Hamburg. Arne Dornquast unterzeichnet ein neues „Bündnis für das Wohnen“: Der Senat kann nun leichter bei Bezirken eingreifen.
Neun Monate haben die Parteien verhandelt, jetzt ist das „Baby“ da. Hamburgs Senat, Bergedorfs scheidender Bezirksamtsleiter Arne Dornquast als Vertreter der sieben Bezirke sowie Vertreter von Wohnungsbauwirtschaft und Genossenschaften haben am Mittwoch das 2011 aus der Taufe gehobene „Bündnis für das Wohnen“ zum zweiten Mal mit ihren Unterschriften fortgeschrieben. Damit halten die beteiligten Partner weiter am Ziel fest, jedes Jahr den Bau von mindestens 10.000 Wohnungen in der Hansestadt zu genehmigen.
„Wohnungsbau ist der beste Mietendeckel“, erklärte Bürgermeister Peter Tschentscher, als die Tinte trocken war. Hamburgs Regierungschef bezeichnete das bisherige „Bündnis für das Wohnen“ und den damit angeschobenen Wohnungsneubau als Erfolgsmodell, dem unter anderem zu verdanken sei, dass Hamburgs Mietenanstieg in den vergangenen Jahren geringer gewesen sei als die Inflationsrate. Laut Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt folgt in den kommenden Monaten ein „Vertrag für Hamburg“, in dem festgelegt wird, zu welchen Anteilen die 10.000 zu genehmigenden Wohnungen auf die Bezirke verteilt werden.
"Bündnis für das Wohnen": Wie mehr Wohnungsbau in Bergedorf gelingen soll
Neu im aktuellen Vertragswerk ist eine Erhöhung des Anteils öffentlich geförderter Wohnungen von bisher 30 auf 35 Prozent bei den Neubauten. Ebenso neu ist die Klausel, dass die Hansestadt bei der Bebauung städtischer Grundstücke bevorzugt Erbbaurechtsverträge schließen und weniger Grund und Boden veräußern will.
Marko Lohmann, Chef der Genossenschaft Bergedorf-Bille, sowie Verbandsvertreter der Wohnungswirtschaft lobten eine „höhere Verbindlichkeit“, die das aktualisierte Vertragswerk mit sich bringe. Neu ist nämlich die Klausel, dass eine bei der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen angesiedelte Wohnungsbaukoordinatorin bei Bauvorhaben ab 30 Einheiten eingreifen darf, wenn die Verwaltungsmühlen der Bezirksämter zu langsam mahlen.
Nicht nur bei den Genehmigungsverfahren, sondern bereits bei der Ausweisung von Bauflächen hat die Behörde dann die Möglichkeit, dem Bezirk den Vorgang aus der Hand zu nehmen – ein Verfahren, das mit dem Reizwort „Evokation“ treffend beschrieben ist. Tschentscher beharrte jedoch darauf, dass es einen „Evokationsbeschluss“ nicht gebe.
Kritik: Wissen und Kompetenz liege in den Bezirksversammlungen
Gleichwohl gibt es Kritik an dem neuen Vertragswerk. „An den Bündnisverhandlungen sind die Bezirke und Bezirksversammlungen nicht beteiligt“ ärgert sich die Linken-Bürgerschaftsabgeordnete Heike Sudmann. „Stattdessen hat ein Bezirksamtsleiter mit SPD-Parteibuch für alle Bezirke den Vertrag zwar unterschrieben – allerdings ohne von allen Bezirken eine Handlungsvollmacht zu haben.“ Altonas Bezirksversammlung etwa habe einen Beschluss gefasst, demnach das Bündnis ohne ihre Zustimmung nicht unterzeichnet werden darf.
In Bergedorf unterstreicht die FDP-Fraktionsvorsitzende Sonja Jacobsen, das Wissen und die Kompetenz vor Ort liege in den Bezirksversammlungen. „Statt eine Generalevokation in den Raum zu stellen, sollte der Senat Mittel für mehr Stadtplanungsangestellte für geordnete Planfeststellungs- und Bürgerbeteiligungsverfahren zur Verfügung stellen.“