Hamburg. Umweltbehörde zäunt Deichvorland in Altengamme ein, um Wiesenvögel zu schützen. Sehr zum Unmut des Bergedorfer Anglervereins.

Bei Anglern ist der Abschnitt der Stromelbe in Höhe von Altengamme ein beliebter Platz, um ihre Angelrute ins Wasser zu halten. „Es ist ein sehr interessanter Ort, weil dort ein vielfältiger Fischfang möglich ist“, erklärt Jens Kiesel, Vize-Vorsitzender des Bergedorfer Anglervereins. Doch um den Köder nach Aal, Plattfisch oder auch Zander auszuwerfen, kommen die Angler nun kaum noch an die Elbe heran.

Denn ein massiver Stacheldrahtzaun versperrt ihnen nun über mehr als einen Kilometer den Weg ans Wasser. „Das sieht aus, wie auf einem Truppenübungsplatz“, meint Jens Kiesel, der im Namen seines Vereins als Mitpächter des Elbabschnittes ausdrücklich gegen diese Maßnahme protestiert. „Anstatt uns vorher in die Planungen einzubeziehen, wurden wir vor vollendete Tatsachen gestellt“, kritisiert Jens Kiesel.

Angler verärgert: Stacheldraht soll Wiesenvögel im Altengammer Deichvorland schützen

Eingezäunt wurde die Fläche im Auftrag der Umweltbehörde (Bukea), weil sie für verschiedene Vogelarten eine sehr hohe Bedeutung als Brutplatz, aber auch zur Rast im Winter habe, erklärt Bukea-Sprecherin Franziska Fleischhauer. Daher sei sie auch Teil des Naturschutzgebietes Borghorster Elblandschaften und in Teilen auch eine naturschutzrechtliche Ausgleichsfläche. In der Vergangenheit wurde die Wiese jedoch regelmäßig von Spaziergängern und Anglern betreten, um an die Elbe zu gelangen.

„Durch das Betreten der Fläche werden die Tiere gestört, wodurch die Brut aufgegeben oder die Nahrungsaufnahme unterbrochen wird, sodass nicht genügend Energiereserven für den Weiterflug angelegt werden können“, stellt Franziska Fleischhauer fest. Innerhalb des Naturschutzgebietes ist es jedoch verboten, das Gebiet außerhalb dafür bestimmter Wege zu betreten. „Das Begehen der Wiesenfläche, innerhalb des Naturschutzgebiets, ist und war folglich zu keinem Zeitpunkt gestattet. Hierauf weisen mehrere Schilder um die Fläche hin. Leider haben diese nicht zu einer Verringerung der Störungen beigetragen“, so die Behördensprecherin.

Zaun wurde zerschnitten: Nun soll Stacheldraht Vandalismus verhindern

Bei Feldlerche, Wiesenpieper und Schafstelze sei bereits ein signifikanter Rückgang der Population belegt. „Als Ursache werden die häufigen Störungen vermutet“, erklärt Franziska Fleischhauer. Außerdem sei auch auffällig, dass trotz geeigneter Habitate größere Wiesenvögel, wie Kiebitz, Uferschnepfe oder Wachtelkönig, den Bereich nicht nutzen. Damit die Wiesenflächen wieder ein Lebensraum für die genannten Arten werden könne, sei es die einzige Möglichkeit, die Störungen zu reduzieren, erklärt die Behörde.

Bergedorfer Angelverein
Angler müssen nun über die Steinschüttungen klettern, um zu Buhnen in der Elbe zu gelangen. © Lena Diekmann | Lena Diekmann

Dafür gab es bereits einen Zaun entlang des Deichs und der Baumreihe, der jedoch immer wieder zerschnitten worden ist. „Daher ist sich für die jetzt massiv erscheinende Ausführung entschieden worden, um Vandalismus vorzubeugen“, erklärt Franziska Fleischhauer. Für Tiere würde der Stacheldraht aus Sicht der Behörde keine Gefahr darstellen: „Tauchende Vögel jagen unter Wasser und verfügen daher über ein sehr gutes Sehvermögen. Dass sich Tiere im Zaun verfangen, weil sie ihn nicht wahrnehmen, ist daher sehr unwahrscheinlich und ist bislang auch an bestehenden Zäunen entlang der Elbe nicht beobachtet worden“, erklärt die Sprecherin.

Angler müssen über glitschige Steinschüttungen im Wasser klettern, um zu Buhnen zu gelangen

Da sich für die Angler keine Veränderungen ergeben haben, seien sie auch nicht im Vorfeld informiert worden: „Die Wiesenfläche ist nicht von den Anglern gepachtet, noch besteht für diese eine Ausnahme zum Betreten der Flächen“, erklärt Franziska Fleischhauer. Das Angelrecht gelte nur für den unmittelbaren Uferstreifen, der durch die Steinschüttung kenntlich ist. Ebenso dürften die Buhnen betreten werden.

Um dahin zu gelangen, wurden am Anfang und Ende der eingezäunten Fläche Zugänge zur Elbe geschaffen. „Die aber sind lediglich bei Niedrigwasser passierbar, wobei der Weg an der Slipanlage selbst dann kaum machbar ist“, kritisiert Jens Kiesel. Der Vize-Vorsitzende des Bergedorfer Anglervereins erkennt zudem noch weitere Gefahren: „Angenommen Angler machen sich die Mühe, um an einen Angelplatz an der dritten Buhne zu kommen und werden dann von einem stärkeren Hochwasser überrascht, dann besteht direkt Gefahr für Leib und Leben, da es praktisch keinen Rückweg gibt.“

Angler hätten sich einen schmalen Streifen am Ufer zum Gehen gewünscht

Neben den Problemen für die Angler erkennt er persönlich auch Probleme in anderen Bereichen: „Auf den Buhnen sind schon des Öfteren Boote aufgelaufen. Von der Landseite her besteht keine Möglichkeit mehr für Hilfskräfte hierhin zu gelangen“, so Kiesel. Auch würde Wild nun nicht mehr zum Trinken an die Elbe kommen oder ebenso könne sich, wenn bei Überflutungen jede Menge Unrat wie Äste, Schilf oder Abfälle angespült wird, dieser im Zaun verfangen und gegebenenfalls den Ablauf des Wassers verhindern. „Ich bin mir nicht sicher, ob alle diese Erwägungen in der Planung bedacht wurden“, meint Jens Kiesel.

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Aus seiner Sicht wäre es am einfachsten gewesen, den Zaun zwei Meter vom Gehölzstreifen anzulegen. „Dann wäre noch ein Durchgang vorhanden und die Wiesenvögel hätten trotzdem ihre Ruhe.“ Dem allerdings widerspricht die Bukea: „Der Uferstreifen, der sich an die Steinschüttung anschließt, ist als Biotop gesetzlich geschützt. Die hier wachsenden Pflanzenarten würden durch das Betreten geschädigt“, erklärt Franziska Fleischhauer.

Die Hoffnung, dass der Zaun doch noch ein Stück ins Deichvorland hinein rücken könnte, muss sie den Anglern daher nehmen: Ein Versetzen des Zauns auf Kosten des Uferstreifens würde gegen das Bundesnaturschutzgesetz verstoßen und einer Zustimmung der Eigentümer erfordern, da sich die Wiesenflächen in Privatbesitz befinden. Fleischhauer: „Dies wurde in Gesprächen mit den Eigentümern diskutiert und von ihrer Seite abgelehnt.“