Bergedorf. Mit Schirmen und Rollkoffern erinnert feministische Künstlergruppe an die Wahlen am Sonntag und ruft mit Nachdruck zur Beteiligung auf.
Die Sprüche haben es in sich: „Auch Kartoffeln sind Migrantinnen“, „Dein Kreuz gegen Hakenkreuze“ oder auch „Feminismus statt Faschismus“ steht auf ihren Rollkoffern, die sie vom Mohnhof durch das Sachsentor ziehen, bis hin zum Bergedorfer Bahnhof: Die Bergedorfer Künstlergruppe „wild und wirklich“ tobte am Mittwoch singend durch die City, um alle Bergedorfer an die Wahl am Sonntag zu erinnern, denn „Demokratie stärken“ lautet das Motto der Aktion.
„Wir wollten nicht nur reden, sondern einfach mal machen“, erklärt Künstlerin Heidi Thieme, die auf Menschen- und Frauenrechte aufmerksam machen will, vor allem aber deutlich macht, dass „wir unsere Demokratie schützen und stärken müssen“. Die Menschen sollen bitte wählen, gehen, „aber eine Partei bitte nicht“, meint Andrea Madadi aus Kirchwerder in Anspielung auf die AfD. Man wolle lustig sein und witzig, aber auch „die Leute zum Nachdenken anregen und mit ihnen ins Gespräch kommen“.
Feministische Künstlergruppe singt und tanzt für die Demokratie
Und „ganz nebenbei“ ist natürlich auch ein Aufruf dabei für die große Demonstration „Klare Kante gegen rechts“, die am kommenden Freitag um 16 Uhr an der Ludwig-Erhard-Straße in Hamburg startet.
Wie wertvoll eine Demokratie ist, wissen vor allem auch Menschen aus Afghanistan, dem Iran und Kurdistan. Gerade Künstler sind in autokratischen Staaten gezwungen, ihre Werke zu verstecken. Aber in Deutschland dürfen sie ihre Kunst zeigen, jetzt etwa im Kulturzentrum Lola an der Lohbrügger Landstraße 8.
Hier präsentiert die Bergedorferin Juliane Bandelow (37) eine Ausstellung namens „Frauen, Migration, Kunst und Ermächtigung“. Künstlerin Salwa Rahen etwa mussten vor ihren Verfolgern in Afghanistan fliehen und lebt heute im deutschen Exil. Die von Bandelow gegründete Organisation PenResistance.org half in den vergangenen zwei Jahren schon fünf afghanische Künstlerinnen.
Kopftücher und Burkas als Symbole für Unfreiheit
Auf 30 Werken sind viele Kopftücher und Burkas zu sehen. „Sie stehen für das Gefühl von Gefängnis“, fasst Juliane Bandelow die Symbolik zusammen. Unterstützung erhält die Kuratorin von dem feministischen Kollektiv „wild und wirklich in Bergedorf“ und der Künstlerin Andrea Madadi Guilandehi (66). Die Kunsthistorikerin und ihr iranischer Mann setzen sich seit 40 Jahren für den iranischen Freiheitskampf ein. Madadi ist entsetzt, „dass Kunst und Kultur in Afghanistan und Iran mit Füßen getreten werden“.
Aber auch in Deutschland sei es für interkulturelle Künstler schwer, erfolgreich zu werden. „Die Gewalttaten in ihren Heimatländern und ihre politischen Botschaften geraten schnell wieder in Vergessenheit. Kunst wird in Deutschland nicht genug gewertschätzt oder genutzt, um etwas zu bewegen“, findet Juliane Bandelow. Die Thematik von Freiheit und Unterdrückung lasse sich unbedingt auch als Mahnung verstehen: Was wird mit unseren Menschen- und Frauenrechten passieren, wenn rechte Parteien die Oberhand gewinnen?
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Noch bis zum 18. Juli ist die Ausstellung unter der Woche zwischen 13 und 18 Uhr in der Lola-Bar und in der Galerie im ersten Stock zu sehen. Mit dem Erwerb von Drucken können die Künstlerinnen unterstützt und weitere Evakuierungen durch PenResistance.org finanziert werden.