Hamburg. Der Internet-Anbieter setzt auf Flexibilität. Zehn Kooperationspartner gibt es schon in Bergedorf. Doch die Freiheit hat Nachteile.

Im Herbst und Winter boomen die Fitnessstudios. Tausende Sportmuffel treibt dann das schlechte Gewissen aufs Laufband und an die Hantelstange. Viele setzen dabei statt einer herkömmlichen Mitgliedschaft in einem Sportverein oder einem Fitnessstudio auf eine moderne Alternative. Der Internet-Anbieter Urban Sports Club verspricht mit 11.000 Kooperationspartnern in sieben Ländern ein Maximum an Flexibilität beim Training.

Die Idee: Für eine Mitgliedsgebühr im Urban Sports Club kann man einmal am Tag ohne weitere Kosten bei einem der Kooperationspartner einchecken. Das geschieht ganz einfach durch einen QR-Scan mit dem Handy. Der Kooperationspartner kann ein Fitnessstudio sein, ein Schwimmbad, eine Boulderhalle, ein Box-Gym oder ein bestimmter Kursus bei einem Sportverein. So wird das Training vielfältig und ist vor allem stets verfügbar, ganz egal, in welcher Stadt man sich gerade aufhält.

Urban Sports Club – moderne Alternative zum Sportverein

Zehn Sportanbieter kooperieren im Raum Bergedorf bereits mit dem Urban Sports Club. Darunter ist die TSG Bergedorf mit den Sportarten Badminton und Squash im Sportforum sowie ihrem Fitnessstudio im Billebad. Aber auch die kommerziellen Anbieter mischen mit, etwa der Sports Club Bergedorf in Lohbrügge, das wellyou und das Mrs. Sporty in Bergedorf, das Medifit in Wentorf oder das trimness in Geesthacht. Und auch das Billebad öffnet seine Schranken für die Mitglieder des Urban Sports Clubs. Im Gegenzug erhalten die Kooperationspartner pro erfolgtem Check-in eine Gebühr vom Internet-Anbieter.

Fitness Sports Club Bergedorf
Celina Miehlke (24) ist stellvertretende Studioleiterin im Sports Club Bergedorf. © Volker Gast | Volker Gast

Im Fokus des Konzepts vom Urban Sports Club stehen vor allem Berufstätige, denn viele Arbeitgeber beteiligen sich an den Kosten, um ihre Mitarbeiter zum Sporttreiben zu animieren – zum Teil mit kuriosen Folgen. „Wir hatten schon Mitglieder, die bei uns ausgetreten und dann über eine Mitgliedschaft im Urban Sports Club zurückgekehrt sind, auch wenn das mehr kostet. Allerdings beteiligen sich viele Arbeitgeber an den Gebühren für den Urban Sports Club. Dadurch wird dieser für Kunden interessant“, schildert Celina Miehlke, stellvertretende Studioleiterin im Sports Club Bergedorf.

Internet versus lokale Fitness-Anbieter: „Eine Kannibalisierung gibt es nicht“

Doch solche Fälle seien eher die Ausnahme, betont die 24-Jährige. Das bestätigen auch andere Fitness-Anbieter. „Wir stellen keine Kannibalisierung fest“, sagt Markus Sigl, geschäftsführender Gesellschafter von wellyou. „Im Gegenteil: Die Nutzer, die über den Urban Sports Club unsere Studios betreten, waren vorab kein Mitglied bei uns. Sie werden auch anschließend eher kein Kunde bei wellyou. Für diese Kunden ist die vielfältige Nutzung in den verschiedenen Freizeiteinrichtungen wie Fitnessstudio, Schwimmbad oder Kletterhalle entscheidend, nicht der Preis.“

Es ist eine neue Form der Work-Life-Balance, die der Urban Sports Club seinen Mitgliedern bietet. Da der nächste Sportanbieter nie weit weg ist, egal wo man sich befindet, lässt sich ein regelmäßiges Training viel leichter in den Arbeitsalltag integrieren, ohne dass man sich aufs Joggen beschränken müsste. „Well-being“ nennt das der Internet-Club in seiner im Moment omnipräsenten TV-Werbung. „Ein neuer Weg in ein ausgeglichenes Leben, mit mehr Workouts, mehr Balance, mehr Erfolgen.“ Die große Freiheit hat den Nachteil, dass eine Mitgliedschaft im Urban Sports Club in der Regel teurer ist als eine Mitgliedschaft beim lokalen Fitness-Anbieter.

