Hamburg. Andreas Hammer aus Bergedorf und Indre Berendes aus Kirchwerder arbeiten als Volunteers bei der Euro 2024. Was sie so alles erleben.
Sollte es Superstar Cristiano Ronaldo mit Portugal ins Viertelfinale der Fußball-Europameisterschaft nach Hamburg schaffen, wird Indre Berendes schon auf ihn warten. Die 48-Jährige aus Kirchwerder hat als Volunteer – Freiwillige – einen absoluten Traumjob: Sie ist im Innenraum des Volksparkstadions für alle Abläufe rund um das Spiel zuständig.
Begegnungen mit den Superstars der Szene bleiben da natürlich nicht aus. „Luka Modric hat mir die Hand geschüttelt. Viele andere Spieler auch“, schwärmt sie. Zuvor hatte Berendes selbst die Rolle des kroatischen Kapitäns gespielt. „Bei der Probe für die Einlaufkinder war ich Modric“, erzählt sie. „Die Abläufe sind minutiös durchgeplant. Jedes Kind muss seinen Weg, jeder im Innenraum seine Aufgabe kennen.“
Volunteers bei der Fußball-EM: Auf Du und Du mit den Weltstars
Insgesamt 16.000 Volunteers engagieren sich für die Fußball-Europameisterschaft. Die Nachfrage war gewaltig: Allein auf die 1600 Plätze in Hamburg hatten sich über 10.000 Interessenten beworben. Einer von denen, die genommen wurden, ist Andreas Hammer. „Das ist eine ganz tolle Gelegenheit, mal hinter die Kulissen von solch einem Großereignis zu blicken“, freut sich der 57-Jährige.
Der frühere Stürmer des ASV Bergedorf 85 hat sich vor allem als Torschütze im legendären DFB-Pokalspiel der „Elstern“ 1992 gegen Bayer Leverkusen (1:3) in die Hamburger Fußball-Historie eingeschrieben. Seit Jahren ist er Ehrenamtsbeauftragter des Hamburger Fußballverbands. „Ich hatte mich schon 2006 beim ,Sommermärchen‘ als Volunteer beworben, bin damals aber nicht genommen worden. Umso schöner ist es, dass es dieses Mal geklappt hat.“
Faszination Volunteer: Das Losglück des Andreas Hammer
Beim Spiel zwischen der Niederlande und Polen fungierte Hammer auf der Tribüne als „Usher“, das heißt, er kümmerte sich in einigen Blöcken um die Belange der Fans. „Es war eine Riesenparty. Die Stimmung war brillant“, schwärmt Hammer. Dass er im Stadion gelandet war, das war Glück. Es hätte auch außerhalb des Stadions sein können. Das wird ausgelost. Eine Schicht dauert rund zehn Stunden, Geld bekommen die Volunteers für ihre Arbeit nicht.
„Aber das Gemeinschaftserlebnis ist unglaublich“, hebt Hammer hervor, der sich beruflich bei Unilever um die Finanzplanung für den Eiscreme-Bereich (Langnese, Ben & Jerry‘s) kümmert. „Es sind unter den Volunteers auch viele Leute dabei, die sich gar nicht so sehr für Fußball interessieren, sondern einfach Lust haben, Leute kennenzulernen und Teil einer großen Gemeinde zu sein.“
3800 Bewerber wollten in den Innenraum, nur vier wurden genommen
Beim Viertelfinalspiel in Hamburg am 5. Juli hofft er nun erneut darauf, erneut für einen Einsatz im Stadion ausgelost zu werden, um so die Ballkünste der Stars aus nächster Nähe bewundern zu können. Indre Berendes hingegen hat ihren Platz im Innenraum des Volksparkstadions bereits sicher. Denn im Bereich „Match Organisation“ tauscht das Volunteer-Personal nicht durch. Wer zu diesem erlauchten Kreis gehört, ist immer dabei.
Dafür musste Berendes vorab das härteste Bewerbungsverfahren von allen durchlaufen. „Das ging über drei Runden“, schildert sie. „3800 Interessenten hatten sich beworben, doch es gab nur vier Plätze. Ich habe einen davon bekommen.“ Dabei dürfte eine Rolle gespielt haben, dass die Kaffee-Managerin von Tchibo auch beruflich international aufgestellt ist. „Gerade lerne ich Suaheli, um mich mit unseren Kaffeepflückern in Tansania unterhalten zu können.“
Hat der Spielball genug Luft? Volunteer Indre Berendes weiß es
Die Karten, die sie sich vorab für das Spiel Kroatien-Albanien gekauft hatte, konnte sie danach getrost an Tochter Stella und Sohn Joshua weiter verschenken. „Als ich ihnen dann auf der Tribüne vom Innenraum aus zugewinkt habe, das war schon ein besonderer Moment“, gibt sie zu. Doch die herausgehobene Rolle ist mit einem Zugeständnis erkauft. „Selfies mit den Stars werden nicht gern gesehen“, weiß Indre Berendes.
Während eines Spiels ist sie für alles zuständig, was den Matchablauf betrifft. Prüft ein Spieler vor dem Einwurf, ob der Ball genug Druck hat, kann er sicher sein, dass sie dies vor dem Anpfiff auch schon getan hat. Nimmt der Schiedsrichter per Headset Kontakt seinen Assistenten oder dem Videokeller in Leipzig auf, kann er sicher sein, dass das Headset funktioniert, weil Berendes das bereits vorab überprüft hat.
Selbst Superstars des Weltfußballs hören auf die Frau aus Kirchwerder
Und selbst Superstars wie Luka Modric hören auf ihr Kommando: „Wenn es Zeit für das Auflaufen ist, klopfen wir als Signal an die Türen der Umkleidekabinen.“ Demnächst vielleicht ja an die Tür von Cristiano Ronaldos Team Portugal. Oder an die Tür der französischen, niederländischen oder belgischen Stars.
„Ich hätte gern die Belgier bei uns in Hamburg im Viertelfinale“, betont Indre Berendes, die in Escheburg aufwuchs und selbst Fußballtrainerin ist. „Ich mag Kevin de Bruyne, ich mag seine Art, Fußball zu spielen. Ich schätze es, wenn jemand in der Lage ist, Distanzpässe zu spielen, die zentimetergenau ankommen“, zählt sie auf. „Mir gefällt es auch, wie bodenständig er dabei geblieben ist.“
Das Medienzentrum für die EM füllt einen ganzen Parkplatz
Auch Andreas Hammer hätte noch einen Superstar auf seiner Wunschliste. Und es verwundert bei einem ehemaligen Stürmer wie ihm nicht, dass es sich dabei ebenfalls um einen Angreifer handelt. „Ich würde den 16-jährigen Spanier Lamine Yamal gerne mal live spielen sehen“, betont er. Das allerdings wird nicht klappen, denn die Spanier, das steht jetzt schon fest, werden keines ihrer EM-Spiele in Hamburg austragen.
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Doch eine Menge unvergesslicher Eindrücke, die nimmt er mit. „Besonders beeindruckt hat mich, dass der gesamte Parkplatz Weiß vor dem Stadion zu einem riesigen Medienzentrum umgebaut worden ist“, schildert Hammer. „Die Kabelbrücke hinüber ins Stadion hat einen Durchmesser von einem Meter.“ Es habe sich auf jeden Fall gelohnt, Urlaub für die Tätigkeit als Volunteer zu nehmen, da sind sich beide einig. „Dies ist eine Chance, die im Leben nicht wiederkommt“, ist sich Berendes sicher.