ganzen
Denn die vielen einzelnen Baustellen in den umliegenden Straßen seien Teil eines großen Ganzen, gehören also zusammen, sagt sie. Überall in Hamburg und auch in Bergedorf werden derzeit Leitungen erneuert oder ausgebaut. In Lohbrügge ist Stromnetz Hamburg aktuell in mehreren Straßen beiderseits der B5 aktiv. Hier werden neue Mittel- und Niederspannungsleitungen verlegt. Die modernen Leitungen ersetzen oft alte Hausanschlüsse, die nicht mehr dem Stand der Technik entsprechen.
Weil die neuen und extrem dicken Kabel auf riesigen Trommeln liegen und möglichst in einem langen Stück – also ohne viele Verbindungsstellen (Muffen) – verlegt werden sollen, wird parallel an mehreren nebeneinander liegenden Orten gebuddelt. Eine Baugrube erscheine also verwaist, obwohl zwei Abschnitte weiter emsig gearbeitet werde, sagt sie. Oft fehle in den offenen Baugruben dann nur noch der Anschluss der Kabel, so Anette Polkehn-Appel. Strom sei bis dahin natürlich nicht auf den Leitungen.
Auch Stromnetz Hamburg hatte mit Krankheitsausfällen zu kämpfen
Die Sprecherin räumt allerdings ein, dass es an einzelnen Baustellen trotzdem mal zu Verzögerungen komme. Auch bei Stromnetz Hamburg habe es beispielsweise coronabedingte Krankheitsausfälle gegeben. Und weil die meisten Stromleitungen in Hamburg unter Gehwegen liegen, könne es auch schon mal planerisch „eine große Herausforderung“ sein, den Zeitplan einzuhalten, etwa wenn der angrenzende Baumbestand geschützt werden muss. Für Lohbrügge sei das Ende der Baustellen aber absehbar, sagt die Sprecherin: „Wir wollen bis Ende des Jahres durch sein – vielleicht auch schon etwas früher.“
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Dann allerdings werde an anderer Stelle weitergebuddelt. Denn perspektivisch brauche Hamburg noch viel mehr Leitungen, weil künftig „auch noch viel mehr elektrische Energie benötigt wird“. Der energetische Umbau vieler Häuser weg vom Gaskessel hin zu Luft-Wärme-Pumpen bringt das mit sich – denn diese Geräte laufen mit Strom.