Lohbrügge. Bergedorfs Kreative wollen Künstlerkolonie nach niedersächsischem Vorbild schaffen – und haben schon einen konkreten Plan.
Wie ein erfolgreicher kultureller Treffpunkt über Jahre funktionieren kann, das kann Holzbildhauer Jan de Weryha aus eigener Erfahrung berichten. Seit dem Jahr 2006 ist seine Sammlung de Weryha als Dauerausstellung im Reinbeker Redder 81 eine feste Institution für viele kulturell Interessierte geworden. Dort präsentiert der Deutsch-Pole nicht nur seine Werke, sondern arbeitet auch an seinen hochwertigen Skulpturen.
Nun möchte der Freundeskreis Sammlung de Weryha mit seinen rund 50 Mitgliedern genau neben der Dauerausstellung einen neuen kulturellen Schwerpunkt im Bezirk setzen. De Weryha und Unterstützer Peter Strampe, im normalen Arbeitsleben Haus- und Grundstücksmakler und Experte für Baugebiete, träumen von einem Künstlerdorf im Lohbrügger Norden. Dort sollen die Bergedorfer Künstler gebündelt ihr Schaffen präsentieren, verkaufen und auch im eigenen Atelier vor Ort arbeiten können. Das könnte, so die ersten Gedankenspiele, zum Beispiel aus individuellen, künstlerisch gestalteten Häuschen geschehen.
Worpswede Hamburgs: Neun Künstler wollen sofort mitmachen
Angedacht ist dieses Dorf auf dem Gelände, auf dem einst ein türkischer Seniorenverein seine Heimat hatte. Dieser ist mittlerweile von der Fläche verschwunden, nur ein mannshoher Holzzaun trennt de Weryhas künstlerische Unterkunft vom Nachbarn. Strampe (69), seit 2019 im Vorstand des Freundeskreises in der Funktion des Schatzmeisters, stellte seine Ideen unlängst im Offenen Atelier im CCB Bergedorf vor. Und die erzielte Nachhall: „Neun anwesende Künstler wollten sofort dabei sein.“
Tatsächlich liegt Zeitdruck auf dem Projekt. Auch der benachbarte Kleingartenverein soll sich für das rund 2700 Quadratmeter große Grundstück interessieren, um sein Gelände erweitern zu können. Deshalb möchte Peter Strampe, dass das Bezirksamt das avisierte Grundstück schnell für die Kulturliebhaber reserviert. Aktuell soll das Gelände dem städtischen Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen (Lig) gehören.
Gespräche mit Bezirksamt und Politik vertiefen
Also müssen nun möglichst schnell die Gespräche mit Bezirksamt und Politik vertieft werden und muss im Hintergrund ein erster Planungsentwurf für das Gelände gestaltet werden, damit zeitnah auch ein vorhabenbezogener Bebauungsplan erstellt werden kann. Zur Finanzierung der Künstlerenklave braucht es außerdem die Gründung einer Stiftung, in der interessierte Firmen und Vereine als Sponsoren ihr Kapital einbringen könnten. „Wir müssen uns fragen, wie man Unternehmen für die Stiftung gewinnen kann, vielleicht durch steuerliche Anreize“, nennt Peter Strampe einen Ansatz. Denkbar seien auch Vereinbarungen, wonach Künstler aus dem Dorf etwa Ausstellungen in Empfangsräumen der am Projekt beteiligten Firmen darbieten könnten. Strampe sieht genug Potenzial für „symbiotische Effekte“.
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Jan de Weryha klingt bei der Aussicht auf gleichgesinnte Nachbarn etwas gebremster: „Das kann Jahre dauern“. Wenn alles glatt laufe, sei ein Zeitraum zwischen 2024 und 2026 realistisch. Die größte Hoffnung liegt auf den Multiplikatoren im Freundeskreis wie dem ehemaligen Präsidenten der Bergedorfer Bezirksversammlung, Werner Omniczynski (mittlerweile Vorsitzender des Freundeskreis), der SPD-Bürgerschaftsabgeordneten Christel Oldenburg aus Bergedorf und dem Sozialdezernenten des Bezirksamts, Ulf von Krenski, ihre jeweilige politische Erfahrung für das Projekt einzubringen.
Vorbild soll Künstlerkolonie Worpswede sein
„Künstler vermarkten sich insgesamt zu wenig“, befindet Bildhauer de Weryha, der in der Enklave deswegen viel Potenzial sieht. Der 71-Jährige könnte sich dort einen ähnlichen touristischen Anziehungspunkt wie exemplarisch in der niedersächsischen Künstlerkolonie Worpswede vorstellen. Ein eigener Marketingexperte für das angestrebte Dorf sei ebenso denkbar wie öffentlicher Besuchsverkehr von Freitag bis Sonntag.
Alles zugegebenermaßen noch nicht allzu laute Zukunftsmusik, aber: „Warum soll so etwas nicht auch in Bergedorf klappen? Wir könnten gewiss kulturelle Lücken füllen.“