Hamburg. Stadtmarketing Bergedorf Now plant ein Pilotprojekt in Sachen Vertical Farming. Einen Standort hat das Team bereits ins Auge gefasst.

Das Stadtmarketing-Team von Bergedorf Now hat viel vor. Beim Zwischenbericht im Wirtschaftsausschuss stellten die Projektleiterinnen auch ungewöhnliche Pläne vor. Geht es nach den Citymanagerinnen Julia Staron und Tanja Tibian, könnten im Sachsentor bald Pilze in die Höhe wachsen – und das in einer seit fünf Jahren leer stehenden Immobilie. Mit dem Konzept Vertical Farming soll im ehemaligen Deichmann-Gebäude ein in Hamburg bisher einmaliges Pilotprojekt entstehen.

Beim Vertical Farming werden Agrarprodukte in dicht besiedelten urbanen Räumen platzsparend in übereinander gestapelten Beeten angebaut. Dadurch soll Platz effizient genutzt und sollen Transportwege reduziert werden. „Das Prinzip wird in Paris schon in ehemaligen Parkhäusern sehr erfolgreich eingesetzt“, sagt Julia Staron. Ackerbau in der Stadt passe außerdem zur Identität von Bergedorf und den umliegenden Vier- und Marschlanden.

Vertical Farming: Bergedorf will Etagen-Landwirtschaft mitten in der City

Ein Kritikpunkt am Anbau von Pflanzen in städtischen Gebäuden ist der hohe Energiebedarf, da das Gemüse häufig künstliches UV-Licht zum Wachsen und Gedeihen braucht. „Pilze sind da genügsamer“, betont Staron. Die Ernte könnte außerdem vielseitig verwendet werden. „Wir könnten die Pilze kulinarisch verwerten, zum Beispiel in einem entsprechenden Café. Je nach Sorte lassen sie sich aber auch als Baustoff verwenden“, sagt die Citymanagerin.

Im alten Deichmann-Gebäude (rechte Straßenseite, graue Fassade) würde das Team von Bergedorf Now gern eine Pilzfarm errichten.
Im alten Deichmann-Gebäude (rechte Straßenseite, graue Fassade) würde das Team von Bergedorf Now gern eine Pilzfarm errichten. © Bergedorfer Zeitung | Julian Willuhn

Bei der Recherche nach einem Kooperationspartner stellte Julia Staron fest, dass das Know-how vor der Haustür liegt. Tatsächlich entwickelt Körber Technologies Anlagen zum Vertical Farming. Das Unternehmen ist an einer Zusammenarbeit mit dem Stadtmarketing interessiert, auch die Hamburger Umweltbehörde würde einsteigen. Derzeit suchen Staron und Tibian eine geeignete Immobilie in der Bergedorfer City – und haben schon ein Objekt im Auge.

Vertical Farmining in Bergedorf: Ehemaliges Schuhhaus böte sich an

„Die ehemaligen Deichmann-Flächen im Sachsentor wären prädestiniert dafür“, sagt Staron. Seit der Schuhriese vor fünf Jahren auszog, steht das Gebäude leer. Noch konnte man aber keine Einigung mit dem Besitzer des Hauses erzielen. Das Team von Bergedorf Now sucht parallel nach einer Alternative.

Die Citymanagerinnen Julia Staron (links) und Tanja Tribian leiten das Projekt Bergedorf Now.
Die Citymanagerinnen Julia Staron (links) und Tanja Tribian leiten das Projekt Bergedorf Now. © BGZ | Johannes Kramer

Deutlich weiter vorangeschritten sind die Planungen für ein Projekt vor dem leer stehenden Karstadtgebäude gegenüber. Noch in diesem Sommer will der Bezirk dort eine Sandkiste aufstellen, in der Kinder spielen können. „Direkt in der Nähe ist eine Eisdiele, und man wird im Plietsch gegen Pfand Spielgeräte ausleihen können“, sagt Staron. Ein genauer Termin für den Aufbau steht noch nicht fest.

