Hamburg. Koalition aus SPD, Grünen und FDP drückt Verzicht auf öffentliche Suche durch. Opposition ist sauer, die Wirtschaft verwundert.
Der Chefposten im Bergedorfer Rathaus wird nach dem Ausscheiden von Arne Dornquastohne Ausschreibung neu besetzt. Auch eine öffentliche Vorstellung vor der Wahl durch die Bezirksversammlung, etwa in Form der sonst gewohnten Bürgerversammlung, fällt aus. So hat es am Donnerstagabend die Koalition aus SPD, Grünen und FDP nach intensiver Debatte beschlossen – und die Opposition aus CDU, Linken und AfD ebenso geschlossen abgelehnt.
„In einer parlamentarischen Demokratie ist es üblich, genau solche politischen Spitzenämter durch die regierendenden Parteien zu besetzen“, begründete SPD-Fraktionschefin Katja Kramer die Entscheidung, nun die Sommerferien zu nutzen, um intern nach einer Dornquast-Nachfolge zu suchen. Denn gewählt, auch das ist nun beschlossen, wird schon in der ersten Bezirksversammlung nach der Sommerpause, am 26. August.
Wirtschaftsverband in Sorge, dass die Ferien für die Suche ausreichen
Begründung für die Eile: Eine Ausschreibung hätte den Amtsantritt unnötig verzögert, „womöglich sogar bis ins neue Jahr hinein“, argumentierte Kramer. „Sowas wäre nur gerechtfertigt, wenn anders keine geeignete Person für diese Position zu finden wäre. Das sieht die Bergedorfer Wirtschaft im übrigen genauso und hat uns Kommunalpolitik in ihrem Positionspapier zum schnellen Handeln aufgefordert.“
Bei der Wirtschaft reibt man sich ob dieser Interpretation die Augen: „Wir wünschen uns eine Person mit Wirtschaftskompetenz, Führungsqualitäten und viel Gefühl für Bergedorf. Das mag auch ohne Ausschreibung gelingen. Aber ich habe Sorge, dass das in der Kürze der Ferien gelingt“, sagt Thomas Buhck, Vorsitzender des Bergedorfer Wirtschaftsverbandes WSB. Bezirkshandwerksmeister Christian Hamburg ergänzt: „Unsere Priorität liegt liegt nicht auf einer schnellen, sondern auf einer wirklich guten Besetzung für die nächsten sechs Jahre.“
Opposition kritisiert die Entscheidung heftig
Dass der neue Bezirksamtsleiter oder die Leiterin so lange im Bürgermeisterzimmer des Rathauses sitzt, ist für CDU-Fraktionschef Sven Noetzel angesichts dieser Nominierung keinesfalls sicher: „Die Koalition beschädigt den Kandidaten so schon im Vorfeld. Wie kann er so noch der Bürgermeister für alle Bergedorfer werden?“
Lutz Jobs (Linke) fühlt sich in die 1980er-Jahre zurückversetzt: „Damals hatte die SPD solche Posten immer ohne Ausschreibung besetzt. Ihr Motto lautete: ,Die Stadt gehört uns.’ Heute sind wir aber 40 Jahre weiter. Wir brauchen mehr als eine bloße Amtsleitung, wir brauchen einen Bürgermeister oder eine Bürgermeisterin mit Rückhalt bei den Bergedorfern.“ Seine Kollegin Maria Westberg erinnerte an die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt: „In den vier Jahrzehnten hat sich viel verändert. Vor allem werden Jobs heute nicht mehr einfach vom Vorgesetzten nachbesetzt, sondern ausgeschrieben. Das hat viel Qualität in die Betriebe gebracht.“