Dassendorf. Trotz des Sieges zeigte sich Kapitän Martin Harnik unzufrieden. Mit den Gedanken scheinen einige TuS-Spieler bereits woanders zu sein.

Um zu verstehen, mit welch unvermindert hoher Motivation und Leidenschaft der langjährige Bundesliga-Profi Martin Harnik noch immer seiner großen Leidenschaft, dem Fußball, nachgeht, genügte ein Blick auf den früheren österreichischen Nationalspieler unmittelbar nach dem Schlusspfiff des Oberliga-Spiels seiner TuS Dassendorf gegen den FC Süderelbe. Der Torjäger schüttelte frustriert den Kopf und schimpfte: „Zu wenig, das ist zu wenig. Das weißt du selbst.“

Adressat seiner Worte war Oliver Doege, der zuvor einen Pass über wenige Meter zu unpräzise gespielt hatte, sodass ein Gäste-Akteur klären konnte. Wohlgemerkt: Es war die letzte Aktion der einseitigen Partie, die der neue Tabellenführer ungefährdet und auch in der Höhe völlig verdient mit 3:0 gewann. 

Anschließend diskutierte Harnik mit Doege noch angeregt, während beide den Platz verließen. Dabei fiel auch der Satz aus dem Munde des TuS-Kapitäns: „Gegen Teutonia geht so etwas nicht.“ Der 36-Jährige sprach damit auf das Achtelfinale im Lotto-Pokal gegen den Regionalligisten am 31. Oktober (13 Uhr, Wendelweg) an, das bereits jetzt in den Köpfen der Dassendorfer Spieler herumzuschwirren scheint. Denn so schön der Hamburger Meistertitel natürlich auch wäre, noch einmal den Verbandspokal zu gewinnen und sich damit für den DFB-Pokal zu qualifizieren, das ist der große Wunsch der Akteure von Coach Thomas Seeliger. 

Oberliga: TuS Dassendorf spielstark, FC Süderelbe maximal naiv

Das Duell mit Süderelbe war dabei ein Stresstest für die TuS. Denn die Fischbeker agierten überraschend so, wie es auch von den Ottensenern im vorweggenommenen Pokal-Endspiel am übernächsten Dienstag zu erwarten ist: Sie liefen Dassendorf sehr hoch an und versuchten, mit diesem aggressiven Pressing Ballgewinne zu erzwingen. Das war maximal mutig vom FCS – und stellte sich als maximal naiv heraus.

Denn bei allen Schwächen, die das Seeliger-Team im bisherigen Saisonverlauf in der Rückwärtsbewegung offenbart hatte, in Ballbesitz findet die mit vielen Ex-Profis besetzte TuS trotz ihres inzwischen vergleichsweise hohen Altersdurchschnitts noch immer tolle Lösungen. Mit wenigen klugen Pässen wurden die ersten beiden Pressinglinien des FCS überspielt.

Okan Kurt als zweifacher Torschütze Nutznießer famoser Ballstafetten

Und weil die Dreier-Abwehrkette der Gäste zumeist auch in Höhe der Mittellinie stand, ergaben sich für die Hausherren Räume, von denen sie in vielen anderen Begegnungen nur zu träumen wagten. Und in diese stieß Dassendorf immer wieder geschickt rein. Das Zustandekommen der Treffer war zum mit der Zunge schnalzen, wie auch Seeliger lobend hervorhob: „Die Tore waren hervorragend herausgespielt. Das war oberste Schublade.“

Bei den ersten beiden „Buden“ war Neuzugang Okan Kurt der Nutznießer famoser Ballstafetten. Der frühere Profi des FC St. Pauli stand jeweils richtig und brachte den Meisterschaftsfavoriten mit seinem Doppelpack (13., 26.) auf die Siegerstraße. Und auch sonst stellte der 28 Jahre alte Mittelfeldmann wie bereits bei seinem Debüt gegen den HEBC (2:1), als er den Siegtreffer von Len Aike Strömer herrlich vorbereitete, seine ganze Klasse unter Beweis.

TuS-Kapitän Martin Harnik trifft per Kopf zum Endstand

„Okan ist im besten Fußballer-Alter. Er kommt aus einer höheren Spielklasse, in der unter Profi-Bedingungen gearbeitet wurde, und ist ein Spieler, der mit der Kugel umgehen kann, das Auge für seinen Mitspieler hat und sich auch taktisch gegen den Ball gut verhält. Es hat mich sehr gefreut, dass er bei uns unterschrieben hat, weil ich wusste, dass er uns weiterhilft und in der Breite noch besser aufstellt“, sagte Seeliger. 

Kurt, der nach seinem Aus beim Regionalligisten Chemnitzer FC im vergangenen Sommer einige Monate vereinslos war, ist vielleicht das Puzzleteil, das der TuS zuvor noch gefehlt hatte. Mit seiner Dynamik und Technik macht er das Dassendorfer Spiel schneller und unberechenbarer. Am 3:0 war der Ex-Türkei-Profi dann allerdings nicht direkt beteiligt. Diesmal flankte Mattia Maggio butterweich mit dem linken Fuß auf den Kopf seines Schwagers Harnik, der per Kopf aus wenigen Metern erfolgreich war (39.). 

Ex-Profi Martin Harnik sparte trotz des Sieges nicht mit Kritik.
Ex-Profi Martin Harnik sparte trotz des Sieges nicht mit Kritik. © BGZ/Hanno Bode | Bode

Damit war die Vorentscheidung am Wendelweg gefallen. Oder doch nicht? In der vergangenen Saison hatte Dassendorf gegen den FCS in Überzahl eine 3:1-Führung noch aus der Hand gegeben – die Partie endete 3:3. Torschütze zum Ausgleich war seinerzeit Mustafa Ercetin. Damals Held, diesmal der Depp: Denn in der 57. Minute flog der Ex-Curslacker wegen Schiedsrichter-Beleidigung mit der Roten Karte vom Platz und beraubte seiner Mannschaft damit aller Chancen auf eine Aufholjagd.

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Mit einem Spieler mehr auf dem Feld hätte die bereits zuvor sehr dominante Seeliger-Mannschaft das Ergebnis eigentlich ausbauen müssen. Aber seine Schützlinge gingen dafür nicht mehr konzentriert genug zu Werke. „Natürlich musst du das eine oder andere Tor mehr machen und die eine oder andere Situation besser ausspielen. Aber wenn das Spiel am Ende 3:0 ausgeht, dann verkraftet man das natürlich leichter“, ließ der Coach dennoch Milde walten. 

Partie gegen Teutonia 05 als „Jahrhundertspiel“ angekündigt

Sein Kapitän hatte dies während der Partie noch ganz anders gesehen. „Gierig bleiben. Wir wollen noch zwei machen“, rief Harnik seinen Nebenleuten zu. Vergebens. Und der Chancenwucher grämte ihn dann auch noch nach dem Schlusspfiff: „Eigentlich hätten wir sie viel höher besiegen müssen.“ Aber vielleicht hat sich die TuS die Treffer ja auch einfach nur aufgehoben für das „Jahrhundertspiel“ gegen Teutonia, wie ihr Stadionsprecher das Pokalmatch ankündigte. 

TuS: Gruhne – Kleine, Ahlschwede (62. Doege), K. Carolus (75. Celikten), Sowah – Dettmann, Möller, Strömer (70. Brown), Kurt (70. Lam), Maggio (70. Kurczynski) – Harnik