Hamburg. Michael Reuland arbeitete als Architekt im gehobenen Management. Heute macht er Saft und Kompott – und ist zufriedener denn je.

Viele prächtige Früchte trug der Apfelbaum in ihrem Vorgarten im Bergedorfer Villengebiet. Die Äpfel verkommen zu lassen, wäre viel zu schade gewesen, erinnert sich Michael Reuland an diesen Spätsommer vor acht Jahren zurück. Und so wurden die Früchte gepflückt und zu Saft gepresst.

Die 20 Liter reichten gerade mal für eine Woche. Dann hatte die vierköpfige Familie den köstlichen Saft bis auf den letzten Tropfen ausgetrunken. „Also musste es im nächsten Jahr mehr werden“, erinnert sich Michael Reuland. Zwölf Monate später hielten 50 Liter immerhin schon einen Monat – und in Michael Reuland reifte die Idee der Selbstversorgung heran.

Mit 50 in den Ruhestand: Aus einem Topmanager wurde ein Vierländer Obstbauer

Aus dieser Idee ist mittlerweile die kleine Vierländer Obstmanufaktur entstanden – „und aus einem Manager wurde ein kleiner Saftmacher“, stellt Michael Reuland fest. Der Bergedorfer, der in Neubörnsen aufgewachsen und auf dem Hansa-Gymnasium zur Schule ging, war mehr als 20 Jahre als Architekt im gehobenen Management in internationalen Konzernen tätig, bis er einen Neuanfang wagte und zum Obstbauern aus Leidenschaft wurde.

Streuobstwiese der Vierländer Obstmanufaktur auf dem Krauel.
Streuobstwiese der Vierländer Obstmanufaktur auf dem Krauel. © Lena Diekmann

Er habe bereits früh im Leben den Masterplan gehabt, mit 50 Jahren in Ruhestand zu gehen. Diesen Plan habe er intensiv verfolgt, darauf hingearbeitet und sich selbst reflektiert, ob der Plan aufgehen würde – das tat er. Mit 51 Jahren ist er noch an zwei halben Tagen in der Woche in seinem alten Beruf tätig – und sonst meistens zwischen Obstbäumen und Beerensträuchern zu finden.

140 Obstbäume und 300 Beerensträucher auf dem Krauel

Er habe sich häufig selbst die Frage gestellt: „Was macht mich zufrieden im Leben?“ Und darauf eine Antwort gefunden: Für ihn sei es der Dreiklang aus frischer Luft, Bewegung und etwas Sichtbares zu erschaffen. Das bringe ihm große Zufriedenheit, erklärt Michael Reuland, der im Laufe der vergangenen acht Jahre mit seiner Familie drei Flurstücke auf dem Krauel nahe der Freiwilligen Feuerwehr kaufte.

Auf etwa 7000 Quadratmetern ist seitdem eine Streuobstwiese entstanden, wurden 140 Obstbäume gepflanzt, darunter verschiedene Apfelsorten, Birnen, Kirschen sowie Aprikosen. Hinzu kommen etwa 300 Beerensträucher und auch Weintrauben, die im Folientunnel nun reif zur Ernte sind. Beim Pflücken und Verarbeiten der Früchte helfen auch Frau Viola und die Kinder Charlotte (17) und Frederik (10) sowie Schwiegermutter Maggi gerne mit. „Ein Familienprojekt für drei Generationen“, fasst Michael Reuland zusammen.

Obstretter bei Bäumen und Büschen, die nicht abgeerntet werden

Da die Bäumchen auf seiner Streuobstwiese aber auch noch ein paar Jahre brauchen, bis sie viele Früchte tragen, wird Michael Reuland schon seit Jahren zum „Obstretter“: Dann erntet er mit Erlaubnis die Früchte in Privatgärten oder auf Hofflächen, die nicht mehr bewirtschaftet werden und rettet Äpfel und Co. so vor dem Verkommen. Fallobst landet allerdings nicht in den Produkten, sondern nur, was von Hand gepflückt und verarbeitet worden ist, erklärt Michael Reuland.

Inzwischen werden in der Vierländer Obstmanufaktur mehr als drei Tonnen Früchte im Jahr verarbeitet. Die Produktpalette ist so langsam, aber stetig gewachsen: Heute gehören vier verschiedene naturtrübe Direktsäfte (reiner Apfelsaft sowie in Kombination mit Birne, Quitte oder Rhabarber) zur fruchtigen Produktpalette. Ebenso hausgemachte Marmeladen und Gelees aus Himbeeren, Johannisbeeren, Pflaumen, Quitte oder Schlehe, Apfel- oder Rhabarber-Kompott und alkoholfreier Apfelpunsch.

Geschmack der Frucht steht im Vordergrund

Auch Traubensaft soll es bald wieder geben, allerdings in kleiner Menge. Denn statt Masse steht bei Michael Reuland ganz klar Nachhaltigkeit und Qualität an erster Stelle. „Lieber wenige Produkte, dafür gut“, sagt er. Der Geschmack der Frucht stehe stets im Vordergrund. Das bedeutet, die Säfte sind frei von Zucker, die Marmeladen werden unter Einsatz von 3:1 Gelierzucker eingekocht. „Frei nach dem Motto: je weniger Zucker, desto besser“, fasst der 51-Jährige zusammen.

Zur Produktpalette zählen auch verschiede Konfitüren wie aus Himbeeren.
Zur Produktpalette zählen auch verschiede Konfitüren wie aus Himbeeren. © Lena Diekmann

Wenn schließlich jemand nach dem Verkosten seiner Produkte sage, „das schmeckt ja wie früher“, sei das für ihn das größte Kompliment, erklärt Michael Reuland, der mittlerweile in Bergedorf eine kleine Produktionsküche aufgebaut hat, wo das Obst zu Saft gepresst und zu Marmeladen, Gelee und Kompott eingekocht wird. „Auch Lohnmostung ist bei uns möglich“, betont Reuland. So können Interessierte ihr Obst, das sie im rohen Zustand nicht verwerten können, zu ihm bringen, um daraus Saft pressen zu lassen.

Verschiedene Verkaufsstellen im Bezirk Bergedorf und Umland

Produkte der Vierländer Obstmanufaktur sind zu finden in der Haspa Curslack, Haspa Wentorf, bei Onkel Emma im Reetwerder und im Haus Anna Elbe in Altengamme. Dort ist Michael Reuland am Sonntag, 10. September, auch am Tag des offenen Denkmals dabei. Die Säfte im Saftkarton (3 Liter) gibt es ab 7 Euro, hausgemachte Marmeladen und Gelees (125ml oder 300ml) ab 3 Euro, Kompott ab 4 Euro und Apfelpunsch (0,5l oder 1l) ab 2,25 Euro.

Bis Jahresende möchte Michael Reuland auch auf verschiedenen Märkten präsent sein oder auch mit Kindern in der Haspa Marmelade einkochen. Über Termine informiert er im Internet unter www.vierländer-obstmanufaktur.de oder Kontakt per E-Mail an moin@vierlaender-obstmanufaktur.de.