Hamburg. Auf dem Hauptdeich verunglücken in den Sommermonaten regelmäßig Radsportler, die auf geparkte Autos fahren. Das sagt die Lokalpolitik.
An einem sonnigen Herbsttag startete ein 30-Jähriger mit seinem Rennrad zu einer Tour in die Vier- und Marschlande, doch von dieser kehrte er nicht mehr zurück: Auf der Fahrt in Richtung Altengamme fuhr der Radsportler im Oktober 2023 auf dem Neuengammer Hauptdeich ungebremst auf das Heck eines am Straßenrand geparkten Kleinwagens auf. Der 30-Jährige erlitt so schwere Verletzungen an Hals und Kopf, dass er noch an der Unfallstelle starb.
Immer wieder passieren in den Sommermonaten auf der mehr als 30 Kilometer langen Hauptdeichlinie zwischen Tatenberg und Altengamme schlimme Unfälle. Erst am vergangenen Sonntag, 22. September, kam es auf dem Abschnitt, auf dem der 30-Jährige vor einem Jahr sein Leben verloren hatte, zu einem ganz ähnlichen Zusammenstoß.
Polizei Hamburg: Rennrad-Unfälle – wie kann das verhindert werden?
Um kurz vor 15 Uhr fuhr ein 49-Jähriger, der ebenso stadtauswärts unterwegs war, auf das Heck eines parkenden Pkw auf. Er erlitt Verletzungen an Oberschenkel, Armen und Kopf, war aber ansprechbar und orientiert. Nach der Erstversorgung durch die FF Neuengamme wurde der schwer verletzte Mann mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht und stationär aufgenommen. Es war der zweite Unfall dieser Art innerhalb von nur einer Woche.
Die Vier- und Marschlande sind ein beliebtes Trainings- und Ausflugsziel für Rennradfahrende. Der langgezogene Hauptdeich mit meist freien Strecken und nur gelegentlich geparkten Fahrzeugen animiert zum Fahren mit höheren Geschwindigkeiten und kann zu nachlassender Aufmerksamkeit führen, weiß die Polizei. Zwischen 2019 und 2023 kam es zu insgesamt 121 Verkehrsunfällen in diesem Zusammenhang, bei denen 79 Personen zum Teil schwer und eine eben sogar tödlich verunglückte.
Fahrverbot für Rennradfahrer? Parkverbot für Autos?
Mit der Verkehrssicherheitsaktion „Kopf hoch“ versucht die Polizei in Zusammenarbeit mit dem Radsport-Verband Hamburg sowie dem Forum Verkehrssicherheit Hamburg Rennradfahrende für die spezifischen Gefahren im Straßenverkehr sensibilisieren. Doch immer, wenn es wieder knallt auf dem Deich, dann wird vor allem auch in den sozialen Medien über mögliche Konsequenzen diskutiert – für Rennrad- und auch Autofahrer.
Auf der einen Seite wird dann ein Parkverbot für Pkw auf der Hauptdeichlinie gefordert, andererseits über die teils achtlose Fahrweise der Rennradfahrer geschimpft, die an sonnigen Tagen die Deichstraßen im Landgebiet geradezu bevölkern. Die CDU begrüßt ausdrücklich, dass die Vier- und Marschlande auch bei Radfahrern ein beliebtes Freizeitrevier sind. Doch gerade Rennradsportler müssten sich ebenso an die Straßenverkehrsordnung halten, werde von ihnen nicht immer, aber häufig rechts vor links nicht beachtet oder auch auf dem Marschbahndamm langsamere Verkehrsteilnehmer aus dem Weg geklingelt, beobachtet Jörg Froh.
Radsportler müssen noch mehr auf die Gefahren auf dem Hauptdeich sensibilisiert werden
Ein Halteverbot entlang des gesamten Deiches könne nicht die Lösung sein, um Radfahrer nicht zu gefährden, meint der Christdemokrat, früher langjähriger Beamter der Verkehrsabteilung an der Polizeiwache 41. Viel mehr hofft er auf weitere Aufklärungsarbeit seiner ehemaligen Kollegen. Das habe bei Motorradfahrern, die ebenso in großer Zahl auf dem Deich unterwegs sind, auch funktioniert, „auch wenn es ein langer Weg war“, weiß Froh.
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Auch Vereine und Verbände von Radsportlern sollten ihre Mitglieder, etwa auch vor größeren Ausfahrten in die Vier- und Marschlande, verstärkt auf die Gefahren hinweisen, um andere und vor allem auch sich selbst nicht zu gefährden, meint Jörg Froh. Ähnlich sieht es Hans-Hermann Mauer, der die SPD im Regionalausschuss vertritt. Der Sozialdemokrat ist selbst begeisterter Rennradfahrer, der pro Jahr etwa 4000 Kilometer fährt und zu seiner Hausstrecke auch den Hauptdeich zwischen Tatenberg und Kreisel in Altengamme zählt.
Selbst erfahrene Rennradfahrer können sich Unfälle nicht erklären
Den Autofahrern weist er keinerlei Schuld zu, „denn die Autos sind alle vorschriftsmäßig geparkt“, stellt Mauer fest. Die häufigen Auffahrunfälle sind ihm ein Rätsel. „Wenn jeder Rennradfahrer aufmerksam ist, dann kommt es auch zu keinen Unfällen“, ist der Sozialdemokrat überzeugt.
Schließlich sei die Strecke gut einsehbar, immer geradeaus und habe ausgebaute Kurven. Eine Erklärung aus seiner Sicht könne sein, dass die Konzentration nachlässt und der Kopf nach unten geht. „Da man aber Hunderte Meter vorausschauen kann, ist das eigentlich nicht möglich, dann ein Hindernis zu übersehen“, meint Mauer. Oder sind die Fahrer abgelenkt von der Landschaft oder der Elbe? „Kann sein, aber die Strecke hat Vorrang“, betont Mauer. Ebenso sei bei der Fahrt in einer Gruppe Disziplin absolut erforderlich.