Hamburg. Die 400 Meter lange Immobilie in Lohbrügge sollte saniert werden, auch waren neue Wohnungen geplant. Was wird nun aus den Mietern?
Er war einmal Europas längstes Gebäude und prägt Lohbrügge bis heute: der Lindwurm, ein 400 Meter langes Wohnhaus, das in den 1960er-Jahren in dem Bergedorfer Stadtteil errichtet wurde. Doch wechselnde Eigentümer ließen das Haus zunehmend verwahrlosen, die Mieter der 258 Wohnungen beschwerten sich über Schimmel in den Wohnungen und Wasserschäden in den Kellern. Um so größer war die Freude, als 2021 der neue Besitzer Deutsche Invest Immobilien (d.i.i.) ankündigte, den Lindwurm zu sanieren und 123 neue Wohnungen im Umfeld zu bauen. Ob diese ehrgeizigen Pläne verwirklicht werden können, steht jetzt jedoch in den Sternen. Die Deutsche Invest Immobilien hat vor Ostern einen Antrag auf Insolvenz eingereicht.
Wie das „Handelsblatt“ berichtete, ist das Unternehmen aus Wiesbaden zahlungsunfähig. Nach Angaben des Wirtschaftsmagazins stolperte auch d.i.i. über die anhaltenden Probleme der Immobilienbranche. Gestiegene Baukosten, hohe Zinsen und eine unsichere Planung bei Fördergeldern hätten das Unternehmen in Schieflage gebracht, so der Vorstandsvorsitzende Frank Wojtalewicz. Versuche, die Liquiditätsengpässe zu überbrücken, scheiterten.
Zukunft der Lindwurm-Sanierung nach Insolvenz ungewiss
Die Deutsche Invest Immobilien erwirbt vor allem Immobilien mit großem Wertsteigerungspotenzial. Anschließend werden die Objekte saniert sowie nachverdichtet und anschließend entweder im Bestand gehalten oder als Eigentumswohnungen verkauft. Nach eigenen Angaben besitzt das Unternehmen ein Portfolio an mehr als 50 Standorten im Wert von vier Milliarden Euro. Der Betrieb soll nach Medienberichten zunächst normal weiterlaufen, ein Insolvenzverwalter zeitnah eingesetzt werden. Welche Folgen die Pleite für das geplante Großprojekt in Lohbrügge hat, konnte die d.i.i. der Bergedorfer Zeitung auf Nachfrage am Dienstag noch nicht sagen.
Der Lindwurm wird von der Hamburger Denkmalpflege als bedeutsam eingestuft und sollte deswegen behutsam saniert werden. Einen Architektenwettbewerb für die Entwicklung des gesamten Areals gewann die Stefan Forster GmbH aus Frankfurt. Die Deutsche Invest Immobilien plante demnach auf der Rückseite des Lindwurms drei Häuser in Holzhybridbauweise zu errichten, die sich in den gewachsenen Baumbestand einfügen sollten. Auf der Seite des Röpraredder waren zehn neue Häuser zur Nachverdichtung geplant, mit vier bis fünf Stockwerken und Wohnhöfen für die Bewohner, inklusive viel Grün und Spielmöglichkeiten.
Bergedorfs Bauamt machte die Sanierung des originalen Lindwurms damals zur Bedingung für die Nachverdichtung und forderte, dass die Bestandsmieten erhalten werden müssten. Durch die Fassadensanierung sollte das historische Gebäude aus den 1960er-Jahren wiederhergestellt werden. Doch die Pläne für die aufwendige Entwicklung des Gebiets sorgten auch für Unmut bei der Bergedorfer Politik. Im Sinne der Verkehrswende in der Hansestadt hätte sich trotz Tiefgaragenbau die Zahl der Parkplätze sogar reduziert – bei 123 neuen Wohnungen. Auch das Zusammenleben der Bewohner in den neuen Häusern und der alteingesessenen Lindwurmmieter sorgte bei der FDP damals für Sorgenfalten.
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In einer ersten Reaktion bedauerte Sonja Jacobsen von der FDP Bergedorf die Entwicklung. „Das ist natürlich ein Rückschlag, wenn das Projekt nicht zu Ende geführt werden würde“, sagte die Freidemokratin der Bergedorfer Zeitung. Der bestehende Lindwurm sei dringend sanierungsbedürftig, zumal es sich um ein „einzigartiges Gebäude der Moderne“ handle. „Wir waren so froh, eine Lösung gefunden zu haben, die auch nur moderate Mietsteigerungen für die Bestandsmieter bedeutet hätte“, sagte Jacobsen.
SPD-Fraktionschefin Katja Kramer sagte, sie hoffe, dass ein anderer Investor gefunden werden könne. „Aber das dauert möglicherweise Monate oder Jahre“, so Kramer. „Bergedorf hätte die zusätzlichen Wohnungen im Rahmen einer angemessenen Nachverdichtung dringend gebraucht“, sagte CDU-Fraktionschef Julian Emrich. „Wichtig ist zudem, dass dringend erforderliche Reparaturen erfolgen und die Mieter weiterhin die Sicherheit haben, in den Wohnungen verbleiben zu können“, so der CDU-Mann.