Hamburg. Themenwoche für nachbarschaftliche Vielfalt in Neuallermöhe. Breites Bündnis macht mit. Was im Einzelnen geplant ist.

Dieses Wahlergebnis hat viele erschreckt: Auf 23,2 Prozent kam die AfD in Neuallermöhe bei der Bezirkswahl. „Und die haben auf dem Wochenmarkt hier im Stadtteil vorher gezielt Menschen mit Migrationshintergrund anwerben und deren Ängste schüren wollen“, meint Alexandra Quast aus dem Stadtteilbüro der Lawaetz-Stiftung.

Gemeinsam mit ihrem Kollegen Moritz Plebs plant sie nun eine „Themenwoche für nachbarschaftliche Vielfalt“, denn man dürfe jetzt nicht mit dem Finger aufeinander zeigen, so die 35-jährige Mutter, die selbst in Neuallermöhe aufgewachsen ist: „Zwar hatten wir hier das Z-Symbol an den Wänden. Aber wir sollten einander die Hand reichen, denn längst nicht jeder Russland-Deutsche hat diese Partei gewählt, die unser Demokratieverständnis ad acta legen will.“

Neuallermöhe wehrt sich gegen Ruf als AfD-Hochburg

Aktuell leben gut 23.000 Menschen in Neuallermöhe, 66,3 Prozent haben einen Migrationshintergrund. Bei allen jungen Menschen unter 18 Jahren liegt dieser Wert sogar bei 80,4 Prozent. „Wir sind hier total divers und heterogen, da gibt es viele unterschiedliche Herkünfte, Themen und Probleme“, weiß Quast, die durchaus von Diskriminierung und Rassismus gehört hat, auch in Kita und Schule: „Die meisten Leute aber möchten keinen Stempel, sondern fleißig und unauffällig leben.“

Und das vor allem friedlich. Deshalb sollen die Nachbarn nun mehr ins Gespräch kommen, vielleicht auch ihre Sorgen teilen und darüber diskutieren, wegen welcher Ängste die AfD gewählt wurde und was sich vielleicht beim Thema Überfremdung verbessern ließe. Zwischen dem 13. und 20. September liegen sowohl der internationale Tag der Demokratie als auch der Weltkindertag – ein passender Zeitraum also, um verschiedene Projekte zu starten.

Wegen welcher Ängste wurde die AfD gewählt?

„Neuallermöhe steht auf“ nennt sich eine Gruppe um die Ökosiedlung und deren Nachbarn. Sie wollen Infostände organisieren und eine Lichterfahrt auf Booten und Kanus durch die Fleete. Außerdem sollen Menschen mit ausländischen Wurzeln interviewt werden. „Dann werden Aufkleber mit QR-Codes produziert, die zum Audio führen“, erklärt Alexandra Quast, die auch auf der Homepage (www.neu-allermoehe.de/stadtteilbüro) dafür werben will und in der Stadtteilzeitung, die mit 9000 Exemplaren an die Haushalte verteilt wird.

Mit einem afrikanischen Kindertanz und einem Kindertheater will sich das KulturA beteiligen, der Sportverein Atlantik 97 plant eine Diskussion mit Jugendlichen über das Image ihres Stadtteils, der Titel: „Wir sind Neuallermöhe“. Angefragt ist zudem die Hamburger Initiative „Kurswechsel“, die Menschen mit Sympathien in der rechtsextremen Szene eine Ausstiegsbegleitung anbietet.

Diskussion mit Jugendlichen: „Wir sind Neuallermöhe“

Nicht zuletzt werde sich in besagter Woche auch das Bergedorfer Netzwerk für Demokratie engagieren, plane Amma Nwosu, die Diversitätsbeauftragte der Gretel-Bergmann-Schule, ein Rollstuhl-Basketballspiel.

Viele weitere Ideen sind willkommen und können eingetragen werden in die Liste unter https://form.jotform.com/lawaetz/nachbarschaftliche-vielfalt. Denkbar wären Sport (Selbstverteidigung im geschützten Raum), Lesungen, Konzerte oder Vorträge über Medienkompetenz. Auch Malerei, Fotografie oder Theater darf es sein. Das Stadtteilbüro selbst möchte mit einer Künstlerin an einer öffentlichen Wand „Gedenkplatten“ aus Keramik zeigen, die – ähnlich der Stolpersteine – an tapfere Freiheitskämpfer erinnern.

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Nicht zuletzt darf auch ein gemeinsames Essen im Vordergrund stehen: Wer mit seinen Nachbarn ein Picknick oder einen Grillabend im öffentlichen Raum plant, kann mit einer finanziellen Unterstützung durch das Stadtteilbüro rechnen. In den nächsten Tagen werden Plakate und Flyer auf die Themenwoche hinweisen. Das Stadtteilbüro am Fleetplatz 1 bietet übrigens eine offene Sprechstunde an jedem Donnerstag zwischen 16 und 18 Uhr an.