Hamburg. Nur ein handgeschriebener Zettel informierte über die Schließung am Spieker Mark. Vor allem die älteren Menschen litten darunter.

Lediglich ein handgeschriebener Zettel neben der Eingangstür informierte die Patienten der Hausarztpraxis am Süderquerweg 95 im Mai über die Arztpraxisschließung. Die Patienten, darunter viele Senioren, wurden mit ihren Problemen und Fragen alleingelassen, kamen nur mit großem Aufwand an ihre Patientenakten. Doch die benötigten sie, um sich einen neuen Hausarzt suchen zu können. Der Vorgang ging mir nahe, denn gerade für ältere Menschen waren die Praxisschließung und die Art, wie die gehändelt worden ist, eine Zumutung.

Rückblick 2022: Die Arztpraxisschließung überforderte gerade die älteren Patienten

Thomas Heyen, Redakteur Bergedorfer Zeitung.
Thomas Heyen, Redakteur Bergedorfer Zeitung. © Lena Diekmann

Viele Senioren waren mit der Situation schier überfordert. Im Gegensatz zu jüngeren Patienten informieren sie sich nur selten über die sozialen Medien. Denn auch auf Facebook war die Praxisschließung natürlich ein Thema, gaben sich die Nutzer gegenseitig Tipps, wie Patienten an ihre Akten gelangen könnten.

Und ein weiteres Problem: Im Landgebiet gibt es nur eine Handvoll Ärzte, obwohl die Einwohnerzahl stetig wächst. Die Praxen nehmen meist keine neuen Patienten auf, weil ihre Wartezimmer schon voll sind.

Der letzte Arzt, der in der Praxis bis Ende März praktizierte, Ajmal Amin, war nach der Schließung nicht mehr erreichbar. Auch sein Vorgänger, Mustafa Havuc, der die Räume gemietet hatte, ging nicht ans Telefon. Warum die Praxis überhaupt geschlossen wurde, ist bis heute unklar. Laut Ex-Patientin Nora Picka-Pamperin soll es Unstimmigkeiten zwischen Mieter und Vermieter der Praxisräume gegeben haben.

Unser Gesundheitssystem birgt viele Probleme

Eine schlechte Abdeckung ländlicher Räume mit Ärzten passt ins Bild unseres verbesserungswürdigen Gesundheitssystems, das viele weitere Probleme birgt. So werden die Beschäftigten in Krankenhäusern, Pflege- und Altenheimen auch nach fast drei Jahren Pandemie, in denen viele an ihre Belastungsgrenze stießen, schlecht bezahlt – obwohl sie extrem wichtige Arbeit leisten. Aber das ist ein grundsätzliches Problem, das sich nicht schnell lösen lassen wird – auch wenn die Lage sich zuspitzen wird, weil immer weniger Menschen Pflegeberufe ergreifen.

Die ärgerliche Geschichte ging für die vor die Tür gesetzten Patienten doch noch gut aus: Frederike Koob hat die Patienten übernommen, empfängt sie am Gammer Weg 25.