Hamburg. Die große Bilanz: Was bringen neue Techniken im Kampf gegen den Klimawandel? Die Analyse bringt einige überraschende Erkenntnisse.
Das Hochwasser in Süddeutschland hat die Folgen des Klimawandels wieder einmal für uns alle anschaulich gemacht. Die Folgen beschränken sich nicht auf ferne Gegenden. Der Klimawandel gefährdet auch ganz unmittelbar unser Leben, unsere Häuser, unsere Existenz, unsere Zukunft. Der Bergedorfer Familien-Blog „Volkers Welt“ beschäftigt sich heute mit dem Klimawandel. Dabei geht es vor allem um neue Techniken zur Beseitigung des gefährlichen Treibhausgases.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) nutzte die Krise in den Überschwemmungsgebieten daher zu einem neuerlichen Appell: „Wir müssen den menschengemachten Klimawandel aufhalten. Das ist eine der großen Aufgaben, vor denen wir stehen – für unser Leben und das Leben zukünftiger Generationen.“ Das Problem ist nur: Der Hebel, der der deutschen Politik zur Verfügung steht, ist sehr klein. Deutschland ist für gut 2,5 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen verantwortlich. Oder anders ausgedrückt: Wäre Deutschland ab morgen klimaneutral, würde sich die weltweite Belastung mit Treibhausgasen um ihren 39. Teil verringern. Ein deprimierend geringer Wert.
Kampf gegen den Klimawandel: Das Treibhausgas wieder loswerden
Viele Verfechter einer rigorosen Wende argumentieren daher lieber mit einem anderen Begriff: dem CO₂-Fußabdruck. Jeder Deutsche ist rechnerisch im Schnitt pro Jahr für den Ausstoß von 9,7 Tonnen Kohlendioxid verantwortlich. Das ist doppelt so viel wie der weltweite Durchschnitt von 4,8 Tonnen pro Jahr. Das Problem ist: Der CO₂-Fußabdruck ist nicht sehr aussagekräftig. Steigt unsere Bevölkerungszahl, verringert sich der CO₂-Fußabdruck des Einzelnen, ohne dass das Klima tatsächlich profitiert.
Bedeutung hat der Begriff des CO₂-Fußabdrucks daher vor allem in moralischer Hinsicht. Der Treibhauseffekt wird vorwiegend von den Wirtschaftsnationen verursacht, unter seinen Folgen hingegen leiden vor allem die ärmeren Bevölkerungsschichten in der sogenannten Dritten Welt. Die G20-Staaten verursachen 81 Prozent der CO₂-Emissionen. Daher ist es die moralische Pflicht der reichen Nationen, sich im Kampf gegen den Klimawandel besonders stark einzubringen.
Seit der Wiedervereinigung hat Deutschland seine CO₂-Emissionen fast halbiert
Wieder ist es nun eine Frage der Hebel, die zur Verfügung stehen. Beispiel Deutschland: Laut Umweltbundesamt hat sich die Menge des ausgestoßenen Treibhausgases in Deutschland seit der Wiedervereinigung fast halbiert, von 1,25 Milliarden auf 0,67 Milliarden Tonnen Kohlendioxid. Haupttreiber der CO₂-Einsparung war eine Verbesserung der Energiegewinnung. Es wird heute weniger Kohle verbrannt als früher, zudem wirkte sich zuletzt der Ausbau der erneuerbaren Energien aus. Modernisierungen von Industrien, Häusern und Fahrzeugen sind große Hebel im Kampf gegen den Klimawandel. Daher ist die Politik vor allem auf diesen Feldern aktiv. Nur eine Nebenrolle spielen hingegen bislang Techniken, um der Atmosphäre aktiv CO₂ zu entziehen. In der Wissenschaft sind hierzu eine Reihe an Verfahren entwickelt worden.
Ein Weg sind künstliche Bäume. Ein entsprechendes Forschungsprojekt gibt es in Arizona (USA). Künstliche Bäume sind drei Stockwerke hohe Apparaturen, die CO₂ aufsaugen, filtern und speichern. Der deutsche Physiker Klaus Lackner, der in Arizona einen entsprechenden Forschungsstandort betreibt, äußerte gegenüber der National Geographic die Erwartung, solche künstlichen Bäume könnten in Zukunft rund 1000-mal effektiver sein als natürliche Bäume.
Künstliche Bäume und riesige Wälder im Meer – sieht so die Zukunft aus?
Zentren zur Entnahme von CO₂ aus der Luft gibt es auch an anderen Orten, etwa in Island, wo das Kohlendioxid anschließend mit Wasser vermischt und 750 Meter in die Tiefe gepumpt wird, um es zu lagern. Denn das ist ein Problem, das die Direct Air Capture (DAC) genannte Technik generell mit sich bringt: Das gewonnene CO₂ muss irgendwo gelagert werden, wo es nicht wieder in die Atmosphäre entweichen kann.
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Einfacher ist es möglicherweise, das Klimagas dem Ozean zu entnehmen. In Long Island gibt es dazu ein Forschungsprojekt, bei dem das Magnesium-Eisen-Silikat Olivin ins Meer gekippt wird. Dort reagiert es mit dem CO₂ und lässt sich anschließend wieder abschöpfen. Ein normalerweise Millionen Jahre dauernder Verwitterungsprozess wird so beschleunigt. Meeresforscher haben zudem die riesigen Kelbwälder an den Küsten Patagoniens in den Blick genommen, durch deren Ausbau sich künftig ebenfalls CO₂ binden ließe.
Moderne Techniken sind teuer und wirken erst langfristig
Allen diesen Techniken sind zwei Dinge gemeinsam: Sie sind sehr teuer und eher langfristig ausgelegt. Zur kurzfristigen Lösung unserer Klimaprobleme taugen sie kaum. Zwar gibt es heute bereits die Möglichkeit, CO₂ aktiv der Atmosphäre zu entziehen, also sozusagen die Fehler der Vergangenheit und Gegenwart rückgängig zu machen. Doch bislang liegen viele dieser Techniken nur in Form von Demonstrationsanlagen vor. Die Gesamtmenge an Kohlendioxid, die der Atmosphäre pro Jahr durch moderne Techniken entzogen wird, ist daher nicht größer als die Menge, die eine Stadt wie Lübeck pro Jahr produziert. Damit sie ein Faktor im Kampf gegen den Klimawandel werden, müsste sich das in den nächsten Jahren auf die vielfache Menge dessen erhöhen, was die Bundesrepublik Deutschland heute an Kohlendioxid produziert.