Über den Urban Sports Club bekommen heimische Anbieter Zugang zur jungen Generation

Organisiert wird bei dem Internet-Verein alles digital über das Handy. Das ist maßgeschneidert für jüngere Menschen. Und gerade die machen eine Kooperation mit dem Urban Sports Club für Vereine wie die TSG Bergedorf interessant, stellt der TSG-Vorsitzende Boris Schmidt heraus. „Die 16- bis 40-Jährigen sind in den Sportvereinen unterrepräsentiert“, hat er beobachtet. „Eine Mitgliedschaft in einem Sportverein verbinden in dieser Altersgruppe viele damit, sich binden und vielleicht sogar ehrenamtlich engagieren zu müssen. Doch die junge Generation geht eher unverbindlich durchs Leben.“

„Die 16- bis 40-Jährigen sind in den Sportvereinen unterrepräsentiert“, sagt der TSG-Vorsitzende Boris Schmidt.
„Die 16- bis 40-Jährigen sind in den Sportvereinen unterrepräsentiert“, sagt der TSG-Vorsitzende Boris Schmidt. © BGZ/Hanno Bode | Hanno Bode

Insgesamt 27 Millionen Deutsche sind in Sportvereinen organisiert. Das bedeutet im Umkehrschluss: Rund drei Viertel der deutschen Bevölkerung betreibt Sport entweder unorganisiert oder gar nicht. Hier liegt ein riesiges Potenzial, doch es fällt den Vereinen schwer, es zu heben. Der Urban Sports Club sei ein Mittel dazu, erläutert Schmidt. „Natürlich hoffen wir, dass wenn jemand auf diesem Weg zu uns kommt, er dann irgendwann merkt, bei der TSG ist es sowieso am schönsten und er dann Mitglied bei uns wird.“

Wenn es November wird, stürmen die Sportmuffel die Fitnessstudios

Von November bis Januar aber boomen Fitnessstudios ohnehin. Das schlechte Gewissen treibt viele Fitnessmuffel aufs Laufband und an die Hantelstange. „Wir haben im Moment jeden Tag sehr viele Neueintritte“, freut sich Celina Miehlke vom Sports Club Bergedorf, der insgesamt rund 9000 Mitglieder hat. Und natürlich kennt die 24-jährige Ernährungsmanagement-Studentin ihre Pappenheimer. „Viele treten ein, wollen zwei, drei Monate lang abnehmen, um danach genauso weiterzuleben wie zuvor“, schildert sie. „Das funktioniert aber nicht. Man muss seine Ernährungsgewohnheiten grundlegend ändern, um langfristig Erfolg zu haben.“

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Dabei habe sich das Verhalten der Sportstudio-Nutzer grundlegend verändert. „Früher hatten wir viele Mitgliedschaften, die fest auf ein oder zwei Jahre abgeschlossen wurden, weil das preisgünstiger war“, erinnert sich Miehlke. „Heute gibt es das kaum noch. Fast jeder wählt die Option ,Monatlich kündbar‘.“

Umfrage prognostiziert sinkende Fitness-Nachfrage – „in Bergedorf noch nicht“

Dies könnte den lokalen Sportanbietern ebenso wie dem Internet-Verein Urban Sports Club in den kommenden Monaten auf die Füße fallen. Jedenfalls dann, wenn eine kürzlich publizierte Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft EY recht behält. Die hatte ergeben, dass die Deutschen in Zeiten steigender Preise zuerst an Luxusartikel, dann aber auch am Essen, Kino und dem Fitnessstudio sparen würden. „Das können wir im Moment noch nicht feststellen“, widersprechen Boris Schmidt und Celina Miehlke für die beiden größten Bergedorfer Fitness-Anbieter unisono der Analyse.