Hamburg. Ankündigung auf Bergedorfer Wirtschaftskonferenz: Bis 2030 sollen alle 250 Lkw des Entsorgungsexperten komplett ohne Diesel auskommen.
Lange galt die E-Mobilität von Lkw als Hirngespinst von Forschern, die zwar Experten für Klimaschutz sind, aber nichts von Wirtschaftlichkeit verstehen. Das sich das gerade grundlegend ändert, hat viel mit der Buhck Gruppe zu tun: Das Bergedorfer Traditionsunternehmen mit Hauptsitz in Reinbek hat sich nicht nur selbst auf den Weg gemacht und zunächst zwölf seiner gut 250 großen Lkw durch solche mit E-Antrieb ersetzt, sondern berät mittlerweile mit eigener Tochterfirma sogar andere Mittelständler.
Ein Engagement, das Buhck am Donnerstag, 21. November, zum Star auf der Bergedorfer Wirtschaftskonferenz von Handelskammer, Bezirksversammlung und dem hiesigen Wirtschaftsverband WSB im Haus im Park gemacht hat.
Bis 2030 will Buhck seine 35 Unternehmen emissionsfrei machen
„Klimaschutz muss sich rechnen und darf im Jahr 2024 auf keinen Fall mehr bloß für ideologische Schlachten herhalten. Dafür ist die Lage mittlerweile zu ernst“, sagte Thomas Buhck unter dem Beifall der rund 150 Gäste bei der Podiumsdiskussion der Wirtschaftskonferenz, denn: „Ich kann hier und heute bestätigen: Die Umrüstung des Fuhrparks auf E-Lkw lohnt sich.“ Eine Botschaft, die perfekt zum Konferenz-Motto „Klimaneutralität 2040 – die Hamburger Wirtschaft als Vorreiter“ passte.
Mehr noch: Buhck geht davon aus, alle 35 in seiner Gruppe zusammengefassten Unternehmen mit zusammen 1200 Mitarbeitern bereits bis 2030 praktisch emissionsfrei zu machen.
Bei E-Mobilität und energetischer Gebäudesanierung das Vertrauen der Bürger beschädigt
Eine Perspektive, die im Saal zwar aufhorchen ließ, auf dem Podium aber auch zu einigen Kontroversen führte: Fritz Schellhorn, Inhaber der mit gut 80 Mitarbeitern größten Bergedorfer Klempnerei, monierte das seit Jahren vollzogene Tauziehen der verschiedenen politischen Lager um den Sinn von Klimaschutz und die Gestaltung der Förderrichtlinien.
„Bei der E-Mobilität, aber noch mehr im Bereich der energetischen Gebäudesanierung samt ihrer Umstellung auf erneuerbare Energien ist das Vertrauen bei den Bürgern heute massiv beschädigt, wenn nicht sogar ganz verloren gegangen. Unsere Absatzzahlen etwa beim Einbau von Wärmepumpen sind in diesem Jahr massiv eingebrochen“, sagte Schellhorn.
