Hamburg. Pfandleihhaus eröffnet neue Filiale in Lohbrügge. Rechtsanwälte empfehlen Kunden, in den Verträgen auch das Kleingedruckte zu lesen.

  • Pfando eröffnet in Lohbrügge seine zweite Filiale in Hamburg
  • Kunden bekommen Bargeld für ihr Auto, dürfen es aber weiterfahren
  • Rechtsanwälte empfehlen, die Verträge ganz genau zu lesen

Seitdem das große, blaue Schild angebracht ist und der Laden von der Bundesstraße 5 aus schon von Weitem zu sehen ist, sind viele Bergedorfer auf das Pfandleihhaus Pfando am Heidhorst aufmerksam geworden. Es ist nach der Filiale an der Kieler Straße die zweite in Hamburg. Was aber genau machen die da in Lohbrügge? Ein Besuch ist wenig aufschlussreich: Er dürfe nur mit potenziellen Kunden sprechen, sagt der Filialleiter. Anfragen an die Geschäftsführung der Pfando’s Cash & Drive GmbH in Berlin bleiben unbeantwortet. Bleibt zunächst ein Blick auf die Homepage.

Luxus-Sportwagen, Oldtimer, Lastwagen, Traktoren und Mähdrescher sind hier willkommen, auch hochwertige Baufahrzeuge, Bergungs- und Abschleppfahrzeuge, sogar Motorboote und die Segelyacht. So könne man Geschäftskunden und vermögende Privatkunden „bei der kurzfristigen Überbrückung von Liquiditätsengpässen schnell und unbürokratisch unterstützen“, verspricht das kooperierende Unternehmen MobilityFinance: Innerhalb von 48 Stunden sei eine Zusage von bis zu fünf Millionen Euro möglich. Wie geht das bei „schlanken Prüfungs- und Genehmigungsprozessen“ und „bereits ab 1,9% monatlichem Mietzins“?

Pfando in Lohbrügge: Bargeld fürs Auto – so funktioniert das Geschäftsmodell

Nach eigener Darstellung des Unternehmens gibt es bereits mehr als 50 Filialen in Deutschland, deren Geschäftsmodell auf der Methode „Sale and rent back“ basiert. Dabei kauft das Unternehmen das Fahrzeug des Kunden und vermietet es an die ehemaligen Eigentümer zurück. Nach einer vertraglich vereinbarten Mietzeit besteht dann die Möglichkeit, das Auto bei einer Versteigerung zurückzukaufen.

Im Internet gibt es zahlreiche Beiträge, deren Verfasser sich kritisch mit dem Geschäftsmodell auseinandersetzen. Rechtsanwalt Henning Leitz von den CLLB-Kanzleien in München und Berlin vertritt etliche Klienten, die sich mit Pfando nicht mehr einig sind. Gegenüber unserer Redaktion berichtet er: „In einer Notsituation überblicken viele Menschen nicht die acht- bis zehnseitigen Verträge. Es ist ihnen gar nicht bewusst, dass sie ihr Auto nicht beleihen, sondern tatsächlich verkaufen und dann zurückmieten. Mal ganz abgesehen von zusätzlichen Bearbeitungsgebühren.“

Pfando lasse Autos im Zweifel abschleppen

Zwar sei es durchaus verständlich, wenn Menschen – oftmals junge Unternehmer – einen kurzfristigen Finanzbedarf haben und keine langen Kreditgespräche mit der Bank führen mögen. Wohl aber, sagt der Anwalt, verschätzten sich viele: „Dann haben sie ihr Auto für ‘n Appel und ‘n Ei verschleudert.“ Die Fälle seien letztlich immer ähnlich: Der Kunde bekomme zu wenig Geld für sein Fahrzeug und zahle teure Mieten. Könne er die nicht mehr begleichen, lasse Pfando – im Besitz von Zulassungsbescheinigung und Ersatzschlüssel – den Wagen abschleppen.

Leitz nennt folgendes Beispiel: „Ich verkaufe für 10.000 Euro einen BMW, der einen Marktpreis von 18.000 bis 22.000 Euro hat. Der Mietvertrag läuft über fünf Monate, ich zahle 1000 Euro Miete pro Monat.“ Hier müsse geprüft werden, ob ein Wuchertatbestand mit einem unverhältnismäßig hohen Gewinn vorliege und somit eine betrügerische Absicht ins Spiel komme.

Pfando Boberg
Von der Bergedorfer Straße gut zu erkennen: das Pfandleihhaus Pfando. © bgz | Anne Strickstrock

Auch der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich schon mit der Firmengruppe Pfando beschäftigt, für die der ehemalige Fußballnationalspieler Lothar Matthäus als Werbefigur auftritt: Mit seinem Urteil vom 16. November 2022 entschied der BGH in einem Fall, dass bei einem Vertrag mit Pfando ein wucherähnliches und damit sittenwidriges Geschäft vorliege und der Kläger daher Anspruch auf Schadenersatz habe. Zwangslagen wie finanzielle Schwierigkeiten dürften eben nicht unangemessen ausgenutzt werden. Dann können Verträge sittenwidrig und nichtig sein.

Pfando: Anwalt berichtet von Kunden, die sich getäuscht fühlten

Zwar passe das Unternehmen seine Verträge seither regelmäßig an die Rechtssprechung anpassen, so Anwalt Henning Leitz, doch nach wie vor sei der Unterschied zwischen dem Kaufpreis und dem tatsächlichen Wert des Fahrzeugs enorm. In jedem Falle aber fühlten sich seine Mandanten getäuscht – weil die meisten gedacht hätten, sie könnten ihren Wagen später, wie bei einem Darlehen, gegen eine Zahlung auslösen.

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Rechtsanwalt Stephan Lengnick aus Dresden begleitet aktuell rund 100 Fälle in Sachen Pfando. Er hat untersucht, wie Pfando-Kunden ihre Autos zurückbekommen können, und dafür in einer Leipziger Filiale eine Versteigerung besucht. Er berichtet, dass das schwierig sei: „Per Videoschaltung wurden 17 hochwertige Fahrzeuge zu lächerlichen Preisen aufgerufen, aber Händler hatten schon drei Vorgebote abgegeben.“ Und: „Selbst wenn jemand ein Gebot abgeben möchte, verfällt nach den Versteigerungsbedingungen das Gebot, wenn es nicht binnen 60 Minuten bezahlt wird, wobei Barzahlungen nicht erlaubt sind.“