Hamburg. Lohbrügger wegen Widerstand gegen Polizeibeamte angeklagt. Lebensgefährtin schildert vor Gericht brutales Vorgehen des Polizisten.

Fast zwei Jahre nach einem schweren Autounfall in Höhe der Schiefen Brücke am 24. Mai 2019 ist immer noch kein Ende des Prozesses gegen Ersthelfer Ingo Werth abzusehen. Auch bei der Verhandlung am Freitag vor dem Amtsgericht Bergedorf gab es kein Urteil.

Die Staatsanwältin wirft dem 61 Jahre alten Lohbrügger Widerstand gegen Polizeibeamte und Körperverletzung vor. Er soll sich trotz Aufforderung der Polizei nicht von der Unfallstelle entfernt sowie einen Polizisten angegriffen und dabei leicht verletzt haben. Laut Aussage des Angeklagten hat ihn dagegen ein Polizist bei der Hilfe für ein schwer verletztes Unfallopfer behindert und ihn auch noch mit Faustschlägen misshandelt.

Lebensgefährtin wird zwei Stunden lang vor Gericht befragt

Fast zwei Stunden lang befragte Richter Dr. Sebastian Gößler am Freitag die Lebensgefährtin des Angeklagten als Zeugin. „Wir saßen auf unserem Boot auf der Dove-Elbe und hörten plötzlich einen lauten Knall aus Richtung der Schiefen Brücke“, berichtete die 47 Jahre alte Susanne Diem, „ein Auto war mit voller Wucht gegen die Hauswand der Vierländer Volksbank gekracht.“ Die Fahrertür habe offen gestanden, der Fahrer sei bewusstlos halb hinter dem Lenkrad eingeklemmt gewesen, „sein Oberkörper hing reglos nach draußen“.

Ingo Werth habe gemeinsam mit einem anderen Ersthelfer versucht, den Verletzten vorsichtig aufzurichten und zu stabilisieren, um so einer Wirbelsäulen-Verletzung vorzubeugen. Der andere Ersthelfer sei danach mit seinem Auto davongefahren.

Beleidigungen wie „Idiot“ oder „Spinner“ habe es nicht gegeben

Beim Eintreffen der Polizei habe die Sache dann eine dramatische Wendung genommen, so die Zeugin: „Ein Polizist drängte Ingo zur Seite, schob ihn rückwärts vor sich her und schlug ihn mit der Faust ins Gesicht. Ingo ging zu Boden und erhielt noch einen Faustschlag. Er lag zunächst auf dem Rücken und wurde dann auf den Bauch gedreht. Ihm wurden Handschellen angelegt, und er wurde zur Bergedorfer Wache gefahren.“ Einen Angriff ihres Lebensgefährten gegen den Polizisten habe es nicht gegeben, auch nicht die von dem Beamten behaupteten Beleidigungen wie „Idiot“ oder „Spinner“.

Jetzt wird das Gericht einen medizinischen Gutachter hinzuziehen. Der soll klären, ob Ingo Werth sich als Ersthelfer richtig verhielt, als er sich trotz der Aufforderung der Polizei nicht sofort von der Unfallstelle entfernte, sondern die Haltung des schwer verletzten Fahrers zu stabilisieren versuchte. Der Prozess soll aus Termingründen erst Ende März fortgesetzt werden.