Hamburg. Vor sechs Jahren sprang der KGR ins kalte Wasser: Aus dem Vorgängergremium war niemand mehr dabei. Seitdem ist viel passiert.
Ein gänzlich neuer Kirchengemeinderat (KGR) machte sich vor sechs Jahren in Kirchwerder an die Arbeit. Die Mitglieder des vorherigen KGR waren allesamt nicht mehr angetreten, nachdem es Riesenzoff um die beiden Pastoren, Ulrich Billet und Gottfried Lungfiel, gegeben hatte, von denen sich der KGR trennen wollte. Der neue KGR hat nun seine erste Amtszeit hinter sich. Am 27. November wird ein neuer Kirchengemeinderat gewählt. Hans-Hermann Mauer, noch Vorsitzender, zieht Bilanz.
Wahlberechtigt sind die knapp 4500 Mitglieder der größten Kirchengemeinde in den Vier- und Marschlanden. Mauer geht davon aus, dass sich „erfahrungsgemäß vermutlich rund zehn Prozent an der Wahl beteiligen werden“. Ein KGR benötigt mindestens sieben Mitglieder – inklusive Pastor, der nicht zur Wahl steht. Der aktuelle KGR hat 14 Mitglieder. So viele sollen es wieder werden, berichtet Mauer, „damit die vielen Aufgaben auf viele Schultern verteilt werden können“.
Kirchengemeinde Kirchwerder sucht neue Kandidaten
14 Kandidaten werden zur Wahl stehen. „Einer fällt hinten runter, damit es auch eine Wahl ist“, sagt der KGR-Vorsitzende. Es sei nicht einfach gewesen, genug Kandidaten für das Ehrenamt zu finden, betont Mauer. Nach Infogesprächen, die er mit grundsätzlich Interessierten geführt habe, seien viele wieder abgesprungen – „arbeitsintensiver als gedacht“.
Neue Kandidaten werden benötigt, da sich aus dem amtierenden KGR nur fünf Mitglieder erneut zur Wahl stellen. Mauer gehört dazu. Er würde auch wieder den Vorsitz übernehmen, sofern dies gewünscht sei. Der Vorsitzende wird vom neuen Kirchengemeinderat gewählt. Das neue Gremium wird am 22. Januar eingesegnet.
Nur fünf Mitglieder stellen sich erneut zur Wahl
„Direkt danach ist die konstituierende Sitzung mit der Wahl des ersten und zweiten Vorsitzenden“, sagt der 67-Jährige. „Später werden dann sie Ausschüsse besetzt“, ergänzt Inge Schlottau, die sich mit dem gelernten Bankkaufmann Mauer um die Finanzen kümmert. Sie tritt als KGR-Mitglied nicht wieder zur Wahl an: „Ich möchte Jüngeren Platz machen.“
Klaus Benszus, Vorsitzender des Bauausschusses, steht ebenfalls nicht wieder zur Wahl. Sein Nachfolger wird in große Fußstapfen treten: Benszus’ Engagement wird auch von Außenstehenden gelobt. Mit Blick auf die Immobilien der Kirche entwickelte er einen Masterplan, „um den Investitionsstau abzubauen“, berichtet Mauer. Denn viele dringend benötigte Baumaßnahmen hätten sich angesammelt. So wurde mit der Sanierung des Pastorats begonnen, während die sogenannte Pastoratsscheune inzwischen grundsaniert ist.
Auch die gewerblichen Immobilien sind angegangen worden
Auch in und an Kirche und Brauthaus waren Handwerker lange beschäftigt. Doch nicht nur die kirchlichen Gebäude am Kirchenheerweg, sondern auch die gewerblichen Immobilien (fünf Wohnhäuser in Kirchwerder), die der Gemeinde Mieteinnahmen bescheren, seien angegangen worden: „Wir haben uns alles angesehen und dann diverse Heizungen, Fenster, Bäder und Carports erneuern lassen“, sagt der KGR-Chef.
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Zwar sei offen, wer im neuen Kirchengemeinderat was machen wird, aber Mauer weiß dank der Vorgespräche um die Interessen und Fähigkeiten der Kandidaten. „Ich bin zuversichtlich, dass wir weiterhin gut aufgestellt sein werden.“ Die verschiedenen Ausschüsse – etwa Finanzen/Personal, Musik, Friedhof – werden allesamt von KGR-Mitgliedern geleitet, „aber man kann sich als Mitglied des Kirchengemeinderats in mehreren Ausschüssen engagieren“, betont Mauer.
Kirchengemeinde Kirchwerder: Ehemalige stehen dem neuen KGR zur Seite
Die künftigen „Ehemaligen“ würden dem neuen KGR mit Rat und Tat zur Seite stehen, weiß Mauer, „anders als vor sechs Jahren“. Damals hätten sich alle Mitglieder des Gremiums komplett neu einarbeiten müssen, betont der Vorsitzende – „mit einer großen Ausnahme“: Seine Vorgängerin, Stephanie Pelch, die zum Ende ihrer Amtszeit aufgrund der Streitigkeiten um den Pastoren-Rausschmiss besonders heftig attackiert worden war, habe ihm stets hilfreich zur Seite gestanden.
Vor sechs Jahren, als der neue Rat frisch gewählt worden war, sei es zunächst darum gegangen, Ruhe in die Gemeinde zu bringen, erinnert sich Mauer. „Wir wollten nicht in alten Wunden stochern und haben damals einen Schlussstrich gezogen.“ Zunächst seien Bestandsaufnahmen gemacht worden. So verschaffte sich der Bankkaufmann im Ruhestand einen Überblick über die Finanzen – und schob neue Bauprojekte an.
In Sichtweite der Kirche entstand eine neue Betriebshalle, vor der Halle soll ein Bestandsgebäude, in dem das unter anderem das Kirchenbüro untergebracht ist, abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. „Die Arbeiten sollen schnellstmöglich starten und kommendes Jahr beendet werden.“ Mauer rechne mit Kosten in Höhe von 1,2 Millionen Euro. Am Lauweg in Fünfhausen baut die Kirchengemeinde ein Mehrgenerationenhaus. „Wir hoffen, im Frühjahr mit der Vermietung der sieben Wohnungen beginnen zu können“, sagt Inge Schlottau. 2,2 Millionen Euro seien für das „Haus am See“ veranschlagt worden. 1,2 Millionen Euro würden in die vielen „kleineren“ Projekte (Sanierungsmaßnahmen) investiert.
Finanziert werden die Bau- und Sanierungsmaßnahmen mit Krediten („Haus am See“, Betriebshalle) und aus dem laufenden Haushalt – Kirchensteuer, Mieterlöse, Erlöse aus der Verpachtung einiger Hektar Ackerland und Erbbauzinsen von den Eigentümern der Häuser auf Kirchenland. „Der Förderverein hat maßgeblich Spendengeld generiert. Außerdem haben unsere Friedhofsgärtner und auch Gemeindemitglieder etwa bei der Grundsanierung der Pastoratsscheune kräftig mit angepackt“, sagt Mauer, der seinen Posten mit dem des Geschäftsführers eines mittelständischen Unternehmens vergleicht.