Hamburg. Architekturwettbewerb für ersten Vorboten der Neuen Mitte Bergedorf-West ausgelobt. Geht es hier bis zu zehn Stockwerke in die Höhe?

Die Tage der Christophorus-Kirche und auch die vom Haus Christo im Herz von Bergedorf-West sind gezählt. Einstimmig hat der Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksversammlung jetzt grünes Licht für einen Architekten-Wettbewerb gegeben, der die Zukunft dieses Filet-Grundstücks gleich neben der Wochenmarktfläche am Werner-Neben-Platz entwerfen soll.

Klar ist schon: Es wird weit in die Höhe gehen. Den Kirchen-Kubus aus den 70er-Jahren könnte ein bis zu zehnstöckiger Wohnkomplex ersetzen, der sich über große Teile des gut 4000 Quadratmeter großen, heute im nördlichen Teil weitgehend unbebauten Grundstücks erstreckt.

Stadtentwicklung: Wohnungen auf dem Gelände der St.-Christophorus-Kirche

Drei Hamburger Architektenbüros haben nun bis Weihnachten Zeit, ihre Entwürfe für diesen westlichen Rand der künftigen Neuen Mitte Bergedorf-West beim Bezirksamt einzureichen. Eine erste Zwischenpräsentation ist schon für den 12. November vorgesehen, die Entscheidung der Fachjury aus Politik, Verwaltung, Kirche und Architektur-Fachleuten wurde für den 3. März 2025 terminiert.

Klar ist schon, dass der evangelische Kirchenkreis Hamburg-Ost selbst Bauherr sein wird und neben einer sechszügigen Kita auf gut 640 Quadratmetern im Erdgeschoss in sämtlichen Geschossen darüber einen bunten Mix aus Mietern plant.

Kirche schraubt Quote von Sozialwohnungen von 50 auf 35 Prozent zurück

Nachdem zwischenzeitlich schon von bis zu 50 Prozent Sozialwohnungen die Rede war, ist die Quote jetzt erst einmal auf die in Hamburg vorgeschriebenen 35 Prozent zurückgeschraubt worden. „In den Architektenentwürfen sind verschiedene kostengünstige Wohnungstypen darzustellen“, skizzierte Bergedorfs Stadtplaner Axel Schneede im Ausschuss die Vorgaben für den Wettbewerb. „Der Auftraggeber möchte alleinstehende Menschen unterschiedlichen Alters ebenso ansprechen, wie Paare, dazu spezielle Wohngruppen und Familien. Gewünscht sind robuste, konventionelle Grundrisse mit tendenziell gleich großen Zimmern.“

Blick auf die einstige Kirche St. Christophorus am Wochenmarkt auf dem Werner-Neben-Platz in Bergedorf-West.
Blick auf die einstige Kirche St. Christophorus am Wochenmarkt auf dem Werner-Neben-Platz in Bergedorf-West. © bgz | Ulf-Peter Busse

Die St.-Christophorus-Kirche wurde schon im Sommer 2022 entweiht und wird seither nur noch für Veranstaltungen genutzt, aktuell immer wieder für einen Flohmarkt. Die Gemeinde Bergedorf-West wurde in den Kirchenkreis Bergedorfer Marschen integriert, mit der Franz-von-Assisi-Kirche in Neuallermöhe als Zentrum. Seit vor einem Jahr entschieden wurde, das Bürgerhaus Westibül nicht, wie ursprünglich geplant, vom benachbarten Einkaufszentrum auf das St.-Christophorus-Areal zu verlagern, sind die millionenschweren Neubaupläne der Kirche gereift.

Heutiges Einkaufszentrum in Bergedorf-West wird abgerissen

Während der beliebte Treff an eine andere Stelle nahe dem künftigen Quartierszentrum zieht – voraussichtlich in die Nachbarschaft des Sportplatzes – wird das Wohn-Kita-Projekt der Kirche jetzt als Teil des neuen Gebäudeensembles geplant, das den heutigen Wochenmarktplatz als Halbrund im Norden umschließt.

Wird ebenfalls abgerissen: das Haus Christo gleich neben der alten Kirche St. Christophorus.
Wird ebenfalls abgerissen: das Haus Christo gleich neben der alten Kirche St. Christophorus. © bgz | Ulf-Peter Busse

Um diesen Werner-Neben-Platz mit breiten, grünen Passagen an die Nachbarschaft anzuschließen, wird das heutige Einkaufszentrum abgerissen. Die Bagger entfernen dabei aber nur die Anbauten des Wohnkomplexes, in den es integriert ist. Die dominante 70er-Jahre-Immobilie vis-à-vis der S-Bahn-Station Nettelnburg, im Volksmund liebevoll „Spundwand“ genannt, bleibt stehen.

St. Christophorus und Haus Christo könnten 2026 abgerissen werden

Wann genau mit dem Neubau auf dem Kirchengrundstück und mit dem Rest der Neuen Mitte begonnen wird, ist bisher offen. Die Bagger könnten allerdings schon 2026 anrücken, zumindest um den Backstein-Quader von St. Christophorus und das benachbarte Haus Christo abzureißen.

Anschließend will die Kirche ihr Areal dann „unter dem Aspekt der größtmöglichen verträglichen Grundstücksausnutzung“ überbauen, wie Axel Schneede im Stadtentwicklungsausschuss ausführte. „Die Höhenentwicklung der Gebäudekörper soll sich angemessen in das bestehende beziehungsweise geplante räumliche Umfeld einfügen.“

Kirche will bei Pkw-Stellplätzen sparen: Kritik von der CDU

Sparen will die Kirche allerdings an Pkw-Stellplätzen. So sind für die gut 100 Wohnungen plus Kita nur 20, maximal 25 Parkplätze auf dem Areal vorgesehen. Weitere Stellplätze sollen im geplanten Parkhaus, einem sogenannten Mobility-Hub, auf dem heutigen P&R-Platz am Friedrich-Frank-Bogen östlich der Neuen Mitte nachgewiesen werden. Ohnehin wird vom Bauherrn angesichts der Lage in direkter S-Bahn-Nähe mit wenig Autos gerechnet: Bestenfalls jede zweite Wohnung wird einen Stellplatz bekommen – und die Eltern der Kita-Kinder grundsätzlich auf die Anreise mit dem Pkw verzichten.

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An der Parkplatz-Frage entfachte sich im Stadtentwicklungsausschuss eine kontroverse Diskussion: CDU-Fraktionschef Julian Emrich kritisierte die Quote von 0,5 als deutlich zu niedrig: „Wir sollten mit mindestens 0,8, besser einem ganzen Stellplatz je Wohnung planen.“ Petra Petersen-Griem (SPD) wünschte sich dagegen gar keine Parkplätze auf dem Gelände, um die Flächenversiegelung zu reduzieren.

Wohnungen in Bergedorf-West: Grünes Licht für Architekten-Wettbewerb

Tatsächlich will die Kirche nämlich aus Kostengründen auf eine Tiefgarage verzichten und sämtlichen Parkraum ebenerdig neben dem Neubau pflastern. Dennoch stimmten beide Fraktionen dem Auslobungstext für den Architekten-Wettbewerb zu.

Für die Linken forderte Maria Westberg das Bezirksamt auf, im Hinblick auf die Sozialwohnungsquote noch einmal auf den Kirchenkreis Hamburg-Ost einzuwirken: „50 Prozent würden gerade diesem Bauherren gut zu Gesicht stehen.“ Zudem mache die nahe S-Bahnstation Nettelnburg das Projekt auch für Menschen aus anderen Hamburger Stadtteilen interessant.