Bergedorf. Der alte Hafenkran in Bergedorf wirkt wie zurückgelassen in den 1950er-Jahren. Doch nun kommt Bewegung in die Sache.

Beim Blick über die gerade frisch restaurierte Serrahnstraße am Hafen Bergedorf reibt sich mancher Besucher die Augen. Mitten in der Szene thront ein Schandfleck, der eigentlich zum Schmuckstück dieses neu entdeckten maritimen Herzens Bergedorfs hätte werden sollen: Der alte Hafenkran wirkt wie zurückgelassen in den 1950er-Jahren, als der Serrrahn vom quirligen Hafen in die Bedeutungslosigkeit abrutschte.

Und genau so wird es noch bis zu sechs Wochen bleiben, obwohl Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) die Serrahnstraße schon am nächsten Freitag, 17. Juni, einweiht. Um 13 Uhr will sie das 1,9-Millionen-Euro-Projekt zusammen mit Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann offiziell seiner neuen Funktion als Flanier- und Gastromeile mit Hafenblick übergeben.

Bergedorf: Serrahnstraße ist wichtigster Baustein

Tatsächlich ist die neue Serrahnstraße der wichtigste von insgesamt drei Bausteinen, die dem alten Hafen ein zeitgemäßes neues Leben einhauchen sollen. Den Anfang machten 2020 vis-à-vis der Serrahnstraße am Eingang des Einkaufszentrums CCB die für eine Million Euro gebauten Kupferhofterrassen. Das Finale wird für 2025 anvisiert mit der Umgestaltung der Alten Holstenstraße bis zum City-Kreisel samt Kirchen-Vorplatz St. Petri und Pauli. Vorher ist hier eine umfangreiche Bürgerbeteiligung geplant.

Dass so viel Arbeit nötig ist, um Bergedorfs altem Hafenviertel wieder maritimen Charme einzuhauchen, liegt an der Brücke der Bergedorfer Straße/B 5, die gleich neben dem CCB den Serrahn am Übergang zum Schleusengraben überspannt. Sie wurde Mitte der 1950er-Jahre so niedrig gebaut, dass kein Frachtkahn mehr den Bergedorfer Hafen erreichen konnte. Den Warentransport übernahmen fortan Lkw. Die jahrhundertealte Schiffertradition, die einst das Holz des Sachsenwalds zu Hamburgs Werften und später die Produkte der Bergedorfer Industriebetriebe transportierte, war auf einen Schlag tot.

Hafen Bergedorf war einst bedeutend für die Stadt

Schnell verfielen die Hafenanlagen am Serrahn, die erst 50 Jahre zuvor als wichtigstes Zukunftsprojekt der damals noch eigenständigen Stadt entstanden waren. Die Baukosten waren sogar derart hoch, dass sie Bergedorf im Jahr der Einweihung 1902 beinahe in den Ruin trieben. Schmuckstück am Serrahn waren neben der ersten gemauerten Kaistraße der Stadt ihre mächtigen Kräne. Der kleinste darunter war der innovativste – und er überlebte bis heute: Beim rostig-beschmierten Relikt im typischen Blaugrau der Industrietechnik handelt es sich um einen Elektrokran mit einer Hubkraft von fünf Tonnen.

Sein Innenleben samt alter Technik ist bis heute erhalten, müsste bloß wieder gangbar gemacht werden. Doch was eigentlich angedacht war, soll nun doch nicht geschehen, wie das Bezirksamt am Dienstag auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigte. Nach langen Gesprächen mit dem Denkmalschutzamt steht die Entscheidung laut Sprecher Lennart Hellmessen nun fest: „Der Kran wird lediglich saniert und nicht funktionsfähig wiederhergestellt.“ Die Sanierung der Außenhaut und damit die Beseitigung von Rost und Schmierereien am Kran beginne voraussichtlich im Juli. „Wir befinden uns gerade im Vergabeverfahren.“

Denkmalexperte fände gefallen an funktionstüchtigem Kran

Die Entscheidung gegen ein Technik-Denkmal findet in Bergedorf ein geteiltes Echo. Michael Wenk vom Verein Bergedorfer Hafen hat Verständnis: „Die technische Wiederherstellung und der damit dann ja auch verbundene Betrieb wären sehr kostspielig. Das steht in keinem Verhältnis.“ Ähnlich sieht es auch Bergedorf-Tourismus-Chef Oliver Kahle: „Einfach nur zu restaurieren, ohne ein Nutzungskonzept zu haben, macht keinen Sinn.“

Anders sieht das Denkmalexperte Geerd Dahms: „Einen historischen Kran in Funktion zu haben wäre ein Trumpf für Bergedorf. Es wäre neben dem des Museums der Arbeit am Osterbek-Kanal in Barmbek der zweite in Hamburg – und mit Baujahr 1902 sogar der älteste.“ Vorbild könnte Lüneburg sein, wo der hölzerne Kran am Stintfang schon lange wieder gangbar ist. „Als mögliche Betreiber sollten das Bergedorf-Museum im Schloss oder auch das Museum der Arbeit angefragt werden.“

Eine Restaurierung der Technik wäre laut Bezirksamt „sehr teuer und aufwendig“. Schon die Sanierung der Außenhaut des Krans samt tragender Teile, seines Innenraums und des ebenfalls maroden Auslegers werde rund 100.000 Euro kosten. Die Arbeiten, zu denen auch das Austauschen der Glasscheiben gehört, sollen von Juli bis November dauern. Ein Blick ins Innere ist laut Hellmessen anschließend allerdings nicht vorgesehen. Weil die alte Technik aber im Kran verbleibe, sei „theoretisch ist eine spätere Restaurierung nicht ausgeschlossen“.