Hamburg. Der Lohbrügger Seenotretter lieferte sich als Ersthelfer ein Handgemenge mit der Polizei. Staatsanwältin forderte 7000 Euro Strafe.
An vier Verhandlungstagen musste sich Ingo Werthseit Anfang Februar vor dem Amtsgericht Bergedorf verantworten. Die Staatsanwältin warf dem 61-jährigen Lohbrügger Widerstand gegen Polizeibeamte, Körperverletzung und Beleidigung vor. Am Freitag sprach das Gericht ihn nun in allen Anklagepunkten frei.
Auslöser der Verhandlung war ein Unfall im Mai 2019 an der Schiefen Brücke in Curslack, bei der der bekannte Kapitän als Ersthelfer zum verunglückten Fahrer geeilt war. Der Wagen war mit voller Wucht in die Hauswand der Vierländer Volksbank gekracht. Der damals 30 Jahre alte Fahrer aus Rumänien war in dem Wagen eingeklemmt und nicht ansprechbar.
Amtsgericht Bergedorf spricht Ingo Werth in allen Anklagepunkten frei
Ingo Werth, der sich seit Jahren für verschiedene Hilfsorganisationen an der Rettung von Geflüchteten beteiligt, versuchte den Mann zu stabilisieren, um die Halswirbelsäule nicht zu gefährden. Und diese Position wollte er nicht aufgeben, bevor Notarzt oder Rettungssanitäter am Unfallort eingetroffen waren.
So kam er auch der Aufforderung eines Polizisten nicht nach, sich vom Unfallort zu entfernen. Daraus entwickelte sich eine handfeste Auseinandersetzung, bei der Ingo Werth schließlich in Handschellen abgeführt wurde.
Arzt bestätigt als Gutachter vor Gericht, dass Werth angemessen reagierte
Das Gericht bestellte nun noch einen medizinischen Gutachter, der klären sollte, ob Werth sich als Ersthelfer richtig verhielt, als er sich trotz der Aufforderung der Polizei nicht sofort von der Unfallstelle entfernte, sondern die Haltung des schwer verletzten Fahrers zu stabilisieren versuchte. Laut des Arztes, der am Freitag angehört wurde, sei es angemessen gewesen, den Patienten weiter stabilisieren zu wollen.
Die Staatsanwältin hatte eine Geldstrafe in Höhe von 7000 Euro (140 Tagessätze à 50 Euro). Dem folgte der Richter nicht und sprach den 61-Jährigen frei.
Der Vorwurf konnte dem Angeklagten letztlich nicht nachgewiesen werden. Vor allen Dingen konnte man nach der Beweisaufnahme nicht ausschließen, dass sich der Polizeibeamte am Unfallort möglicherweise seinerseits rechtswidrig verhalten hatte, indem er den Angeklagten an der Fortsetzung von Erstrettungsmaßnahmen hinderte. Insofern konnte ein Notwehrrecht des Angeklagten nicht ausgeschlossen werden, teilt Gerichtssprecher Dr. Kai Wantzen mit.