Kirchwerder. Kirchwerder. Neues Schiffkostet 400 000 Euro – Verein sammelt Spenden – Vortrag in „Pastoratsscheune“.
Für den „Scheunenschnack“ der Kirchengemeinde St. Severini haben die Organisatoren der Reihe einen besonders interessanten und engagierten Gast gewinnen können: Bergedorfs Flüchtlingsretter Nummer eins, Ingo Werth, berichtet morgen in der Pastoratsscheune von seinen Einsätzen.
Der 58-Jährige war als Kapitän und Einsatzleiter der „SeaWatch“ an der Rettung und Betreuung von Tausenden in Seenot geratenen Kindern und Erwachsenen beteiligt. Nach „unterschiedlichen Sichtweisen“ (Werth) zu Umgang mit Schiff, Crew und den Menschen in Seenot wechselte er Ende 2016 die Organisation.
„Überall fehlen Schiffe“
Der Träger des Bergedorfer Bürgerpreises 2016 war nicht mehr beim Verein SeaWatch aktiv, sondern für die Dresdner Mission Lifeline tätig, die ebenfalls Menschen aus dem Mittelmeer rettet. Im September 2017 hisste er dann eine eigene Flagge: Der ebenfalls nur durch Spenden finanzierte Verein Resqship hat seinen Sitz an der Osterrade und will ein eigenes Schiff zur Seenotrettung einsetzen. „Dieses wird dringend benötigt, da überall Schiffe fehlen“, sagt er.
Für das Schiff werden rund 400 000 Euro benötigt. Für die Deckung der laufenden Kosten – etwa Treibstoff, Instandhaltung, Werftzeiten und Verpflegung – würden monatlich weitere „mindestens rund 40 000 Euro“ (Werth) benötigt. Die Retter benötigen deshalb dringend Geld- und auch Sachspenden. „Die Geldakquise macht viel Arbeit, aber wir bekommen auch viel Zuspruch“, sagt Werth.
„Die Propaganda funktioniert“
Doch das Geld kommt nur schleppend bei dem Verein an. „Die Propaganda der Europäischen Union und speziell der italienischen Regierung funktioniert. Die Menschen glauben die Aussagen, dass Rettungsorganisationen mit Schleppern gemeinsame Sache machen“, sagt der Bergedorfer. Doch: „Keine Rettungsorganisation macht so etwas.“
Der 58-Jährige hofft, dass das Resqship noch in diesem Jahr gebraucht erworben und ausgerüstet werden kann. Das 30 bis 40 Meter lange Rettungsschiff soll unter anderem ein Hospital und zwei Schnellboote an Bord haben. Nur durch kleine Spenden sei das Ziel aber kaum zu erreichen. Deshalb sucht der Einsatzleiter auch Kontakt zu Firmen und Stiftungen.
Auseinandersetzungen verschärfen sich
Der Autodock-Chef will schnellstmöglich auslaufen, selbst als Schiffsführer oder Einsatzleiter wieder mit an Bord sein. Denn Eile ist geboten: „Seit Jahresbeginn sind mehr als 500 Menschen im Mittelmeer ertrunken. Die Auseinandersetzungen in Libyen verschärfen sich“, sagt der Retter.
Der Bergedorfer Verein sammelt online Unterschriften für den Stopp der Schulung und Finanzierung der „libyschen Küstenwache“. Die Europäische Union habe laut Resqship rund 200 Millionen Euro in den Aufbau der Organisation investiert, die nach Aussage der Seenotretter gegen die Menschenrechte, internationales Seerecht und das Völkerrecht verstoße. Mindestens 25 000 Unterschriften sollen gesammelt und an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie den Präsidenten der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, übergeben werden.
Mehr als 24 690 Unterzeichner
„Wir werden mit der Abgabe noch etwas warten“, sagt Werth. „Derzeit haben die Politiker zu sehr mit sich selbst zu tun, ist das Thema nicht im Fokus.“ Bis gestern hatten mehr als 24 690 Menschen die Online-Petition unterzeichnet. Internet-Infos zu dem Protest und zu dem Verein: www. resqship.org.
Das Gespräch wird von Ernst Heilmann moderiert. Danach gibt’s eine Fragestunde. Beginn ist am Kirchenheerweg 6 um 19.30 Uhr. Der Eintritt ist frei – Spenden erbeten.