Neuengamme. Überlebende des Konzentrationslagers gedenken der Befreiung. Auch Kriegsgegner aus Russland und Belarus dabei. Zuvor gab es Streit.

Dem 77. Jahrestag des Kriegsendes und der Befreiung der Häftlinge des Konzentrationslagers Neuengamme wird am Dienstag, 3. Mai, 17 Uhr, gedacht. Nachdem in den vergangenen beiden Jahren die öffentliche Gedenkveranstaltung pandemiebedingt ausfallen musste, werden nun in der KZ-Gedenkstätte Neuengamme am Jean-Dolidier-Weg 75 mehrere Hundert internationale Gäste erwartet, darunter die ehemaligen KZ-Häftlinge Helga Melmed (USA), Natan Grossmann (Deutschland) und Edith „Dita“ Kraus (Israel), die mit Angehörigen nach Hamburg reisen.

Die Zahl der Überlebenden der Konzentrationslager, die bei Gedenkfeiern dabei sein können, nimmt naturgemäß von Jahr zu Jahr ab. So hatte das Team der Gedenkstätte vor zwei Jahren noch Kontakt zu etwas mehr als 300 Überlebenden, von denen damals 16 Senioren aus aller Welt zur Gedenkfeier anreisen wollten. Doch die Feierstunde musste ausfallen. Bei den Erinnerungsfeierlichkeiten zum 70. Jahrestag 2015 waren noch 54 Überlebende dabei. Nun sind es drei.

Überlebende des Lagers besuchen KZ-Gedenkstätte Neuengamme

Delegationen der Amicale Internationale, dem internationalen Dachverband von Häftlingsvereinigungen zur Erinnerung an die Geschichte des KZ Neuengamme, und weitere Angehörige früherer Häftlinge des KZ aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Kroatien, den Niederlanden, Polen und Spanien und der Ukraine werden ebenfalls teilnehmen.

Grußworte sprechen Detlef Garbe, Vorstand der Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte, und Dorothee Stapelfeldt, Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen der Stadt Hamburg. Reden halten Helga Melmed und Jean-Michel Clère, Präsident der Amicale de Neuengamme et de ses Kommando (Frankreich).

Zu Gehör kommen aus Anlass des russischen Angriffs auf die Ukraine ukrainische, aber auch russische und belarussische Stimmen gegen den Krieg. Musikalisch begleitet wird das Gedenken vom Neuen Chor Hamburg. Zum Schluss gibt es eine Kranzniederlegung am Internationalen Mahnmal.

Woche des Gedenkens: Vertreter Russlands und Belarus ausgeladen

Garbe, Gedenkstättenleiter Oliver von Wrochem und Martine Letterie (Amicale Internationale KZ Neuengamme) hatten eine „Erklärung zur Nichteinladung der diplomatischen und konsularischen Vertretungen der Russischen Föderation und der Republik Belarus“ herausgegeben, die Wellen schlug.

Weil darin die Teilnahme von „Vertreter:innen der Zivilgesellschaft aus Russland und Belarus“ angekündigt worden war, kritisierte Iryna Tybinka, Generalkonsulin der Ukraine in Hamburg, die geplante Feierstunde. Sie befürchtete die Teilnahme von Putin-Befürwortern. Die Gedenkstätte stellte daraufhin klar, dass von vornherein geplant war „auch den Krieg ablehnende Voten aus Russland und Belarus zu Gehör zu bringen“.

Zum Auftakt der Gedenkfeierlichkeiten gibt es am Donnerstag, 28. April, Kammermusik und Literatur mit dem Titel „Den Nazis eine schallende Ohrfeige versetzen“: Schauspieler Roman Knižka und das Bläserquintett Ensemble Opus 45 sind von 19 Uhr an in den ehemaligen Walther-Werken auf dem Gedenkstättengelände zu erleben. Eintritt: 12 Euro, ermäßigt 6 Euro.