Prof. Dr. Hans Schäfers, Leiter des Energie-Campus‘ der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) am Schleusengraben, hielt dagegen: „Klimaneutraler Strom zum Betreiben der Wärmepumpen ist heute schon im Überfluss vorhanden und wird deshalb kontinuierlich immer billiger. Genau darin liegt unsere Zukunft.“ Wer heute noch eine neue Gasheizung einbaue, werde sich spätestens 2040 umschauen: „Ich gehe davon aus, dass dann auch das Hamburger Gasnetz abgestellt wird. Einfach deshalb, weil sein kostenintensiver Unterhalt für immer weniger Abnehmer viel zu teuer ist.“
Bezirksamtsleiterin ärgert sich: Vor zwei Jahren die alte Gasheizung gegen eine neue ausgetauscht
Worte, die auch Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann nachdenklich machen: „Ich muss zugeben, dass wir privat erst vor zwei Jahren unsere Gasheizung gegen eine neue ausgetauscht haben. Einfach deshalb, weil die alte Anlage in der kalten Jahreszeit ausgefallen ist.“
Eine Erfahrung, die Bergedorfs Verwaltungschefin zu einem beherzten Appell brachte: „Abgesehen von der natürlich an vielen Stellen erforderlichen Entbürokratisierung müssen wir alle zusammen dringend mit den vielen weit verbreiteten Irrtümern über erneuerbare Energien aufräumen. Etwa der Behauptung, dass Wärmepumpen nur Sinn machen, wenn das Haus komplett energetisch saniert ist.“
Gleichzeitig wirbt die Bezirksamtsleiterin aber auch für einen Umstieg mit Augenmaß: „Wir sollten niemand zwingen, eine noch funktionsfähige Heizung sofort herauszureißen. Um möglichst alle auf dem Weg in eine klimaneutrale Zukunft mitzunehmen, müssen Kategorien wie Bezahlbarkeit und Sinnhaftigkeit in den Prozess mit eingebaut werden.“
Investitionen in Klimatechnologie wesentlicher Wirtschaftsfaktor der nahen Zukunft
Das unterstreicht auch Handelskammer-Geschäftsführer Jan-Oliver Siebrand: „Wir müssen die 15 Jahre bis 2040 nutzen, um die breite Masse mit gezielter Beratung und Unterstützung auf dem Weg in die Klimaneutralität mitzunehmen.“ Das gelte aus Sicht seiner Kammer natürlich besonders für ihre 180.000 Mitgliedsunternehmen in ganz Hamburg: „Es geht um die Erkenntnis, dass Investitionen in die Klimatechnologie und ihre Weiterentwicklung heute ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor in der nahen Zukunft sein werden.“
Das unterstrich auch Bezirksstaatsrat Alexander von Vogel in seinem Impulsvortrag bei der Wirtschaftskonferenz: „Trotz aller anderen aktuellen Krisen wie den Kriegen und der nachlassenden Konjunktur müssen wir uns immer wieder bewusst machen, dass der Klimawandel eine reale Bedrohung unseres Wohlstands ist. Je später wir handeln, umso teurer wird es für jeden einzelnen von uns.“
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Erkenntnisse, die bei der Buhck Gruppe heute schon mit Zahlen unterfüttert werden, die wirtschaftlich Sinn machen: „Unsere E-Lkw verbrauchen auf 100 Kilometern Strom für 45 Euro, alle anderen Diesel für 49 Euro. Und der Strom wird stetig günstiger, ebenso wie übrigens auch die Anschaffungspreise der Elektro-Fahrzeuge“, rechnete Thomas Buhck vor, der die Firmen der Buhck Gruppe zusammen mit seinem Bruder Dr. Henner Buhck führt.
Für die Koordination dieser und vieler weiterer Umstellungsprozesse auf erneuerbare Energien in ihren Firmen hatten sie ursprünglich eine Stabsstelle gegründet. Daraus ist mittlerweile ein eigenständiges Unternehmen geworden, die Buhck Umweltberatung. Wie die bisher zwölf E-Lkw und deren zugehörige Lade-Infrastruktur hat die junge Tochterfirma ihren Sitz im Buhck-Standort an der Liebigstraße in Billbrook. Von hier aus beraten ihre 14 Experten längst nicht mehr nur die Firmen der Gruppe, sondern auch andere Unternehmen.
„Unser Ziel ist es, bei der Umstellung auf Klimaneutralität zu einem Berater des Mittelstands zu werden, wie wir es bereits in verschiedenen anderen Bereichen unseres Kernthemas Abfallwirtschaft sind“, sagt Thomas Buhck. Sein Wunsch: Möglichst viele Unternehmen aus Norddeutschland auf dem Weg zur Emissionsfreiheit in Fuhrpark, Gebäuden und Produktionsanlagen mitzunehmen.