Hamburg. Die Ausstellung an der Gretel-Bergmann-Schule ist bis zum 12. November zu sehen. Führungen können jetzt gebucht werden.
76 Jahre ist es her, dass 20 Kinder vom Bullenhuser Damm in Rothenburgsort ermordet wurden. Und doch: Als die Gretel-Bergmann-Schule in Bergedorf am Montagmittag die Gastausstellung zu diesem Thema eröffnet, scheint das Naziverbrechen ganz nah. Bis zum 12. November werden die Schüler den Besuchern hier vom Schicksal der Opfer und ihrer Angehörigen berichten.
Anlass für das Projekt in Neuallermöhe ist die am Freitag eröffnete Woche des Gedenkens. In dem leer stehenden Schulgebäude am Bullenhuser Damm in Rothenburgsort wurden am 20. April 1945 20 Kinder im Alter von fünf bis zwölf Jahren getötet, nachdem ein SS-Arzt verschiedene Experimente an ihnen durchgeführt hatte. Auch ihre vier Pfleger und 24 sowjetische Kriegsgefangene wurden an diesem Ort in der gleichen Nacht umgebracht.
21 Schüler aus Bergedorf haben sich mit der Thematik beschäftigt
Unter Anleitung von Lehrerin Jette Jungblut haben die 21 Schülerinnen und Schüler der Klasse 10f sich mit der Thematik beschäftigt. „Die meisten wussten vorher noch nichts über diesen Kindermord der Nazis“, so Jungblut, die Mitglied der AG Gedenken ist. Erst in der Projektwoche im Oktober hätten sie sich damit auseinandergesetzt. Das sei für viele sehr hart gewesen – gerade in der Gedenkstätte in Rothenburgsort, wo das Verbrechen verübt wurde.
Schülerin Senanur Elleri teilt ihre Eindrücke: „Es war erschreckend, in den Kellerraum zu kommen, in dem die Kinder erhängt wurden.“ In der Mordnacht waren die Opfer aus dem Schlaf gerissen worden – mit dem Versprechen, zu ihren Eltern zurückkehren zu können. Stattdessen wurden sie umgebracht, ihre Leichen zwei Tage später im Krematorium des KZ Neuengamme verbrannt.
Das Thema geht vielen Schülern sehr nahe
„Die Thematik geht vielen Schülern auch sehr nahe, weil sie selbst noch jung sind. Sie können sich mit den ermordeten Kindern identifizieren“, meint Jungblut.
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Die Schüler bestätigen das. „Viele von uns haben auch Geschwister in dem Alter, das ist kaum vorstellbar“, meint Leony Bellack (15). Gerade deshalb sind die Schüler nun auch bereit, sich zu engagieren. Sie haben sich vorgenommen: „Wir wollen diese Erinnerungen weitertragen, so etwas darf nie wieder passieren“, sagt Joudi Hammoud (16).
Wanderausstellung zeichnet einzelne Biografien jüdischer Kinder nach
In einer ausführlichen und sehr persönlichen Rede äußerte sich bei der Eröffnung auch Ruben Herzberg, Vorsitzender der Vereinigung Kinder vom Bullenhuser Damm, der das Projekt leitet. „Ich bin selbst Jude, daher ist das Thema für mich besonders emotional.“ Er habe das Glück gehabt, dass seine Eltern Nazi-Deutschland damals früh genug verlassen haben – er wurde in Israel geboren. Sein Onkel jedoch sei in Auschwitz ermordet worden.
Die Gedenkstätte der Kinder vom Bullenhuser Damm zu betreten, habe ihn beim ersten Mal große Überwindung gekostet. „Menschheitsverbrechen werden meist in Zahlen ausgedrückt, aber es ist wichtig, sich Einzelschicksale anzusehen, um das Grauen besser zu begreifen.“ Genau das tut die Wanderausstellung: Sie zeichnet die einzelnen Biografien der jüdischen Kinder nach, zeigt Fotos und Berichte der Angehörigen, die, wenn überhaupt, erst Jahre später von den Morden erfuhren.
Die Schüler der Klasse 10f würden sich über Besucher freuen: Sowohl Privatpersonen als auch Klassen sind willkommen. Anmeldung per E-Mail anjette.jungblut@gretel-bergmann-schule.de.