Kirchwerder. Jessica von Allesch aus Kirchwerder will Jugendliche für Heimatgeschichte begeistern. Welche Orte ihr besonders wichtig sind.

Jessica von Allesch wohnt in Kirchwerder, ganz in der Nähe der Domäne Riepenburg. Doch von der Bedeutung des geschichtsträchtigen Geländes in ihrer Nachbarschaft, am Kraueler Hauptdeich 17 nahe dem Kirchwerder Mühlendamm, hat die 40-Jährige erst vor Kurzem erfahren. Die mittelalterliche Festung Riepenburg war die Keimzelle der Besiedlung der Vier- und Marschlande in Richtung Westen. „Wir haben da einen Schatz vor unserer Haustür“, sagt Jessica von Allesch. Sie will seine Existenz nun bekannter machen und Exkursionen entlang des Geländes ermöglichen.

Das historisch bedeutsame Gelände in ihrer direkten Umgebung brachte Jessica von Allesch nach einem Gespräch mit einem früheren Geschichtslehrer auf eine Idee: „Er war mit seinen Schülern viel unterwegs, besuchte mit ihnen historische Stätten oder auch das Staatsarchiv in Hamburg“, sagt sie. Andere Schüler würden bedauerlicherweise sehr theoretischen Geschichtsunterricht erhalten und dabei (so gut wie) nie die Unterrichtsräume verlassen. Auch inhaltlich sieht sie Verbesserungsmöglichkeiten: „Fast immer fehlt ein Bezug zur Heimat der Schüler.“ Hier kommt die Domäne Riepenburg ins Spiel.

Heimatgeschichte Kirchwerder: Schüler sollen Schatz vor der Haustür erkunden

Jessica von Allesch möchte Exkursionen für Schülergruppen organisieren, ehrenamtlich, ohne dass dafür etwas bezahlt werden muss. Das Betreten des Geländes ist nicht möglich, da es von der Stadt an einen Landwirt verpachtet wird. Diese Touren könnten erweitert und variiert werden, betont die Diplomkauffrau: „Schließlich befinden sich die Riepenburger Mühle und der denkmalgeschützte Bio-Hof Eggers ganz in der Nähe, sind sogar durch einen Wanderweg im Naturschutzgebiet miteinander verbunden.“ Rolf Wobbe vom Grünen Zirkel Vier- und Marschlande, einer unabhängigen, 2016 gegründeten Interessengemeinschaft von Vierländer Bürgern, die sich für den Erhalt des verfallenden Gutshauses Riepenburg einsetzt, pflichtet ihr bei. „Auch die Kirchwerder Kirche könnte einbezogen werden, wenngleich sie sich weiter entfernt von der Riepenburg befindet.“

Auskunftsfreudige, kompetente Ansprechpartner vor Ort – etwa Georg Eggers (Hof Eggers), Axel Strunge (Riepenburger Mühle) und Ehrenamtliche, die sich um die historischen Grabplatten auf dem Friedhof Kirchwerder kümmern – gebe es, betont Rolf Wobbe. „Die Schulkinder könnten mit diesen Menschen Interviews führen, einen Film daraus machen.“

Gutshaus hatte mehrere Vorgängergebäude

Von der Festung zeugen heute nur noch Teile des Ringwalls und der Turmhügel. Die Überreste der um 1289 erstmals urkundlich erwähnten und vermutlich um 1250 erbauten Ritterburg wurden zwischen 1508 und 1512 abgerissen. Das 1853 errichtete Gutshaus, in dem früher der Verwalter lebte, befindet sich nahe dem früheren Standort der Burg. Das Gebäude errichtete der Hamburger Stadtbaumeister Johann Hermann Mack (1809-1868), bekannt vor allem als Architekt der Lombardsbrücke.

Das Gutshaus hatte mehrere Vorgängergebäude, die etwa seit dem 13. Jahrhundert in Form von Wirtschaftshöfen errichtet worden waren. Dort waren Landwirte mit ihren Familien und Mitarbeitern untergebracht. „Das Gutshaus ist – ebenso wie die Riepenburger Mühle und das Zollenspieker Fährhaus – eines der prägendsten Gebäude im südöstlichen Bereich von Kirchwerder“, sagt Georg Eggers. Der Altbauer hat sich nicht nur intensiv mit der ehemaligen Ritterburg beschäftigt, sondern auch mit der Geschichte der Vier- und Marschlande im Allgemeinen, etwa der Eindeichung des Landgebiets und dem Anlegen von Gräben zwischen 1150 und 1300, „einer Kulturleistung höchsten Ranges“, wie er betont.

Geschichtslehrer, die Interesse an einer kostenlosen Exkursion haben, erreichen Jessica von Allesch über die Website schule-fuer-heute.de. Dort findet sich eine Kontaktmöglichkeit.