Stadtmarketing: Lebendiger Adventskalender für die Vorweihnachtszeit geplant

Die Citymanagerinnen arbeiten außerdem an einem Parcours, der Lohbrügge und Bergedorf näher zueinander bringen soll. Sobald das Projekt abgeschlossen ist, werden Besucher über die ebenfalls geplante City-App – oder einfach über einen gescannten QR-Code – eine Serie von Aufgaben starten können, die sie einmal durch die beiden Bergedorfer Zentren führt. „Man wird an bestimmten Stellen vielleicht Übungen wie Hampelmänner durchführen müssen oder eine Schachpartie spielen können“, nennt Staron Beispiele.

Für die Vorweihnachtszeit plant Bergedorf Now einen lebendigen Adventskalender. Staron: „Wir werden uns auf Einzelhandel und Gastronomie fokussieren.“ Jeder Teilnehmer bekommt einen Termin, an dem eine Veranstaltung im Lokal oder Geschäft geplant ist. Besucher treffen sich dann zu einer festgelegten Zeit vor Ort und lassen sich überraschen, was die Gastgeber vorbereitet haben. „Welche Ideen die Betriebe umsetzen, bleibt ihnen überlassen. Sie können Rabatte gewähren, Gutscheine verteilen, oder vielleicht singt der Chef auch ein Lied“, sagt die Citymanagerin.

Zu wenige neue Teilnehmer bei Innenstadtforen

Das Team von Bergedorf Now, das am 1. April 2023 seine Arbeit aufgenommen hatte, blickte im Ausschuss auch auf die Arbeit der vergangenen Monate zurück. Ein Fazit: „Es gibt sehr viel Engagement in Bergedorf, sehr viele Gremien. Noch mangelt es aber etwas an Schnittstellen“, sagte Julia Staron. Hier wollen die Citymanagerinnen in der kommenden Zeit ansetzen. Eine weitere Herausforderung sei der relativ kleine Kreis der Beteiligten bei offenen Veranstaltungen wie dem Innenstadtforum.

„Es kommen doch immer wieder dieselben Personen. Wir konnten noch keine neuen Akteure für die Gestaltung der Innenstadt gewinnen. Das müssen wir selbstkritisch anmerken“, räumte Staron ein. Gut laufe dagegen das Kunst- und Handwerkerzentrum Plietsch im Sachsentor. Die Slots für Veranstaltungen sind weitgehend ausgebucht, auch das offene Picknick zur blauen Stunde war zuletzt gut besucht. Mit den neuen Gastronomen des Popular Café sind die Citymanagerinnen ebenfalls zufrieden.

Touristische Potenziale von Bergedorf sollen erschlossen werden

Bis Mitte 2025 soll die Erschließung touristischer Potenziale in Bergedorf vorangetrieben werden. Und was könnte Bergedorf sonst noch guttun? Mehr Gastronomie, Vintage- und Secondhandläden, Handwerksbetriebe und Manufakturen sowie mehr Veranstaltungen in den Abendstunden – all das soll nach der Vision des Bergedorf-Now-Teams mehr Menschen in die Innenstädte von Bergedorf und Lohbrügge locken.

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Dabei drängt die Zeit. Denn Bergedorf Now wird aus Bundesmitteln finanziert. 2025 läuft das Projekt in dieser Form aus. Wie es dann weitergeht, ist offen. „Die Miete im Plietsch ist ohne Fördermittel zu hoch“, betonte Julia Staron gegenüber der Bergedorfer Bezirkspolitik. Die Gastronomie in den Räumen helfe bei der Finanzierung, doch auch so trage sich das Zentrum nicht selbst. Denkbar wäre, dass das Plietsch dauerhaft in einem der zahlreichen Neubauten unterkommen könnte, die derzeit in der Bergedorfer City geplant werden.