Hamburg. Schlagerspiel an historischer Stätte: Erstes Oberligaspiel seit 13 Jahren in Bergedorf. Steht am Ende der Sprung in den Profifußball?
Wochenlang haben die Verantwortlichen vom ASV Bergedorf 85 und ETSV Hamburg an dem Coup geplant, nun soll er Wirklichkeit werden: Zum ersten Mal seit 13 Jahren wird an den traditionsreichen Sander Tannen wieder Oberliga-Fußball zu sehen sein, wenn der ETSV Hamburg am Sonntag um 13 Uhr den Regionalliga-Absteiger Eimsbütteler TV empfängt. Das ist gleich ein Schlagerspiel zweier Aufstiegskandidaten.
„Wir hoffen sehr darauf, dass viele Bergedorfer Fußballinteressierte an die Sander Tannen kommen, um sich die Partie anzuschauen. Daran liegt uns viel“, betont Sascha „Jassi“ Huremovic, der Sportchef des ETSV Hamburg. Der 55-Jährige war in der Saison 1998/99 selbst einmal Oberligaspieler beim ASV Bergedorf 85. Nun kehrt er in seine alte Heimat zurück, die Heimstätte der „Elstern“. Hier gab es schon viele große Partien, die berühmteste war 1982 das legendäre Pokalspiel des ASV Bergedorf 85 gegen Bayern München.
ETSV Hamburg feiert Premiere an den Sander Tannen
„Ganz besonders freue ich mich darauf, erstmals nach dem Spiel eine Pressekonferenz abzuhalten“, blickt Huremovic auf den besonderen Tag für den ETSV Hamburg voraus. Eigentlich war der Wechsel von Billwerder nach Bergedorf ja schon zu Saisonbeginn geplant. Doch weil die „Eisenbahner“ im August ihr 100-jähriges Bestehen feierten und es seltsam ausgesehen hätte, wenn die 1. Mannschaft in dieser Zeit ihre Heimspiele woanders ausgetragen hätte, war man zunächst noch am Mittleren Landweg geblieben.
Doch die Zukunft sollen die Sander Tannen sein, vor allem mit Blick auf einen möglichen Aufstieg in die Regionalliga, den die „Eisenbahner“ selbstbewusst bereits in dieser Saison als Ziel ausgegeben haben. Dass das nicht aus der Luft gegriffen ist, bewies der furiose Saisonstart mit fünf Siegen in fünf Partien, darunter Kantersiege gegen Harksheide (7:0), bei den Alsterbrüdern (6:0) und gegen Aufsteiger Vorwärts-Wacker Billstedt (9:1), bevor nun am Dienstagabend mit einer 2:4-Niederlage in Buchholz der Dämpfer folgte.
ETSV Hamburg will auch nach einem Aufstieg in Bergedorf spielen
Mittelfristig, nämlich innerhalb von fünf Jahren, soll der Weg des „neuen Players im regionalen Fußball“ (Lübecker Nachrichten) möglichst sogar bis in die 3. Liga und damit in den Profifußball führen. Aber nicht um jeden Preis, wie Huremovic deutlich macht. „Wir würden für unsere Heimspiele nicht quer durch ganz Hamburg fahren wollen, um zum Beispiel im Stadion an der Hoheluft zu spielen“, betont der 55-Jährige.
Immer wieder habe der ETSV-Sportchef in den vergangenen Monaten daher das Gespräch mit dem Bezirksamt gesucht. „Im Prinzip geht es um die Frage, wie erfolgreich wir denn sein dürfen“, sagt Huremovic. Schon in der Regionalliga schreiben die Statuten des Deutschen Fußball-Bunds eine Trennung der Fangruppen vor. Auf der Anlage an den Sander Tannen, die zwei Eingänge hat, wäre das kein Problem.
Fantrennung, Flutlicht: Aufstieg brächte große Anforderungen mit sich
Schwieriger ist da schon die Frage des Flutlichts, das bislang an den Sander Tannen fehlt. Eine LED-Flutlichtanlage kostet rund 85.000 bis 90.000 Euro. Aktuell hat der DFB eine Lichtstärke von 200 Lux vorgeschrieben, um TV-Übertragungen zu ermöglichen. Künftig sollen die Anforderungen auf 400 Lux steigen, was die Kosten nach oben treiben dürfte. Doch es gibt auch eine Übergangsfrist: Mindestens ein Jahr lang dürfen Vereine nach einem Aufstieg auch ohne Flutlicht in der Regionalliga spielen.
Doch nicht nur organisatorisch warten große Herausforderungen, auch sportlich wird es für die „Eisenbahner“ alles andere als leicht. Der Kader ist mit sieben 20-Jährigen und drei 21-Jährigen teilweise sehr jung. Formschwankungen werden da nicht ausbleiben, wie sich nun bei der Niederlage in Buchholz erstmals gezeigt hat.
Neu zusammengesetzter Kader ist schnell zu einer Einheit geworden
„Die fünf Siege zu Beginn sind nur eine Momentaufnahme“, hatte ETSV-Trainer Berkan Algan schon vor der Buchholz-Partie gewarnt. Er sollte recht behalten. Trotzdem überwiegt für den Coach das Positive. „Ich bin beeindruckt, wie schnell sich die Spieler angesichts unserer vielen Neuzugänge zusammengefunden haben“, betont Algan. „Wir arbeiten sehr intensiv.“
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Auch Huremovic sieht nach einem großen personellen Umbruch im Sommer nun deutliche Fortschritte gegenüber der vergangenen Saison. „Die Mannschaft ist jung, talentiert und willig“, schwärmt er. „Wenn wir den Spielern sagen: Last uns noch ein drittes und viertes Mal pro Woche trainieren, dann freuen sie sich. Im letzten Jahr hätte es noch geheißen: ,Muss das sein, noch mehr Training?‘“
Der Weg in die Regionalliga ist extrem steinig
Mit Regionalliga-Absteiger Eimsbüttel und Oberliga-Meister Altona 93 hat der ETSV Hamburg mindestens zwei starke Aufstiegskonkurrenten. Nur der Meister erreicht die Aufstiegsrunde, in der die Titelträger aus Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bremen voraussichtlich zwei Plätze ausspielen. Ein langer Weg, an dessen Ende die „Eisenbahner“ zu triumphieren hoffen.
Dafür wäre ein Sieg am Sonntag gegen Eimsbüttel ein guter Anfang. Durch die Niederlage in Buchholz ist der ETSV in der Tabelle mit 15 Punkten auf den dritten Platz abgerutscht, liegt nun hinter Spitzenreiter Altona (18) und Lokalrivale TuS Dassendorf (16), der bislang keine Regionalliga-Ambitionen gehegt hat.
Vieles hängt beim ETSV Hamburg an einem einzigen Geldgeber
In nur zwei Jahren ist der ETSV von der siebten in die fünfte Liga aufgestiegen und klopft nun bereits am Tor zur Viertklassigkeit. Der Erfolg ist eng verknüpft mit dem Engagement von Mäzen Thomas Kropmanns. Dass die „Eisenbahner“ vor allem auf ihre Finanzstärke setzen, ruft in der Hamburger Amateurfußballszene regelmäßig Kritik hervor. Ein Umstand, den Sportchef Huremovic nicht nachvollziehen kann.
„Es genügt doch nicht, Geld zur Verfügung zu haben, um sportlich erfolgreich zu sein“, gibt er zu bedenken. „Man muss es auch vernünftig investieren können. Aber es ist wohl egal, was wir machen. Selbst wenn wir übers Wasser gehen könnten, würden manche Leute noch sagen: ,Die sind zu blöd zum Schwimmen.‘“